Vertrauen & Kontrolle

Die Oesterreichische Kontrollbank trägt in Sachen Exportwirtschaft und Kapitalmarkt maßgeblich zum Funktionieren von Österreichs Wirtschaft bei. Mit dem Einsatz der Blockchain-Technologie sowie ersten Gehversuchen in der Start-up-Welt will die Bank sich nun weiterentwickeln – auch wenn das Geschäftsmodell deshalb wohl auch in Zukunft nicht auf den Kopf gestellt werden dürfte.

Vertrauen und Kontrolle – es sind zwei für das Zustandekommen von Geschäften, insbesondere grenz­überschreitenden, essenzielle Werte, die die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) als Grundpfeiler ihres Geschäftsmodells anbietet. Denn als zentrale Instanz für Export­kredite und Finanzmarktservices hilft die Organisation der Wirtschaft dabei, Waren und Dienstleistungen ins Ausland zu verkaufen – und unterstützt den Kapitalmarkt als Infrastrukturanbieter zudem bezüglich seines reibungslosen Funktionierens.

Dabei hat die OeKB mit ihrer über 70-jährigen Geschichte mehr zu tun denn je. Denn Österreichs Exportwirtschaft läuft rund – 2017 wurde im Wert von 147,5 Milliarden € exportiert, ein Plus von 8,8 Prozent. Davon profitiert auch die Kontrollbank, denn der Haftungsumsatz (Absicherungen oder Finanzierun­­gen rund um den Export, Anm.) lag bei 5,4 Milliarden € – Rekord. Helmut Bernkopf, eine Hälfte des Vorstandsduos der OeKB, stellt auch für 2018 eine solide Prognose: „2018 wird das Ergebnis etwas niedriger ausfallen, aber noch immer auf hohem Niveau liegen.“

Und das, obwohl die Entwicklungen für die Exportwirtschaft aktuell alles andere als ideal verlaufen. Denn das verbale Aufrüsten der Großmächte USA und China ist kein Wunschszenario für die OeKB. Hinzu kommen eine durch die Währungskrise verursachte instabile Situation in der Türkei und wirtschaftliche Sanktionen des Westens, die wichtigen Export- und Wachstumsmärkten schaden. Bernkopf dazu: „Die Sanktionen in Russland sind einfacher zu verarbeiten als beispielsweise jene im Iran, da sie sich auf bestimmte Personen, Unternehmen oder Geschäfte konzentrieren. In der Türkei ist eine Zurückhaltung bei Exporteuren und Investoren zu spüren. Die Situation im Iran ist ziemlich schwierig. Treten die Sanktionen im November in Kraft, verschärft sich die Situation nochmals.“

Angelika Sommer-Hemetsberger
studierte Betriebswirtschaft an der Grazer Karl-Franzens-Universität, bevor sie sich zur Unternehmensberaterin ausbilden ließ. 1998 wechselte sie zur Oesterreichischen Kontrollbank, wo sie ab 2002 als Prokuristin und ab 2007 als Leiterin des Rechnungswesens tätig war. Seit 2014 gehört sie dem OeKB-Vorstand an.

Angepasst hat die OeKB ihre Strategie jedoch trotz der Situation kaum, Deckungen seien laut Bernkopf weiterhin auch in der Türkei, Russland und dem Iran möglich. Zudem sei schwer abzuschätzen, wie relevant die Geschehnisse wirklich sind. „Bedrohungen, etwa ein Handelskrieg, könnten vor allem für KMU gefährlich sein. Wie stark ein solcher Streit zwischen den USA und China ein kleines Land in Europa aber wirklich treffen würde, ist aktuell schwer zu sagen.“ Es ist nicht die erste turbulente Zeit, die die OeKB auf der Bühne der Weltwirtschaft erlebt. Gegründet 1946, war die erste Aufgabe des Hauses der Wiederaufbau des österreichischen Kreditwesens. Schon damals stand die OeKB im Besitz der großen Banken Österreichs, und das ist bis heute der Fall. Der erste große Wurf war die Ausgabe der ersten Staatsanleihe nach dem Zweiten Weltkrieg, 1946.

Helmut Bernkopf und die zweite Hälfte des Vorstands, Angelika Sommer-Hemetsberger, führen die OeKB einerseits als privatwirtschaftliches Unternehmen, andererseits fußt das Geschäftsmodell auch auf Mandaten der Republik Österreich. Neben Export- und Kapitalmarktservices umfasst das Portfolio heute auch die Entwicklungsfinanzierung (über die Tochter Oesterreichische Entwicklungsbank, OeEB) und Softwarelösungen (OeKB Business Services) sowie Dienstleistungen für den Energiemarkt. Doch auch die OeKB könnte von neuen Technologien massiv herausgefordert werden. Denn die Bereitstellung von Vertrauen und Kontrolle – zwei Eckpfeilern des Geschäftsmodells vieler Intermediäre – könnte in Zukunft von der Blockchain übernommen werden, einem dezentralen, transparenten Handelsregister, das Transaktionen fälschungssicher und deutlich effi­zienter werden lassen soll.

Insbesondere in der Finanzbranche erwarten Blockchain-Anhänger eine massive Umwälzung, die die Rolle von Intermediären infrage stellen könnte. Angelika Sommer-Hemetsberger, die in der OeKB unter anderem für Technologien und Kooperationen mit Start-ups verantwortlich ist, teilt diese radikale Ansicht nicht: „Ich denke nicht, dass Intermediäre völlig abgelöst werden, gerade in einem Bereich wie unserem, wo viele Lösungen maßgeschneidert angeboten werden.“ Doch das Potenzial ist nicht zu leugnen. Denn auch heute noch gelten etwa Transaktionen im Bereich Trade Finance als umständlich, langwierig und mühsam. Eindrucksvoll beweisen konnte das etwa die britische Bank Barclays 2016: In Kooperation mit einem israelischen Start-up wurden Exportgarantien für Käse und Butter im Wert von 100.000 US-$ von der irischen Genossenschaft Ornua an die Seychelles Trading Company ausgestellt. Barclays bezeichnete den Vorgang damals als erste Handelstransaktion, die die Blockchain einsetzte. Der Vorgang, der normalerweise sieben bis zehn Tage benötigen würde, um abge­wickelt zu werden, dauerte in diesem Fall nur vier Stunden.

Doch die OeKB ist hier aufmerksam: „Die Sicht auf die Blockchain-Technologie ist hier im Haus eine durchaus positive. Wir beobachten die Dinge intensiv und haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Tests durchgeführt. Mittlerweile gibt es einen konkreten Use Case.“ Damit meint Vorständin Sommer-Hemetsberger die Auktion von Bundesanleihen, die seit Kurzem von der Ethereum-Blockchain unterstützt wird. Im Konkreten wird damit bei der Notarisierung der Daten die Unverfälschtheit und Sicherheit gewährleistet. Erstmals zum Einsatz kam die Technologie bei der im Oktober absolvierten Neuaufnahme von 1,15 Milliarden €. Nicht ohne Stolz bezeichnete die OeKB sich durch die Einführung als „Vorreiter in Europa“.

Helmut Bernkopf
war lange Jahre in verschiedenen Führungspositionen für die Bank Austria bzw. deren Mutter Unicredit tätig. Zuletzt verantwortete er das Privat- und Firmenkundengeschäft im Vorstand der Bank. Seit 2016 ist der studierte Handelswissenschafter im Vorstand der OeKB und bekleidet nebenbei einige Aufsichtsratsmandate, etwa bei der Lenzing AG.

Trotz erster Einsatzgebiete – neben der Notarisierung von Daten ist für Sommer-Hemetsberger etwa auch die Aufsetzung eines zentralen Registers denkbar, um Transparenz und Effizienz zu erhöhen – will die Bank die Blockchain nicht als Allheilmittel sehen: „Die Technologie ist momentan noch zu schwerfällig und langsam, um Massentrans­aktionen abzuwickeln. Wir müssen uns aber sehr wohl fragen, wo ein Mehrwert für unsere Kunden erzielbar ist.“

Trotz dieser Fortschritte kann (und will) die OeKB aber nicht von einem Tag auf den anderen auf Start-up-Modus umschalten. Die Partnerschaft mit dem Wiener Start-up-Zentrum Wexelerate zeigt aber dennoch eine gewisse Sehnsucht nach neuen Ideen. Wirklich konkret wurde dabei aber noch nichts: Erste Kooperations­versuche mit dem Start-up Giromatch zum automatischen Auslesen von Bilanzen wurden nach der Pilotphase eingestellt.

In welcher Art und Weise die OeKB letztendlich aber mit Start-ups zusammenarbeiten will, ist heute noch nicht klar. Sommer-­Hemetsberger: „Denkmöglich ist bezüglich Start-ups vieles. Wir sind aber momentan eher in der Phase der Kooperation. Über die nächsten drei Jahre sehen wir keine Übernahme. In den nächsten fünf bis zehn Jahren ist das aber – oder auch eine Beteiligung – vielleicht denkbar.“ Letztendlich ist die OeKB aber sowieso in einem flexiblen, aber doch vorgegebenen Rahmen unterwegs. Und fährt mit ihrem Geschäftsmodell an der Schnittstelle zu Unternehmen – egal ob exportierend oder am Kapitalmarkt partizipierend – durchaus erfolgreich. Einschränken wollen sich die beiden Vorstände deshalb aber noch lange nicht.

Sommer-Hemetsberger: „Für die Zukunft sind neue Themen wie Plattformen, Wissensvermittlung oder Netzwerke – auch auf persönlicher Ebene – sehr relevant für uns. Dass wir jetzt etwas komplett Neues machen, ist nicht absehbar. Aber verwandte Bereiche, die zu unserem Geschäftsmodell passen, das würde ich durchaus als sinnvoll und machbar erachten.“ Darauf anspielend scherzt Helmut Bernkopf zum Schluss unseres Gesprächs noch, dass man wohl nicht den Bäcker ums Eck eröffnen werde. Egal, wohin das Geschäftsmodell sich aber auch entwickeln mag: Vertrauen und Kontrolle werden auch in Zukunft eine große Rolle für den Doppelvorstand der OeKB spielen. Inwiefern das Konzept dann von einer Technologie wie der Blockchain unterstützt wird – oder auch nicht – wird sich zeigen. Dass die OeKB sich experimentierfreudig zeigt, haben die Vorstände fürs Erste jedenfalls bewiesen.

Dieser Artikel ist in unserer Oktober-Ausgabe 2018 „Handel“ erschienen.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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