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Auf dem Kapitalmarkt zählt jetzt Profitabilität statt starkes Wachstum
Möglichst viel Kapital einzusammeln gilt vielfach als Beweis für ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Bis vor Kurzem zeigten sich Investoren auch sehr spendabel – doch das ist (vorerst) vorbei: Die Krise um die Silicon Valley Bank ist nur die Spitze des Eisbergs einer Entwicklung, die bewirkt, dass es Start-ups auf dem Kapitalmarkt schwerer haben. Selbst in Branchen, die laut Marktanalysen resilienter als andere sind, hat das Investitionsvolumen stark nachgelassen; etwa in der Edtech-Branche, die ihre Resilienz nicht zuletzt ihrer gesellschaftlichen Relevanz verdankt.
Die Investitionen in Edtechs sind von 20,1 Mrd. US-$ im Jahr 2021 auf 9,1 Mrd. US-$ im vergangenen Jahr gesunken. Das geht aus dem Edtech Funding Report von Brighteye Ventures hervor. Vor allem die Höhe der investierten Summen ist kleiner: 2022 brauchte es 26 Deals mehr, um auf nicht einmal die Hälfte der Beträge von 2021 zu kommen.
Eine weitere Entwicklung: Geldgeber schauen nun genauer hin. Neben Idee und Impact zählen vor allem wirtschaftliche Faktoren – Kostenstrukturen, Margen, Runway und auch die anvisierte Profitabilität sind wichtige Indikatoren für eine Investitionsentscheidung. Daher ist es für Start-ups wichtiger denn je, ihr Augenmerk auf Profitabilität statt auf starke Skalierung zu legen. Die Devise lautet: Gute Zahlen statt Wachstumsversprechen.
Gründer sollten keine Luftschlösser bauen und realistisch bleiben, statt Daten zu beschönigen, um hohe Summen einzusammeln. Es ist wichtig, das eigene Standing im Markt zu kennen und darauf fußend ambitionierte Ziele zu formulieren. Das zahlt auf die derzeitige zögerliche Haltung der VCs ein. Start-ups sollten mit Bedacht agieren und dabei vor allem auf drei Dinge achten:
1. Vor Investorengesprächen die Hausaufgaben machen.
Basic-Zahlen, Unit Economics und KPIs: Wer seine Kosten, Margen und den Preis pro Kunde kennt, weiß, was etwa für Marketing- und Salesmaßnahmen investiert werden kann und wo die Grenzen des Geschäftsmodells liegen.
2. Eigene Profitabilität testen.
Einmal alle Wachstumsausgaben herunterdrehen und schauen, wie lange es dauert, bis man schwarze Zahlen schreibt – das liefert einen guten Überblick über das eigene Potenzial.
3. Kapital wohlüberlegt einsammeln.
Wie viel Kapital wird wirklich gebraucht? Kleinere Runden und realistische Bewertungen schützen Gründer vor Downrounds und erhöhen die Chance auf einen möglichen Exit. Das frische Geld sollte mit Bedacht eingesetzt werden: Investments in bestimmte Unternehmensbereiche wie ein Ausbau der Technologie oder der IT-Kapazitäten zahlen sich am stärksten aus.
In der Krise bestehen nur die Geschäftsmodelle, die den Profitabilitätscheck schaffen – und wer nachweisen kann, dass es verlässliche Einnahmequellen gibt, und finanzielle Mittel nachhaltig einsetzt, wird zu den Gewinnern zählen.
Massimo Cancellara ist CEO und Co-Gründer des Edtechs Easy-Tutor. Auch nach dem Edtech-Boom während der Coronapandemie und trotz des global angespannten Kapitalmarkts stehen die Zeichen des Start-ups auf gesundes Wachstum – erst Ende Dezember letzten Jahres sammelte Easy-Tutor 4,8 Mio. € ein.
Text: Massimo Cancellara