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Die Macht der vier Tech-Konzerne Apple, Amazon, Google-Mutter Alphabet und Facebook ist unumstritten, und sie wächst. Sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA wird daher diskutiert, ob und wie die Marktmacht der Internetriesen eingeschränkt werden sollte. Ob das sinnvoll ist? Unser Chefredakteur Klaus Fiala im Leitartikel der aktuellen Ausgabe „Smart Cities".
Die Zahlen sind gigantisch: 2019 machten die vier Tech-Konzerne Apple, Amazon, Google-Mutter Alphabet und Facebook zusammen 773 Milliarden US-$ Umsatz. Die kombinierten Cashreserven der vier Unternehmen liegen bei 420 Milliarden US-$, die potenzielle Kundenzahl – alle Personen mit Internetzugang – beträgt 4,6 Milliarden Menschen. Und: Die Riesen stellen, gemessen an der Marktkapitalisierung, vier der fünf wertvollsten Konzerne weltweit dar (der Fünfte im Bunde ist übrigens Microsoft). Die Macht dieser Unternehmen ist unumstritten, und sie wächst. Doch der damit einhergehenden Verantwortung werden die vier Konzerne in den Augen vieler nicht immer gerecht: Amazon und Google wird vorgeworfen, ihre Marktmacht zur Behinderung potenzieller Konkurrenten zu nutzen, Apple soll den Apple Store zum Nachteil der Entwickler ausnutzen – und Facebook hat seit geraumer Zeit mit Vorwürfen grober Desinformation auf der eigenen Plattform zu kämpfen.
Sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA wird daher diskutiert, ob und wie die Marktmacht der Internetriesen eingeschränkt werden sollte. Zuletzt waren die CEOs von Apple, Amazon, Alphabet und Facebook vor den US-Kongress geladen, um sich den kritischen Fragen der Politiker zu stellen. Doch die Maßnahmen, die auf dem Tisch liegen, fußen auf veralteten Ideen wirtschaftspolitischer Interventionen und einem eingerosteten Verständnis von modernen Marktdynamiken – denn die ökonomische Theorie, wonach Monopole ein Problem sind, weil Produzenten zu hohe Preise festsetzen und damit Konsumenten benachteiligen, funktioniert in einer Welt, in der die größten Unternehmen für ihre Produkte und Dienstleistungen kein Geld verlangen, nicht.
Dass die verwendeten Ansätze nicht (mehr) greifen, zeigt der Track Record der EU: Das Team rund um Kommissarin Margrethe Vestager verbrachte Jahre damit, Googles Aktivitäten zu untersuchen; schließlich wurden Strafen in Höhe von mehreren Milliarden € verhängt. Geändert hat sich dadurch wenig bis nichts, Googles Geschäftspraktiken blieben unberührt. Auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die 2016 eingeführt wurde und massive Eingriffe beim Umgang mit Daten mit sich brachte, blieb großteils wirkungslos.
Der Wettbewerb in unseren heutigen, auf ungeheuren Datenmengen basierenden Märkten verlangt ein ganz neues Verständnis des Zwecks von Regulierung. Die Ansätze, die bei Fusionen von Industriekonzernen wie Siemens und Alstom zur Anwendung kommen, sind nicht mehr akkurat – denn einer der wichtigsten Wettbewerbsvorteile von Unternehmen ist heute die Geschwindigkeit, mit der sie mittels Algorithmen lernen: über ihre Kunden, über die Zukunft, über die sie umgebenden Phänomene. Und da haben die Tech-Riesen mit künstlicher Intelligenz und ungeheuren Datenmengen einen großen Vorsprung. Dass wir Europäer uns gerne über Verstöße gegen die Privatsphäre empören, zugleich jedoch mehr Daten denn je teilen, kommt erschwerend hinzu.
Das alles soll nicht heißen, dass die EU nicht mehr regulieren sollte. Doch bis ein sinnvolles Regelwerk besteht, das auf die neuen Umstände eingeht, kann es Jahre dauern. Und bis dahin wäre es vielleicht klüger, einfach mal gar nichts zu tun.
Der Artikel erschien in unserer Juli/August-Ausgabe 2020 „Smart Cities“.