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Nichts weniger als eine Revolution des Wassertrinkens wollen die Gründer von Waterdrop erreichen. Schaffen wollen sie das mit handlichen Würfeln, die mit Frucht- und Pflanzenextrakten angereichert wurden.
Es ist eine simple Erfolgsrechnung: Der Mensch muss trinken – also kann man damit gute Geschäfte machen. Das haben zwar auch schon andere entdeckt, dennoch ist das Business mit Gänsewein & Co lukrativ: Geschätzte 500 Milliarden € Umsatz erwirtschaftet die Getränkeindustrie weltweit pro Jahr. Während sich einige wenige Großkonzerne wie etwa Coca-Cola oder Nestlé die eine Hälfte des Marktes teilen, herrscht um die andere ein heftiger Kampf. Mittendrin: das Wiener Start-up Waterdrop. 2016 von Martin Murray (Geschäftsführer), seinem Bruder Henry Murray (Chief Commercial Officer) und Christoph Hermann (Chief Design Officer) gegründet, setzt das Jungunternehmen auf nachhaltig verpackte, zuckerfreie Geschmackswürfelchen, die in Wasser aufgelöst werden. Gepaart mit viel Ambition und einer für den Getränkemarkt ungewöhnlichen Strategie will Waterdrop nicht nur die derzeitige Art des Wasserkonsums auf den Kopf stellen, sondern auch in noch wenig erschlossene Terrains des Getränkemarkts vordringen. Mit einem Team aus etwa 20 Mitarbeitern wird Waterdrop 2018, eineinhalb Jahre nach der Gründung, laut Henry Murray einen Umsatz von rund vier Millionen € erwirtschaften. Dabei operiert das Unternehmen neben dem österreichischen Markt auch in Deutschland, Dänemark und Tschechien.
Ein kurzer Rückblick: Noch bevor die Gebrüder Murray unternehmerisch tätig wurden, waren beide Berater bei der Boston Consulting Group (BCG) – wo auch die Gründungsidee entstand. Auf einer ihrer Geschäftsreisen fand Martin Murray die Auswahl an Getränken im Flugzeug nicht nur mager, sondern auch zu ungesund. Da griff er zur einzigen Alternative: Wasser. „Hier kam mir dann der Gedanke, warum es eigentlich kein kleines, handliches Produkt gibt, das ich mit mir herumtragen, ins Wasser mischen und es so geschmacklich aufpeppen kann.“ Ein neues Produkt war geboren: der Microdrink.
Das war im März 2015. Ganz in ökonomisch-pragmatischer Manier befassten sich Martin und Henry Murray, zwischenzeitlich bereits Ex-Unternehmensberater, fast ein Jahr lang mit Marktanalysen. Ihre Erkenntnisse daraus: „Die Art, wie wir derzeit Getränke konsumieren, ist nicht nur ungesund, sondern auch verschwenderisch. Die meisten Getränke sind in Plastik verpackt und werden um die ganze Welt verschifft, bis sie in den Regalen unserer Supermärkte landen. Das machen wir seit 70, 80 Jahren so. Da hat sich kaum etwas getan“, sagt Henry Murray. Außerdem habe die Getränkeindustrie wichtige Makrotrends verschlafen: Onlinehandel, die Individualisierung des Wasserkonsums und der Umgang mit Nachhaltigkeit. „Wir glauben daran, dass der Zukunftsmarkt im individuellen, dezentralen Wasserkonsum liegt, also nur wirklich auf das Wasser vor Ort zurückgegriffen wird, und nicht auf eines, das vom anderen Ende der Welt kommt. Unser Konzept gab es am Getränkemarkt so noch nicht“, so Martin Murray. Er erklärt weiter: „Frische extrahierte Früchte und Pflanzen, komprimiert zu einem kleinen Pulverwürfelchen, das durch jeden Wasserflaschenhals passt und in recycelbares Material verpackt ist.“ Gemeinsam mit dem deutschen Familienbetrieb Döhler, einem weltweit führenden Hersteller von Lebensmittelzusatzstoffen, wurde der kleine Geschmacksgeber entwickelt. Produziert werden die Waterdrops bis heute in Deutschland. Da kommt Co-Gründer Christoph Hermann ins Spiel: er verantwortet das gesamte Designkonzept von Waterdrop – so auch die recycelbare Hülle. „Besonders bei der Verpackung haben wir sehr lange überlegt, bis wir zu dieser eleganten und nachhaltigen Lösung kamen“, sagt Hermann, der vor seiner Zeit bei Waterdrop in London als Produktdesigner tätig war. Nach fast zwei Jahren Vorbereitung, rund 1,5 Millionen € Investitionen in Forschung & Entwicklung sowie einer ersten Finanzierungsrunde kam Waterdrop schließlich im Jänner 2017 auf den Markt. Mittlerweile hat das Unternehmen neben den drei Gründern weitere elf Gesellschafter aus der ganzen Welt. Insgesamt flossen laut Murray bis heute 3,5 Millionen € in die Firma.
Henry Murray
Geboren in Glasgow, aufgewachsen in Salzburg. Nach dem Studium der IBWL in Wien sowie Auslandsstudien in Südkorea und China verschlug es Murray nach London zu einem MSc.-Geschichtsstudium an die LSE. Nach einer kurzen Station im Private Equity bei Morgan Stanley heuerte Murray bei der Boston Consulting Group (BCG) an. Heute ist er CCO bei Waterdrop.
Christoph Hermann
Nach seinem Architekturstudium in der Meisterklasse Zaha Hadid an der Universität für Angewandte Kunst heuerte Hermann beim Industriedesigner Ross Lovegrove in London an. 2013 gründete er sein eigenes Designbüro, kehrte aber 2015 für das PhD-Programm Innochain nach Wien zurück. Diesen Weg brach er ab, um mit Wieser und Murray Waterdrop zu gründen.
Martin Donald Murray
Wie sein Bruder Henry hat Martin Murray schottische Wurzeln – und führt so auch namentlich die schottische Familienlinie fort. Murray wuchs ebenfalls in Salzburg auf. Er studierte in Wien und Mailand IBWL und ging danach für vier Jahre zur BCG. Nach seinem MBA (Insead) in Singapur kündigte Murray seinen Beraterjob und wurde CEO von Waterdrop.
In Größe und Gewicht klein gehalten, eignet sich das Produkt besonders für den Onlinehandel. Darauf hatten es die Gründer von Beginn an abgesehen: ein Absatzkanal, der für Getränke atypisch ist. Auch die ausschließliche Bewerbung von Waterdrop über Social-Media-
Kanäle gilt als eher unüblich in der Branche: „Die Marke ging, wie wir sagen würden, viral“, so Martin Murray. Mit über 33.000 Likes auf Facebook und rund 22.000 Followern auf Instagram gehört Waterdrop laut eigenen Angaben im deutschsprachigen Raum mittlerweile zu den Top-Unternehmen in Sachen Social-Media-Marketing. Zusätzliche Marketingaktivitäten fanden sich in Form von Pop-up-Stores in Wien: zuerst auf der hoch frequentierten Einkaufsmeile Mariahilfer Straße, dann in den beiden großen Einkaufszentren Shopping City Süd (SCS) und Donauzentrum. Dazu befindet sich in Salzburg noch ein Pop-up-Store. Auf allen Kanälen konnten bis dato mehr als zehn Millionen der Waterdrop-Würfel verkauft werden – die meisten online.
Zusätzlich wurde mit der Drogeriekette Bipa früh ein Partner am österreichischen Markt gefunden. Eine Partnerschaft, die die Gründer für den deutschen Markt, in dem heute rund 50 Prozent der Umsätze erwirtschaftet werden, fortsetzen wollen; die Bipa-Mutter Rewe wird dabei eine große Rolle spielen. Martin Murray: „Ganz konkret werden wir noch 2018 mit ihnen in Süddeutschland in den Lebensmitteleinzelhandel gehen.“ Weiters betreibt Waterdrop bereits drei eigene Stores in Deutschland: zwei in München und einen in Hamburg – weitere sollen folgen.
Die Zeichen stehen jedenfalls auf Expansion. Waterdrop plant, schon bald über den deutschsprachigen Markt hinaus zu operieren. Das Vorhaben: Ab 2019 wird die Marke in den nordischen Ländern, Großbritannien, Frankreich und Spanien gelauncht – damit wäre ein beachtlicher Teil des europäischen Getränkemarktes abgedeckt, zumindest in Sachen Onlinehandel. Parallel dazu wird zudem am Markteintritt in die USA gefeilt.
Der Workload wird hier durch eine potenziell äußerst lukrative Perspektive relativiert. Denn laut dem Datenanbieter Statista wird mit Ende 2018 allein der US-Markt für nicht alkoholische Getränke ein Volumen von umgerechnet etwa 171 Milliarden € haben. Im Vergleich dazu: Der österreichische Markt für Erfrischungsgetränke und Mineralwasser betrug im Jahr 2016 4,5 Milliarden €. „Abhängig davon, wie schnell wir neue Investoren an Bord holen können, werden wir die ersten Gehversuche in den USA machen“, so Martin Murray. Und als wären die Vereinigten Staaten von Amerika nicht groß genug, liebäugelt das Trio auch mit dem südostasiatischen Markt: Singapur, Malaysia, Thailand und Indonesien sind laut den Waterdrop-Gründern besonders online-affin – optimale Voraussetzungen für das Waterdrop-Geschäftsmodell. Und wenn alles gut geht, so Martin Murray weiter, „blicken wir 2023 auf ein etabliertes Produkt, das den Getränkemarkt ordentlich aufgerüttelt hat – und sind ein Hundert-Millionen-Euro-Unternehmen.“
Text: Kevin Chi
Dieser Artikel ist in unserer Oktober-Ausgabe 2018 „Handel“ erschienen.