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Bei den E-Mobility Play Days am 29.09. und 30.09. stellten wir uns den großen Fragen: Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus, wie werden sich Städte entwickeln? Mit uns diskutieren Experten aus den verschiedensten Branchen.
Beim Stichwort Elektromobilität scheiden sich derzeit noch die Geister. Die einen sind begeistert davon – von der CO2- und Lärmarmut in Fahrzeugen, der Umweltfreundlichkeit sowie niedrigeren Betriebs- und Wartungskosten gegenüber dem klassischen Kfz. Andererseits gibt es oftmals kritische Stimmen – wenn es um die (noch) zu teuren Pkw-Preise geht, die zu geringen Reichweiten und die mangelnde flächendeckende Ladeinfrastruktur. Dennoch: Die globale Automobil- und Zulieferbranche ist im Wandel. Das zeigen schon alleine die Ankündigungen großer Autobauer wie VW, BMW und Daimler in den kommenden Jahren groß auf Elektro zu setzen. Dahinter steckt ein klares Ziel: Weg von fossilen Brennstoffen, die die Luft in Städten zusehends verschlechtern. Volvo etwa will ab 2019 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr bauen.
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Besonders wichtig im Rahmen dieser Diskussion, ist die Reduzierung des weltweiten CO2- und Stickstoff-Ausstoßes. CO2-Emissionen stammen besonders aus Benzinern und werden mehrheitlich für den Klimawandel verantwortlich gemacht. Stickstoff wird aus Dieselfahrzeugen ausgestoßen. Klar ist jedenfalls auch, dass die Mobilitäts- und Verkehrswende nicht alleine über E-Autos funktionieren wird. Autonomes Fahren, Sharingsysteme, öffentliche Verkehrsmittel müssen verstärkt eingesetzt werden, um diese Probleme in den Griff zu bekommen.
In diesem Spannungsfeld zwischen „Für und Wider“ bewegten sich auch die Forbes-Diskussionen im Rahmen der E-Mobility Play Days in Spielberg. An zwei Tagen Ende September wurde so ziemlich alles diskutiert, was in Zukunft relevant sein könnte – und zwar für unser allgemeines Mobilitätsverhalten als auch die Stadtentwicklung: Elektromobilität, autonomes Fahren, Sharing-Systeme, der Wandel der Automobilbranche, Energiewende und Klimawandel sowie sich verändernde Stadtumgebungen.
„Damit sich Elektromobilität durchsetzt sind zwei Punkte ganz wichtig: Die Reichweite und die Ladeinfrastruktur, damit der Kunde das entsprechende Vertrauen hat. Das ist schon eine Herausforderung“, sagte Markus Kreisel, CEO bei Kreisel Electric, gleich zu Beginn der Diskussion „Bye, Bye Verbrennungsmotor?“. Das Unternehmen will sein Scherflein dazu beitragen: beispielsweise kommt die Reichweite beim Kreisel E-Golf auf 350 – 430 Kilometer je nach Fahrweise. Bei gegebener Infrastruktur ist ein (Schnell-)Laden von 20 auf 80 Prozent SOC (State of Charge, Kennwort zum Ladezustand von Akkus, Anm.) innerhalb von 20 Minuten möglich. Das kann in Österreich an verschiedensten (öffentlichen) Stromladestellen passieren; über 1.600 sind es laut dem Bundesverband Elektromobilität Österreich. Das einzige flächendeckende Ladenetz verbucht mit 380 Ladepunkten Smatrics. Dennoch: Es braucht ein größeres Netz an Ladepunkten.
Dekarbonisierung bis 2035 um 90 Prozent
„Das weltweite Ziel, 2035 eine Dekarbonisierung (Reduzierung des Umsatzes von Kohlestoff, Anm.) von 90 Prozent zu erreichen, ist ein realistischer Zeitraum und sinnvoll. Unsere europäischen OMs (Original Manufacturer – Erstausrüster, Anm.) müssen da nachziehen, weil sonst ziehen die chinesischen davon“, zog es der Projektleiter des Hydrogen Center Austria (HyCentA Austria), Patrick Pertl, auf eine höhere Ebene. HycentA ist die einzige außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Österreich, die sich mit der Nutzung von Wasserstoff als regenerativem Energieträger beschäftigt. Wasserstoff wird in einer Brennstoffzelle zu Strom umgewandelt, die Elektroautos werden dadurch angetrieben. Der Vorteil dabei ist, dass nur Wasserdampf in die Umwelt abgegeben wird. Betankungszeit und Reichweiten sind besser sein als beim einem rein batteriebetriebenen Elektrofahrzeug. Herausforderungen bleiben die zu hohen derzeitigen Preise sowie die Wasserstoff-Infrastruktur. Dennoch: Pertl glaubt an den Wasserstoffantrieb. Inwiefern wird die Automobil- und Zulieferbranche durch diese Entwicklungen transformiert werden; wie von Automobilexperten prophezeit? Auch VW-Chef Matthias Müller meinte erst kürzlich: „Mobilität wird gerade neu definiert.“ „Es geht darum, den Strukturwandel als Chance und nicht als Problem zu sehen. Das passiert ja schon teilweise – etwa bei den deutschen OMs. Von diesen wird viel in Richtung Elektromobilität angekündigt“, sagte Pertl.
Dass die Klimaziele jedoch nicht allein über einen Wechsel zu alternativen Antriebstechnologien erreicht werden können, machte Günter Emberger klar. Nach wie vor sei die Nutzung der individuellen Mobilität zu stark in den Köpfen in den Menschen verankert, so der Professor für Verkehrswissenschaften an der TU Wien. Daran ändere auch ein Elektroantrieb nichts. In Zukunft müsse man Mobilität anders denken. „Wir haben das Platzproblem in den Städten; wir müssen eine verstärkte Verdichtung der Mobilität schaffen sowie eine alternative Abführung aus der Stadt heraus, etwa durch den öffentlichen Verkehr.“ Die Energiewende werde laut Pertl in drei Bereichen entschieden, in denen allesamt eine Elektrifizierung stattfinden müsse: Verkehr, Industrie und Haushalte. In Österreich etwa beruhe die Stromzufuhr im Verkehrssektor nach wie vor auf 90 Prozent fossilen Brennstoffen. Auch laut Kreisel hat die Energiewende eine viel größere Dimension als nur den Mobilitätssektor: „Wir brauchen relativ wenig Energie, um die Elektrofahrzeuge zu betreiben. Wir heizen heute aber viel mit fossilen Brennstoffen etc. Wenn wir dies zukünftig alles aufgeben, ist das eine Riesenherausforderung für die Elektrifizierung.“ Emberger zum Schluss: „Wir machen autogerechte Verkehrs- und Flächenplanung seit 40, 50 Jahren. Diesen Zugang werden wir nicht von einem auf den anderen Tag lösen können. Wenn aber politische Maßnahmen gesetzt werden – zum Beispiel im Rahmen von neuen Entwicklungsgebieten ein hochwertiger öffentlicher Anschluss geschaffen wird – werden wir in 10, 20 Jahren eine Verhaltensänderung herbeiführen.“
Interview mit Gareth Dunsmore, Electric Vehicle Director von Nissan
Autonom auf der Straße
Einen anderen Ansatz für die Erreichung der Klimaziele, verfolgte in der zweiten Diskussion „Mobilität in der Stadt von morgen“, Eike Wenzel. Für ihn ist einer der Schlüssel, um Städte ökologisch fit zu halten, das „Internet der Mobilität“ – also einer vernetzten Verkehrsinfrastruktur. Die Zeiten des klassischen Automobils seien laut dem Gründer und Leiter des Instituts für Trend- und Zukunftsforschung vorbei. In Städten, so sein Credo, wird sich die Zukunft des Planeten entscheiden. „Wir müssen auf intelligente Systeme setzen. Neben den Elektroautos brauchen wir das Sharing der Mobilität, das durch autonomes Fahren in hohem Maße möglich wird – also einen Mix an Systemen.“ Mit den Auswirkungen vollautomatisierten Fahrens auf die Gesellschaft beschäftigt sich Jens Dangschat, emeritierter Professor für Siedlungssoziologie und Demographie an der TU Wien. Für ihn kommt es bei diesen Systemen vor allem auf eines an: die Annehmbarkeit durch die Gesellschaft. Wenn der automatisierte Transport tatsächlich einmal derart reibungslos ablaufen sollte, dass der „Fahrgast“ nichts tun müsse, außer im Auto zu sitzen, stellen sich weitreichende Fragen: „Das kann so attraktiv sein, dass es keinen öffentlichen Verkehr mehr braucht.“ Laut Dangschat stoße das automatisierte Fahren derzeit besonders in China und Indien auf große Resonanz. Das ist nicht weiter verwunderlich, kämpfen doch gerade dortige Städte mit verstopften Straßen und Umweltbelastungen. In erster Linie werde autonomes Fahren in Zukunft in der Logistik eingesetzt werden. Derartige Lkws, die im Verbund fahren (platooning, Anm.), gebe es schon im Versuchsstadium, genauso wie selbstfahrende Taxis in Singapur. „In der Logistik gibt es bereits Entwicklungen von Amazon und DHL“, so Dangschat. Einen Hauptgrund für autonomes Fahren sei jedenfalls hausgemacht: „Google (Googles Driverless Car wird nun von Waymo weitergeführt, Anm.) ist interessiert daran, dass diese Autos permanent Informationen senden. Diese personenbezogenen Daten sind der Grund warum es automatisiertes Fahren gibt. So können Daten abgegriffen, verkauft und ökonomisch genutzt werden.“
Die (Daten-)Vernetzung spielt auch in einem größeren Kontext eine Rolle: jener der Smart Cities. Darunter wird, vereinfacht gesprochen, die Verwendung digitaler Technologien in Städten verstanden, um diese in verschiedensten Bereichen effizienter und nachhaltiger zu gestalten: Mobilität und Verkehr, Infrastruktur, Stadtentwicklung, Verwaltung. „Es ist okay, dass dieser Begriff so technisiert verwendet wird. Aber um gesamtgesellschaftlich weiterzukommen, brauchen wir ‚Smart People“. Und diese bekomme ich nicht durch Smart Cities. Das heißt: es muss in Städten geschafft werden, für Wachstum und Aufbruch zu sorgen – und zwar etwa durch ähnliche Modelle wie Airbnb oder Uber“, sagte Wenzel. Die Technologie hinter diesen digitalen Plattformen könnte durch Stadtregierungen genutzt werden, um mehr Partizipation durch die Bürger zu schaffen.
Interview mit Andreas Kößl, Vorstandsmitglied Uniqa Österreich Versicherungen
Gesamte Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen
Wie lassen sich nun aber die Mobilitätstrends zusammenfassen? „Ein klarer Trend ist nach der letzten Mobilitätserhebung in Österreich erkennbar: der Verkehr steigt. Wir sind mehr, länger und weiter unterwegs. Bei allen Verkehrsmitteln – außer zu Fuß“, sagte Alexandra Millonig, Senior Scientist beim AIT Austrian Institute of Technology im Rahmen der Diskussion „Was kann die Stadt der Zukunft?“. Ihr Hauptforschungsthema ist das Mobilitätsverhalten des Menschen, seiner Einflussfaktoren und anhand welcher Parameter dieses geändert werden könnte. Wird das von Autoherstellern beschworene „Dreieck“ Elektromobilität – Automatisierung – Sharing nicht zwangsläufig diese Entwicklungen weiter fördern? „Was ändert sich, wenn wir alle Autos durch elektrische ersetzen – außer der Antriebstechnik und dass es weniger Luftverschmutzung gibt? Die Frage ist aber, wie wir den Strom herstellen, wenn man Elektroautos mit Kohle antreibt, könnte das für mehr Emissionen sorgen als bei einem Benziner“, erklärte Florian Lorenz von Smarter Than Car, einer Denkfabrik für Mobilität der Zukunft und postfossile Stadtentwicklung. Tatsächlich wird beispielsweise in China die Energie hauptsächlich aus Braunkohle gewonnen. Zudem verweisen Mobilitätsexperten oftmals darauf, dass bei E-Fahrzeugen die gesamte Umweltbilanz miteinbezogen werden müsse. So sei die Batterieproduktion (noch) sehr energieintensiv und damit CO2-lastig. Gleichermaßen gibt es den Trend, die Energieerzeugung selbst aus dem eigenen Haus aus zu steuern. Dies könnte etwas für Abhilfe sorgen. Jakob Hatzl entwickelte mit seinem Start-up „Emma – die flexible Lebensassistenz“ nicht nur ein digitales Unterstützungssystem für die ältere Bevölkerung (Ambient Assisted Living – AAL), sondern auch ein smartes Energiemanagement: “Über eine intelligente Energieerzeugung im Haus und eine Pufferbatterie kann man Energie, die man selbst produziert, auch effizient nutzen. Wenn man viele derartiger Energieerzeuger schafft, kann man Druck aus dem gesamten Energienetz nehmen.“ Bleibt die Frage, wie unser praktiziertes Mobilitätsverhalten geändert werden kann? Laut Millonig gibt es drei Ansätze: „Wir schauen uns dazu die sozialen Milieus an. Wenn in diesem etwa ein großes Gesundheitsbewusstsein herrscht, geht es darum, aufzuzeigen, wie sich die Verkehrsmittelwahl auf die Gesundheit auswirkt. Ein anderer Ansatz ist: Wie kann ich positiv verstärken, also belohnen – etwa durch Spiele, wo ich Punkte sammle oder monetäre Anreize. Wenn das nichts nützt, muss man Verbote und Gebote schaffen, wie etwa die Parkplatzbewirtschaftung. Es ist aber immer eine Kombination aus allen dreien Elementen“, schloss die Wissenschafterin.