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Seit 2015 beliefert Alfies die Wiener (und seit einem Jahr auch die Grazer) mit Lebensmitteln. Das von Thomas Ecker sowie Gerald und Gunther Michl gegründete Unternehmen musste zu Beginn viel Ideenreichtum beweisen, um das fehlende Kapital wettzumachen – doch seit der Covid-Pandemie, in der Alfies seinen Umsatz um das 20-Fache steigerte, läuft das Geschäft. Die nächsten Ziele des Gründertrios: Marktführerschaft in der relevanten Zielgruppe und die Internationalisierung.
Der Markt für Essenslieferdienste ist hart umkämpft. Was macht Alfies besser als die Konkurrenz?
Der Hauptunterschied findet sich in unserer Entwicklungsgeschichte. Wir sind seit unserem Start 2015 bis 2020 ohne Investorenkapital ausgekommen – das unterscheidet uns von allen anderen Marktteilnehmern. So waren wir nämlich gezwungen, unsere Prozesse möglichst effizient zu gestalten und operativ sehr viel selbst zu machen. Wir sind dadurch im Vergleich eher langsam und stetig gewachsen und haben alle Prozesse wie Auslieferung, Kommissionieren et cetera selbst durchgeführt. Zudem waren alle drei Gründer (Thomas Ecker, Gerald und Gunther Michl, Anm.) branchenfremd. Das hat den Vorteil, dass man einen frischen Blick auf die Dinge hat, wodurch Einzigartiges entstehen kann.
Diese Kombination führte dazu, dass wir – mithilfe der TU Wien – ein einzigartiges Logistiksystem entwickelt haben. Es ist perfekt für die schnelle Lieferung von größeren Warenkörben. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass sich unser System der Nachfrage anpasst und nicht umgekehrt. Dabei ist es egal, ob es um eine Lieferung in 30, 60, 120 oder 150 Minuten geht. Auf den Kunden umgelegt bedeutet das, dass man sich darauf verlassen kann, dass eine schnelle Lieferung zur Verfügung steht. Anders als bei anderen Online-Supermärkten muss man also nicht hoffen, dass die gewünschte Lieferzeit überhaupt zur Verfügung steht.
Sie starteten 2015 als einer der ersten solcher Dienste in Wien. Wie kam es dazu?
Wir haben alle drei unsere gut bezahlten Jobs an den Nagel gehängt, da wir unternehmerisch tätig werden wollten. Wir waren relativ blauäugig und entwickelten ursprünglich eine Postempfangsverrichtung. Dieses Projekt ist letztendlich jedoch gescheitert, da es sich von einer B2C- zu einer B2B-Lösung entwickelte. Wir wollten dann aber im Bereich der Last-Mile-Logistik bleiben – und sind bei der Recherche über ein Unternehmen namens Mr. Night gestolpert. Die Servicequalität war überschaubar, die Preise waren hoch, das Sortiment eingeschränkt – trotzdem machte das Unternehmen gute Umsätze. Das hat uns interessiert; also haben wir Alfies gegründet.
Wir wollten aber von Beginn an Preise auf Supermarktniveau anbieten und das Sortiment schrittweise erweitern. Die Anfangsphase war geprägt von sehr viel Schweiß und wenig Kapital. Zu Beginn hatten wir einen VW Transporter mit allen Produkten, mit dem wir zu den Kunden gefahren sind. Irgendwann haben wir dann gemerkt, dass wir ein Lager benötigen, um unser Sortiment ausdehnen zu können, dann war nach einiger Zeit ein Punkt erreicht, wo wir einen Investor brauchten. Der kam im Februar 2020 an Bord – ein Monat später folgte Covid.
Die Covid-Pandemie führte zu einem rasanten Wachstum. Wie herausfordernd war diese Zeit für Sie als Unternehmer?
Vor der Covid-Pandemie waren wir ein sehr kleines Unternehmen. Seither haben wir den Umsatz jedoch um das 20-Fache gesteigert. Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 verdoppelte sich die Nachfrage über Nacht. Mit großem persönlichem Einsatz schafften wir es aber trotzdem, die Kapazitäten so zu erhöhen, dass wir die Nachfrage bewältigen konnten. Wir Gründer sind zu dieser Zeit jeden Tag bis mindestens Mitternacht im Lager gestanden, um gemeinsam mit unseren Mitarbeitern die Nachfrage zu stemmen. Das war eine sehr herausfordernde, aber auch sehr spannende Zeit.
Wer genau bestellt bei Alfies? Sind Ihre Kunden eher alt oder jung, und wo wohnen sie?
Die größte Kundengruppe ist zwischen 30 und 40 Jahre alt. Das Geschlechterverhältnis ist in etwa ausgewogen, allerdings gibt es eine klare Tendenz dazu, dass Frauen die Männer beim Anteil überholen werden. Außerdem wächst die Altersgruppe 40 plus deutlich schneller als jene der 18- bis 29-Jährigen. Was die Geografie betrifft, sind wir in urbanen Regionen mit gehobenem Einkommen am stärksten. Ob das daran liegt, dass wir dort schon länger vertreten und somit auch bekannter sind oder ob der Service in solchen Regionen einfach attraktiver ist, wird sich noch zeigen.
Ist es für Sie denkbar, mit Alfies in Zukunft auch fertige Speisen zuzustellen?
Wir haben heute schon ein Angebot an fertigen Speisen, die aufgewärmt werden können, dieses werden wir weiter ausbauen. Wofür unsere Logistik jedoch nicht ausgelegt ist, ist die Auslieferung von fertigen warmen Mahlzeiten, etwa Pizza.
Viele Unternehmen in der Branche, selbst Riesen wie Delivery Hero, haben Schwierigkeiten, schwarze Zahlen zu schreiben. Wie sehen Umsatz und Gewinn bei Ihnen aus?
Wir waren die längste Zeit über profitabel. Seit wir Investorengelder aufgenommen haben, investieren wir stark in das Wachstum von Alfies. Dennoch ist jede Bestellung im Durchschnitt profitabel. Grundsätzlich denke ich, dass die Profitabilität in der Branche kein Problem sein wird, solange der durchschnittliche Warenkorb entsprechend hoch ist. Genau dies ist bei Delivery Hero – im Gegensatz zu Alfies – nicht der Fall.
2021 expandierte Alfies nach Graz. Wie läuft das dortige Geschäft? Werden weitere Städte in Österreich oder im Ausland folgen?
Das Geschäft in Graz ist sehr gut angelaufen. Interessanterweise haben wir es dort innerhalb eines Jahres geschafft, eine ähnliche Bekanntheit wie in Wien aufzubauen. Das Wachstum wird dort vor allem durch einen Mangel an qualifiziertem Personal gebremst. In Wien ist das beispielsweise weniger stark der Fall. Eine Expansion in weitere österreichische Städte sowie ins Ausland ist definitiv geplant – wann genau das passieren wird, will ich aber noch nicht verraten.
Gerald Michl, Gunther Michl und Thomas Ecker (v. li.) gründeten Alfies 2015 in Wien. 2021 expandierte der Online-Lieferdienst nach Graz; weitere Städte in Österreich sowie im Ausland sollen folgen. Gründer Gunther Michl war mit uns im Gespräch.
Warum sollten Menschen bei Alfies bestellen?
Aufgrund von Umfragen wissen wir, dass Kunden vor allem aus zwei Motiven online bestellen: Zeit- und Energieersparnis. Zufälligerweise – möglicherweise hat uns auch die Nachfrage dorthin getrieben – ist unser Fulfillment-System genau darauf ausgerichtet, diese zwei Probleme bestmöglich zu lösen. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass die 60- beziehungsweise die 120-Minuten-Lieferung immer verfügbar ist. So ermöglichen wir es unseren Kunden, immer dann einzukaufen, wenn für sie der richtige Zeitpunkt ist – ohne Mengenrestriktionen. Außerdem verfügen wir mittlerweile über ein großes Sortiment, bestehend aus vielen Produkten mit höchster Qualität, welche im stationären Supermarkt üblicherweise nicht zu finden sind.
Zum Abschluss: Gehen Sie selbst noch in Supermärkte?
Für mich persönlich ist der stationäre Supermarkt zum reinen Convenience Store mutiert. Ich gehe dort nur hin, wenn ich schnell eine Kleinigkeit benötige.
Foto: Alfies