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Seit fünf Jahren lebt Alexandra Vogl in Manila und arbeitet dort für die Asian Development Bank. Geplant war das Leben..
Seit fünf Jahren lebt Alexandra Vogl in Manila und arbeitet dort für die Asian Development Bank. Geplant war das Leben im Ausland nie. Vielmehr ist die Expertin für Stadt- und Raumentwicklung ihren beruflichen Chancen nachgereist – Flexibilität und Freiheit als stete Maximen.
„Ich bin immer gerne unterwegs gewesen, wollte nie gerne zu Hause bleiben. Zu Hause sein oder Heimat, das ist für mich kein Ort – ich glaube, das war es nie. Gleichzeitig hatte ich aber nie geplant, im Ausland zu leben; viel mehr bin ich immer dort hingegan gen, wo sich die nächste berufliche Möglichkeit aufgetan hat.“
Rund die Hälfte ihres Berufslebens seit ihrem Studienabschluss 1998 hat Alexandra Vogl im Ausland verbracht. Seit fünf Jahren lebt die Expertin für Stadtentwicklung mit rund 20 Millionen anderen Einwohnern in der philippinischen Hauptstadt Manila. Dort arbeitet sie für die Asian Development Bank (ADB) im South Asia Regional Department. Davor war sie für das Climate Change & Sustainable Development Department der ADB tätig. Dieser Job ist – und das betont die Expat – der einzige, für den sie ein „echtes Bewerbungsverfahren absolviert“ hat. Die Jobs, die Vogl davor gemacht hat, sagt sie, habe sie stets aufgrund ihrer „Offenheit, guter Zufälle und wegen einer gewissen Unverschämtheit“ bekommen.
Zunächst ging es 1999, mit einem Abschluss in Raumplanung und Raumordnung der TU Wien, nach Berlin. Zwar hatte Vogl damals ein Angebot, für die Uni zu arbeiten, es zog sie aber tendenziell hinaus, „weil ich schon die ganze Zeit dort war“, sagt sie. Stattdessen rief Vogl einen ihrer ehemaligen Uni-Lektoren in Berlin an, dessen spannende Vorträge zur Immobilienprojektentwicklung sie gut in Erinnerung hatte. Und zufällig war er auf der Suche nach einem neuen Teammitglied mit Vogls Background. Schon damals war die klassische Bewerbung ein Thema: „Alle meine Studienkollegen haben Bewerbungsschreiben verschickt – und das wollte ich auch.“ Bei ihrer Recherche für einen Folgejob sei sie dann auf ein Beratungsunternehmen gestoßen, das in ihrem Fachbereich tätig war. Mit ihrer Ansprechperson dort traf sich Vogl zum Abendessen in Berlin. „Das war auch so ein eigenartiges Vorstellungsgespräch“, sagt sie. Die Dame teilte ihr mit, sie könne ihr den Arbeitgeber nicht empfehlen. Sie selbst habe gerade eben ihren Job dort gekündigt. „Mein CV aber lag bei ihr zu Hause auf dem Küchentisch“, so Vogl weiter. Ebendiesen sah der Mann der Dame, der Chef der Berliner Wirtschaftsförderung, der auf der Suche nach jemandem wie Vogl war. Der nächste Job war so gesichert.
Bis 2004 war Vogl bei der Berliner Wirtschaftsförderung als Projektlei terin tätig – bis sich die nächste Job chance in Wien auftat. Drei Jahre war Vogl für das ZIT – Zentrum für Innovation und Technologie in Wien tätig, bevor sie sich bereits als Geschäftsführerin der TINA VIENNA Urban Technologies & Strategies – Smart City Vienna Agency für den Job bei der ADB bewarb. „Endlich, so dachte ich mir, kann ich eine echte Bewer bung schreiben und dabei auch meinen Marktwert abtesten“, so Vogl.
Den zweistufigen Prozess zu durchlaufen und letztlich auch zu gewinnen bedeutete dann aber auch, den Arbeitsort nach Manila zu ver legen. „Das war zu diesem Zeit punkt nicht in meinem Denken“, sagt sie, „ich wollte einfach nur gewinnen.“ Und das tat Vogl dann auch. „Nach dem ersten ‚Juhu‘ ließ der erste Schock nicht lange auf sich warten“, sagt Vogl. „Ich dachte mir nur ‚Um Gottes willen, was mache ich jetzt?‘“
Eine Bedingung war, dass ihr Lebenspartner die Entscheidung mittragen würde. „Ich hätte meinen Partner nicht zurückgelassen, um mich in diesem Job selbst zu verwirklichen“, sagt sie und hält an dieser Überzeugung fest – „hinter jedem Expat muss ein Partner stehen, der alles mitträgt.“ Die Selbstständigkeit von Vogls Partner, der eigentlich nie nach Asien wollte, gab letztlich den Ausschlag, das Experiment zumindest für zwei Jahre zu wagen. Wobei die ersten eineinhalb Jahre ein permanentes Ausloten des beruflich Möglichen und privat Sinnvollen auf beiden Seiten gewesen sein muss. Heute pendeln beide alle zwei bis drei Monate zwischen Wien und Manila. Vogl: „Wir haben beide nicht das Gefühl, eine Fernbeziehung zu führen. Jeder von uns hat sein Arbeitsleben. Ich gehe auf Dienstreisen, so wie er auch auf Dienstreisen nach Wien geht.“
Nach fünf Jahren hat sich das Leben zwischen Europa und Asien für beide ein wenig ausbalanciert. Die Ankunft sei aber ein klassischer Kulturschock gewesen, erzählt Vogl. Zwar sei Manila eine Stadt, in der man gut ankommen kann; jeder spreche perfekt Englisch, die Menschen seien freundlich und das Alltags leben sei sehr amerikanisch orientiert. Und doch: „Anfangs war es eine permanente Überforderung mit allem.“ Nicht zuletzt auch, da das Paar nicht die planierten Expat Pfade – etwa ein luxuriöses Leben in einer „Expat Bubble“ – anstrebte, sondern so leben wollte wie alle anderen auch.
„Als wir ankamen, hatten wir beide nur je zwei Koffer mit, mussten um eine möblierte Wohnung verhan deln, Tausende Formulare ausfüllen, Alltagsgegenstände wie Bettwäsche kaufen“, erzählt Vogl. Vieles lief alles andere als glatt und es gab Tage, an denen sie mit leeren Händen aus dem Supermarkt kam – zu viele Eindrücke, zu viel Auswahl. Es sei nicht immer einfach, einen herausfordernden Job in einer internationalen Organisation mit Menschen aus 65 Nationen zu meistern und sich parallel dazu ein Leben, einen Haushalt aufzubauen, ohne sich dabei selbst zu verlieren, sagt Vogl. Hinzu kommt: „Das Expat-Leben und die Strukturen rund herum sind auf verheiratete Männer mit Familie aufgebaut. Kommt, so wie ich, eine unverheiratete Frau mit ihrem Partner als neue Arbeitneh merin in so eine Organisation rein, dann ist das ein echtes Problem“, so Vogl. Das beginne beim Visum und ende bei den Benefits, die nur verhei rateten Paaren zugänglich sind. Sie könne ihre Beziehung nicht genug wertschätzen, so Vogl, „das ist keine Selbstverständlichkeit“.
Heimweh habe sie dennoch nicht gehabt – „dafür war gar keine Zeit“, sagt sie. Manila verändere sich rasend schnell, „man kann sich an nichts gewöhnen. Ein Lieblingslokal, das man seit fünf Jahren kennt, gibt es hier nicht“, sagt sie. Sie habe gelernt, diese Veränderungen als etwas Spannendes und nicht Bedrohliches zu sehen. Das Langsame von Wien fehle ihr, die Ruhe und Gelassenheit der Stadt, die frische Luft, das Zu-Fuß-unterwegsSein. „Der öffentliche Verkehr fehlt mir am meisten“, lacht sie. Und als Tröster für traurige Abende müssen Manner Schnitten und Estragonsenf herhalten.
Fotos: Jiri Turek & Jana Jaburkova