Weniger ist Mehr

Die KI-gestützte Empfehlungsmaschine Flike bietet personalisierte Programmierschnittstellen (APIs), die es Unternehmen ermöglichen, jedem Nutzer die ansprechendsten Inhalte in Echtzeit zu zeigen – mit Anwendungsfällen in Discovery-Seiten, Feeds und Kundenkommunikation. Die beiden Gründer Yannick und Tobias Müller sind überzeugt, dass sie eine echte Chance haben, die Art und Weise, wie B2B-Sales gemacht wird, neu zu erfinden.

„Früher war es schwer, Daten zu bekommen, heute ist es schwer, aus den Daten einen Sinn zu ziehen“, sagt Tobias Müller, CEO und Mit­gründer von Flike. Yannick und Tobias Müller, die beiden Gründer, die nicht miteinander verwandt sind, erkannten eine vielversprechende Möglichkeit, Unternehmen dabei zu helfen, ihre Daten zu verstehen und zu nutzen, um herauszufinden, wen sie ansprechen sollten – und gleichzeitig einen Nutzen für die Kunden zu schaffen, indem die Menge an Spam, die über sie hereinschwappt, deutlich redu­ziert wird.

Heute arbeitet das in New York City angesiedelte Start-up im B2B-Bereich und hat sich zum Ziel gesetzt, durch Optimierung von Nutzererfahrungen, eine verbesserte Onlinepräsenz und -einbindung und damit höhere Konversionsraten profitables Wachstum für Unter­nehmen zu erzielen. Die Müllers waren überzeugt, dass Nordamerika der richtige Ort für den Aufbau eines globalen Unternehmens ist; dort befinden sich auch direkte Konkurrenten wie Zoominfo in Vancouver und Salesloft in Atlanta. „Wir wussten nicht, dass wir ein US-­Unternehmen aufbauen wollten, aber wir wussten, dass wir ein globales Unternehmen aufbauen wollten“, so Tobias Müller.

Flike, das von Y Combinator und Strategic Angel Investors eine Finanzierung in Höhe von 1,6 Mio. US-$ erhalten hat, ist ein daten­gesteuertes und dynamisches Unternehmen, bei dem der Kunde im Mittelpunkt steht. „Man kann die Zukunft nie vorhersagen, daher ist es wichtig, offen zu bleiben und aufrichtig auf das Feedback der Kunden zu hören, um sicherzu­stellen, dass man tatsächlich einen großen Schmerzpunkt löst – letztendlich ist es das, worum es in einem Unternehmen geht“, erklärt Tobias Müller.

Die beiden Müllers sind ein gut eingespieltes Team. Yannick Müller hat den Ehrgeiz und die Tatkraft; er hat an der ETH Zürich Informatik studiert, aber sein Engagement ging weit über sein Studium hinaus. „Ich war ein sehr nerdiges Kind, das sich sehr für Mathe interessierte“, er­in­nert er sich. Bei einem Schweizer Mathematikwettbewerb war er unter den besten drei von 6.099 Teilnehmern, aber das war nicht das Einzige, was ihn fesselte: In der Schule beschäftigte er sich mit Projekten zum maschinellen Lernen, bei denen er versuchte, anhand von Ausgangsdaten verschiedene mögliche Szenarien vorherzusagen. Er wurde mit dem nationalen Best Paper Award von Swiss Youth in Science und dem „Fokus Maturaarbeit“-Preis von SIA Zentralschweiz ausgezeichnet.

Tobias Müller wiederum hat einen Bachelor-Abschluss in Finance & Economics von der Universität St. Gallen und einen Masterabschluss in Information ­Systems von der London School of Economics and Political Science. „Meine Geschichte ist ein wenig anders als die von Yannick“, sagt er mit einem Lächeln und viel Be­wunderung für seinen Mitgründer, sowohl in seiner Stimme als auch in seinen Worten. Er merkt an, dass er in der Schule kein Streber war, sondern sich kaum für etwas in­teressierte. Wenn man in Europa aufwachse, meint er, sei immer alles sehr schön und die Kinder hätten ein perfektes Leben in ihrer Gemeinschaft. „Aber dann fragt man sich: Warum sollte man überhaupt etwas tun? Sollte man versuchen, die Welt zu verändern? Meine Antwort war ziemlich klar: Ja. Ich denke, es gibt genug Prob­leme in der Welt, die mit unserer privilegierten Position in Mittel­europa angegangen werden können, um tatsächlich etwas zu bewirken.“

Die Kombination von Fach­wissen in den Bereichen Wirtschaft und Informatik sowie die Leidenschaft, mit Technologie einen Mehrwert zu erzeugen, war das Rezept für Flike, und die beiden Müllers stürzten sich fast unmittelbar nach ihrem Kennenlernen in den Gründungsprozess des Start-ups, als Tobias sagte: „Mit diesem Typen will ich unbedingt etwas Geschäftliches starten!“

Doch was steckt eigentlich hinter Flike? In der Datenbank werden alle Unternehmen als Zahlen dargestellt, so genau wie möglich. So kann das Team leicht ein Unternehmen mit einem anderen vergleichen und so herausfinden, welche ähnlich sind und welche für einen bestimmten Kunden interessant sein könnten. Wenn es darum geht, automatische, aber personalisierte Nachrichten zu generieren, die an mögliche Kunden gesendet werden sollen, verwenden sie große Sprachmodellalgorithmen und stimmen diese fein ab. So nütz­lich die Gründer KI auch finden und so sehr sie sie als „vierte Revolution“ (nach der digitalen Revolution) betrachten, sind sie sich doch sehr bewusst, was KI ist und welche Mängel sie hat. „Diese Modelle sind gut im Schreiben und Verfassen des eigentlichen Texts, aber vom logischen Standpunkt aus gesehen muss man ihnen immer noch die Ideen, die Struktur und den Kontext geben. Sie brauchen Anleitung“, so Yannick Müller.

Kontroversen bahnen sich nicht nur im Zusammenhang mit der KI an, sondern auch, wenn es um den Datenschutz bei der Datenanalyse und den daraus resultierenden Empfehlungen geht. „Wir glauben, dass sowohl Unternehmen als auch die Wissenschaft eine Verantwortung haben, ethische Überlegungen anzustellen, wenn es um Themen wie Datenschutz und Radikalisierung durch Empfehlungen geht“, sagen die Unternehmer. Nach Ansicht der Müllers tragen die Gründer die Hauptverantwortung dafür, dass ihre Produkte, Dienstleistungen und Technologien ethischen Standards entsprechen. „Wenn man sich mit diesen Themen befasst, ist es wichtig, ethische Überlegungen anzustellen und sich Gedanken über die möglichen Auswirkungen der eigenen Arbeit auf Menschen oder Gruppen zu machen“, halten die Gründer fest.

Flike hat derzeit fünf Mit­arbeiter. Die Müllers bleiben bewusst klein, da sie der Meinung sind, dass es einfacher ist, ein schwieriges Problem mit ein paar klugen Leuten zu lösen als mit einem großen Team. Ihre unmittelbaren Pläne für die Zukunft sind der weitere Ausbau ihrer Community, die Entwicklung weiterer Funktionen und die Ein­führung weiterer Dienste auf der Plattform, um noch größere Prob­leme für Kunden lösen zu können. „Wir planen auch, unsere Reichweite auf weitere Länder und Märkte auszudehnen. Wir glauben, dass Flike eine führende Vertriebs­plattform werden kann, die es den Nutzern ermöglicht, mit den rele­vantesten Leads auf hyper­personalisierte Weise in Kontakt zu treten“, so die Flike-Gründer.

Mit Flike, der End-to-End-Empfehlungsmaschine, zielen die Gründer Yannick und Tobias Müller darauf ab, die Konversions- und Bindungsraten von Unternehmen zu erhöhen, indem sie das Nutzererlebnis personalisieren. Sie sind überzeugt, dass sie eine echte Chance haben, den B2B-Vertrieb neu zu erfinden.

Fotos: Sasha Charoensub

Ekin Deniz Dere,
Redakteurin

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