Waffen­gleichheit

In der Schweiz wird eine Taxi-Regulierung vorangetrieben – und das in einem noch größeren Ausmaß als in den Nachbarländern. So soll das Wettbewerbs-Ungleichgewicht abgebaut werden. Ein Gastkommentar von Andreas Abegg.

Die Taxi-Regulierung in der Schweiz geht über das Maß ihrer Nachbarländer hinaus. Verschiedene politische Vorstöße verlangen nun, Regulierungen im Taxigewerbe abzubauen. Sie fordern „gleich lange Spieße“ für das Taxigewerbe, weil sich neue Fahrdienstangebote wie Uber nicht an die Regeln halten würden. Vermittlungsplattformen wie Uber verstehen sich als technische Vermittlung von Angebot und Nachfrage, nicht als Taxiunternehmen. Uber-Fahrer ihrerseits verstehen sich nicht als Taxifahrer: Sie verzichten auf eine Kennzeichnung des Autos und verfügen regelmäßig nicht über den erforderlichen Eintrag im Führerausweis und im Fahrzeugausweis. Dies führt dazu, dass sich ­Arbeits- und Ruhezeitenvorschriften bei Uber-Fah­rern kaum überprüfen lassen, was als Wett­bewerbsverzerrung wahrgenommen wird.

Ein Abbau der schweizerischen Taxi-Regulierung ist begrüßenswert: Aufwendige Behördenkontrollen werden abgebaut und Uber gewinnt Rechtssicherheit, während das Taxigewerbe zusätzliche Freiheiten im Wettbewerb erhält.

Poträt: Andreas Abegg, Professor ZHAW School of Management and Law, Uber

Andreas Abegg ist Rechtsanwalt in Zürich und Professor für Öffentliches Wirtschaftsrecht an der ZHAW School
of Management and Law.

Besagter Abbau der traditionellen Taxi-Regulierung führt aber nicht zur geforderten Waffengleichheit, denn die neue Welt der Plattformen ist nicht mit dem traditionellen Gewerbe vergleichbar: Die bisher vorgeschriebenen Taxameter und die behördlich überwachten Ruhe- und Qualitätsvorschriften dienten in der analogen Welt dazu, das erhebliche Informationsungleichgewicht zwischen dem Taxifahrer und seinen Kunden zu kompensieren – zugunsten Verkehrssicherheit und Konsumentenschutz. Die Plattformökonomie von Uber und Konsorten hat dieses Problem des Informationsungleichgewichts allerdings bereits auf alternativen Wegen – und zwar durch ihre Bewertungssysteme – gelöst. Diese schaffen starke Anreize für vorbildliches Verhalten. Fahrer verpflichten sich gegenüber ihren Vermittlungsplattformen zur Einhaltung von gewissen Standards, und Kunden können sich im Falle von Nichteinhaltung derselben bei den Plattformen beschweren. Ein Abbau von Verkehrs­sicherheit und Konsumentenschutz mag dagegen bei jenen Anbietern von Fahrleistungen eintreten, welche keine entsprechenden Bewertungsmöglichkeiten kennen und weder der klassischen Regulierung noch einem Bewertungssystem unterstehen. Es ist aber zu erwarten, dass diese Anbieter vergleichbare Lösungen zum Kundenschutz einführen werden müssen, um im Wettbewerb zu bestehen.

Eine Intensivierung des Wettbewerbs könnte indes zu einem Sinken der Preise und zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der unselbstständigen und selbstständigen Taxifahrer führen. Die Verschärfung des Wettbewerbs wäre rein volkswirtschaftlich zwar ein gewünschter Effekt, da die Taxibranche nicht von diesem ausgenommen ist und mit verstärktem Wettbewerb eine höhere Innovationsbereitschaft und bessere Preis-Leistungs-Verhältnisse erwartet werden können. Negative Effekte, welche bei den einzelnen Taxifahrern durchaus eintreten können, sind indes im Auge zu behalten und durch die bestehende Sozialgesetzgebung aufzufangen. Je mehr disruptives Potenzial einer Innovation in der Marktwirtschaft zukommt, desto mehr bedarf sie einer gewissen sozialen Akzeptanz.

Illustration: Valentin Berger

Dieser Artikel ist in unserer Dezember-Ausgabe 2018 „Sharing Economy“ erschienen.

Gastkommentar

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