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15 Jahre ist die Finanzkrise her – „Too big to fail“ ist dennoch hochaktuell. Denn selbst nach Jahren schwerer Verfehlungen und Skandale wird die Credit Suisse aus ihrer Schieflage gerettet; zwar nicht direkt vom Staat, aber unter massiver Unterstützung staatlicher Institutionen. Die Schweiz übernimmt die Garantie für Verluste in der Höhe von bis zu neun Mrd. CHF – und somit auch der Steuerzahler.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Übernahme durch die UBS und stellt rund 100 Mrd. CHF an Liquiditäts-Tools zur Verfügung. Auf der anderen Seite der Welt kündigt die US-Regierung außerordentliche Maßnahmen an, um alle Einlagen bei der gestürzten Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank zu garantieren. Das Spiel kennen wir bereits aus dem Jahr 2008.
Inmitten dieser angespannten Situation könnte die US-Notenbank Fed für weiteren Stress sorgen. Kritiker gehen sogar so weit, zu sagen, sie sei der Grund für den größten Bankenkollaps seit der Finanzkrise – denn inmitten einer großen Nervosität an den Finanzmärkten erhöhte die Fed den Leitzins erneut, nun auf 4,75 bis 5 %. Damit ist dieser Wert so hoch wie seit 2007 nicht mehr. Die fallenden Anleihenpreise lassen die Portfolios der Investoren zusammenschrumpfen.
Dass die UBS den größten Konkurrenten Credit Suisse quasi über Nacht – um einen Spottpreis, unter Beteiligung der Regierung, ohne Due Diligence und durch eine Aushebelung der Aktionärsrechte – übernehmen konnte, zeigt, wie knapp die Situation war. Während die Einlagen bei der Silicon Valley Bank staatlich garantiert wurden, wäre das in der Schweiz politisch wohl kaum möglich gewesen – die Steuerzahler hätten das schlicht nicht akzeptiert.
Dass die UBS nun eine solche Größe erreicht hat, dass die Schweiz einen Kollaps in keinster Weise überstehen könnte, ist irritierend. Es scheint, als wäre „Too big to fail“ nur eine Phrase gewesen, die wir uns 2008 vorgebetet haben, um unser Gewissen zu beruhigen. Nicht umsonst sehen die meisten befragten Fondsmanager in einer Umfrage der Bank of America ein „systemisches Kreditereignis“ als größeres Risiko als die derzeit so hohe Inflation.
Wäre die Credit Suisse kollabiert, hätte das einen dramatischen Effekt auf die globalen Finanzmärkte gehabt. Doch wie eine solche Situation angesichts der Erfahrungen von 2008 überhaupt entstehen konnte, ist gepaart mit den Ereignissen rund um die Silicon Valley Bank wirklich nicht nachvollziehbar. Regulatoren, Risikomanager, Anleger und Investoren haben geschlafen – und damit nahezu einen dramatischen Riss im Finanzsystem verursacht. Wir haben also offensichtlich doch nicht wahnsinnig viel aus dem Jahr 2008 und den „Too big to fail“-Rufen gelernt.
Sophie Schimansky
stv. Chefredakteurin