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Es gibt noch viel Innovationspotenzial in der Finanzbranche. Wir sprachen mit Co-Gründer und CEO Andreas Iten und Head of Europe Marc Hauser über die Zukunft von Fintech und die Expansion des Schweizer Fintech-Inkubators. Seit acht Jahren als F10 bekannt will das Unternehmen mit der neuen Marke unter dem Motto „Von zehn bis in die Unendlichkeit“ die Zukunft von Fintech noch stärker vorantreiben.
Tenity – so heißt F10 seit Mitte Februar und will damit seine globale Rolle im Fintech-Markt festigen. CEO Andreas Iten versichert aber lachend: „Wir sind immer noch dieselben!“ Tenity hat sich in den letzten acht Jahren vor allem in der Schweizer Fintech-Szene als Inkubator und Innovations-Ökosystem einen Namen gemacht. Dabei arbeitet Tenity mit etablierten Unternehmen, Start-ups und Investoren zusammen und orchestriert damit ein fruchtbares und innovatives Netzwerk, in welchem alle Teilnehmer profitieren. Seine Programme richten sich dabei an Gründer in der Frühphase, die hart an der Festigung ihres Unternehmens arbeiten, ebenso wie an Start-ups in der Wachstumsphase, die mit Tenitys Unternehmenspartnern für Pilotprojekte kooperieren.
Tenity wurde 2015 ins Leben gerufen und bis heute hat sich viel bei dem Inkubator getan. Ursprünglich wurde das Unternehmen als Non-Profit-Spin-off von Six, dem treibenden Unternehmen für Finanzplatz-Infrastruktur in der Schweiz und Spanien, gegründet. 2020 folgte ein Management-Buy-in mit externer Finanzierungsrunde, um das Wachstum zu beschleunigen. In dieser Zeit hat Tenity nach Singapur, Spanien und seit Neuestem in die nordischen und baltischen Länder expandiert. Dabei ist Tenity stets dem Motto treu geblieben, Innovation im Fintech-Bereich zu fördern, denn die Konkurrenz am Inkubatormarkt ist groß. Doch sowohl Iten als auch Hauser sind davon überzeugt, dass gerade wegen ihres Fokus auf Fintech und ihres gefestigten und großen Netzwerks einer noch weiteren Expansion von Tenity nichts im Weg steht.
Jetzt habt ihr gerade eure neue Marke lanciert – was waren die Gründe für das Rebranding?
Andreas Iten (AI): Tenity ist inspiriert von unserer Vergangenheit und unseren Ambitionen für die Zukunft: „Über zehn hinaus, bis in die Unendlichkeit“. Das ist natürlich sehr metaphorisch formuliert, repräsentiert aber unser Wachstum, nicht nur geografisch, sondern auch jenes unseres Angebots.
Marc Hauser (MH): Es ist eine Manifestierung dessen, was sich bereits unter der Haube verändert hat. Im Namen Tenity spiegeln sich all die Veränderungen wider, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, sprich: unser Management-Buy-in, die externe Finanzierungsrunde, die Internationalisierung und unser expandierendes Angebot, wie zum Beispiel unser neuer Fonds, der in Start-ups der Frühphase investiert.
Wieso kommen Investoren und Unternehmen zu Tenity?
MH: Als Spin-off von SIX sind wir tief in der Corporate Innovation verankert. Unser Ziel ist es hier, die Innovationskraft in Unternehmen zu fördern. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass ein großer Teil der Innovation außerhalb der Unternehmen passiert, genauer gesagt in Start-ups. Daher fokussieren wir stark auf das Open-Innovation-Modell, um Innovation von Start-ups in Unternehmen zu bringen, das heißt: Innovationspotenziale unserer Partner zu identifizieren, um sie dann mit den passenden Start-ups zusammenzubringen. Denn viele der zukunftsweisenden Lösungen und Technologien werden von Start-ups getrieben und Open Innovation ist oftmals effizienter und kostenschonender, als die Lösung im Unternehmen selbst zu entwickeln.
Für Investoren bieten wir Zugang zu den vielversprechendsten Start-ups der Fintech- und Insurtech-Szene. Die Corporate-Seite überlappt sich auch mit der Investorenseite, denn viele unserer Corporate-Partner investieren im Zuge der Kooperation auch in unseren Fonds. Mit diesem Fonds werden wir innerhalb von vier Jahren in über 400 Start-ups investieren, die durch unsere Programme gehen. Dabei können Investoren sehr früh vielsprechende Start-ups kennenlernen und mitverfolgen, wie wir den Start-ups einen „unfairen“ Vorteil verschaffen.
Was bietet ihr also den Start-up-Gründern konkret an?
MH: Bei den Start-ups unterscheiden wir zwischen zwei Phasen. Zum einen wäre da das Inkubationsprogramm für die Anfangsphase eines Start-ups. Hier geht es vor allem darum, die Produktideen zu schärfen, zu validieren und am Markt zu testen. In diesem Stadium ist es auch wichtig, Kontakte zu Investoren herzustellen, das heißt, Business Angels anzuziehen und VCs ins Boot zu holen. Außerdem wollen wir in dieser Phase den Gründern so viel Wissen und Erfahrung wie möglich mit auf den Weg geben, damit sie nicht alte Fehler repetieren, sondern lieber neue, kreative Fehler machen. In der zweiten Phase geht es dann darum, das Start-up mit unseren Corporate-Partnern zusammenzubringen, um die Innovation mittels Kollaborationen weiter zu vertiefen.
Wo profitiere ich als junges Unternehmen von Inkubatoren und Acceleratoren?
AI: Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es Start-ups ohne Inkubatoren um einiges schwerer haben. Wenn es uns in der Schweiz schon vor 20 Jahren gegeben hätte, würde die Start-up-Szene hier heute wohl anders ausschauen. Damals gab es so etwas hauptsächlich in den USA und man sieht, was für einen Vorteil das der Tech-Branche verschafft hat. Ob man sich jetzt als Start-up für einen Inkubator entscheidet, hängt natürlich von den Bedingungen und der Qualität des Inkubators ab. Der Markt ist in den letzten Jahren enorm gewachsen und es gibt mittlerweile 400 verschiedene Inkubatoren allein in Europa. Wenn man sich für den richtigen entscheidet, erhält ein Start-up dann im Anschluss die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft: ein erfahrenes Netzwerk an Spezialisten, Investoren und anderen Gründern.
Wie hebt sich denn Tenity von der großen Konkurrenz ab?
AI: Einer der größten Differenzierungsfaktoren ist bestimmt, dass wir seit 2015 unserem Gebiet, nämlich Innovation für die Finanz- und Versicherungsbranche, treu geblieben sind. Sprich: Schuster, bleib bei deinem Leisten! Es gibt genug Inkubatoren, die sich auf jeden Trend stürzen. Wir machen das, was wir sowieso schon gut können und was uns im Blut liegt. Außerdem bieten wir Start-ups ein erfahrenes und großes Netzwerk, denn der Austausch untereinander ist für frische Gründer am wichtigsten. Wir legen außerdem großen Wert darauf, dass wir das Teambuilding unter den Gründern fördern, weil wir der Meinung sind, dass ein guter unternehmensinterner Zusammenhalt das A und O eines erfolgreichen Unternehmens ist.
Sie haben es schon angesprochen, Tenity gibt es ja mittlerweile nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern. Was war die Intention hinter der Expansion? Werden in Zukunft noch weitere Länder hinzukommen?
AI: Wir haben gesehen, dass es auch in anderen Ländern einen Markt für unser Angebot gibt. Vor allem in Singapur, wohin wir zuerst expandiert haben, ist der Fintech-Markt ausgesprochen groß und attraktiv. Diesen Staat kann man auch in vielerlei Hinsicht mit der Schweiz vergleichen: Singapur ist klein, hat eine hohe Zahlungskraft, eine gute Infrastruktur und ist gut vernetzt. Außerdem sind viele unserer Schweizer Partner auch in Singapur tätig. Grundsätzlich ist es aber auch wichtig, die richtigen Opportunitäten zu packen – ganz nach dem Motto „Execution eats strategy for breakfast“. Die nordischen und baltischen Länder sind unser neuester Zuwachs. Dort gibt es auf jeden Fall viel Potenzial und Innovation am Fintech-Markt, insbesondere im Bereich der nachhaltigen Finanzen. Zudem sind die Rahmenbedingungen sehr gut und es gibt viele talentierte Menschen.
Und wie sieht die Zukunft von Tenity aus?
MH: Auf jeden Fall wollen wir unsere geografische Präsenz weiter ausbauen. Wohin genau, können wir hier noch nicht enthüllen; wir werden uns stark darauf fokussieren, Rahmenbedingungen zu schaffen, um in möglichst viele vielversprechende Start-ups zu investieren. Außerdem sehen wir uns auch andere finanznahe Branchen an. Natürlich bleiben wir der Fintech- und Insurtech-Szene treu, aber es ergibt viel Sinn, den Horizont etwas zu erweitern. Wir werden aber auf jeden Fall unserem neuen Namen alle Ehre machen und über die Nummer zehn hinauswachsen! (lacht)
Andreas Iten ist CEO und Co-Gründer von Tenity, sein Kollege Marc Hauser ist Head of Europe des Unternehmens. Tenity steht für Innovation in der Versicherungs- und Fintech-Branche.
Fotos: Lukas Lienhart