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Mark Zuckerberg ist Teil meines Newsfeeds. Jeden Tag sehe ich, was er über seine offizielle Facebook-Seite in die Welt verkündet.
Oft sieht man Zuckerberg dabei als Vater oder Ehemann, der regelmäßig von Aktionen der „Chan Zuckerberg Initiative“ berichtet, die seine Frau Priscilla gründete. Oder er bewirbt eigene Aktionen, wie etwa Internet.org, eine Initiative, die das World Wide Web in Länder, die von der digitalen Welt abgeschnitten sind, bringen soll. Der Unternehmer betont bei so ziemlich jeder Gelegenheit – ob on- oder offline –, dass er die Menschen verbinden möchte.
Forbes hat den Gründer in seiner Jubiläumsausgabe zurecht als einen der „100 Most Inspiring Business Minds“ vorgestellt. Sein Unternehmen hat die Welt verändert und gehört zu den (finanziell) erfolgreichsten unserer Zeit. Wie Facebook sein Geld verdient, ist eigentlich recht einfach erklärt: User nutzen die Plattform und geben dabei Dinge über sich selbst preis, etwa persönliche Informationen oder Interessen. Im Gegenzug dürfen sie Facebook ohne Gebühren nutzen – aber keineswegs kostenlos. Denn die zahlenden Kunden sind werbetreibende Unternehmen, die gezielt Werbeflächen buchen. Die Aufmerksamkeit sowie die Interessenprofile der User werden damit zum Produkt; dem einzigen, mit dem Facebook Gewinne erzielt. Liest sich eigentlich wie der traditionelle Geschäftsfall eines Medienunternehmens.
Auch Tim Berners-Lee findet sich in der Forbes-Jubiläumsausgabe mit seinem Essay zum Thema „Openness“ wieder. 1989 verfasste er seinen Vorschlag für das World Wide Web. Seine Vision: ein offener, globaler Ort, an dem jeder Ideen publizieren kann – ohne um Erlaubnis fragen oder bezahlen zu müssen. Laut Berners-Lee ist dies genau das, was das WWW so mächtig macht. Es stärkte das Zeitalter der Kreativität und Innovation, machte Informationen zugänglich und ermöglichte Kommunikation und Kooperation.
Heute, etwas weniger als 30 Jahre später, sehen wir einen Raum, der widersprüchlicher eigentlich nicht sein kann. Genau diese Eigenschaften des WWW brachte eine Generation an Unternehmen hervor, die heute die wertvollsten und erfolgreichsten der Welt sind. Diese Internetriesen verursachen und fördern aber gleichzeitig eine zunehmende Marktkonzentration – was auch zahlreiche Vorwürfe nach sich zieht. Zudem veränderten sie unser Kommunikationsverhalten langfristig und nachhaltig.
Im Fall von Facebook zeigt sich die Widersprüchlichkeit von Offenheit und Konzentration im Unterschied zwischen kommuniziertem „Unternehmens-Purpose“ und dem erzielten Ergebnis seiner Services. Facebook bringt unsere besten Eigenschaften zum Vorschein – etwa unseren Wunsch, mit Menschen in Verbindung zu bleiben, uns auszutauschen, miteinander in Kontakt zu treten. Doch es fördert auch unsere schlechtesten: So wollen wir nur das hören, wovon wir ohnehin schon überzeugt waren – selbst, wenn wir insgeheim wissen, dass die Tatsache, an die wir da glauben, falsch ist. Und solange Facebook eben damit Geld verdiente, wollte es – mit Ausnahme der eigenen Gewinnmaximierung – kein weiteres Interesse an dieser Sache zeigen. Erst, als Vorwürfe rund um die Verbreitung von Fake News im Rahmen des Wahlsiegs von Donald Trump aufkamen, änderte sich das. Zuckerbergs Antwort? Facebook sei ein Technologie- und kein Medienunternehmen. Patentanmeldungen zeigen aber, dass Facebook mit maschinellem Lernen daran arbeitet, Fake News automatisch entfernen zu können. Das Unternehmen hat sich dem Vorwurf also gestellt. Irgendwie.
Die Abgrenzung der Plattform zur Medienbranche fällt schwer. Der Newsfeed ist für viele der fast zwei Milliarden Nutzer pro Tag Einstiegspunkt in das Internet. Dennoch scheint die Prämisse von Facebook zu sein: dem Nutzer möglichst gut gefallen. Als Echokammer entsteht ein Anreiz zum Schüren von Vorurteilen – was dem Wunsch, die Menschen zu verbinden, widerspricht. So wird Facebook irgendwann weg von seinem Purpose gehen und umdenken müssen. Das Unternehmen muss sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellen und sich eingestehen, dass im eigenen Unternehmen doch ziemlich viel Medium steckt.