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Oliver Attensam leitet Facility-Management-Anbieter Attensam als Familienunternehmen in zweiter Generation. Bis 2030 will der Unternehmer seine 1.500 Mitarbeiter in neue Dimensionen führen.
Zwei Männer auf einer Hubarbeitsbühne werden entlang der Fassade eines Bürogebäudes in den Himmel gehoben. Ihre Arbeitskleidung: schwere Raumanzüge inklusive Astronautenhelmen – denn sie stoppen nicht in der obersten Etage des Gebäudes, sondern steigen immer höher, bis sie schließlich auf dem Mond landen. Dort angekommen greifen die beiden zu Kehrbesen und beginnen, den von Staub bedeckten Himmelskörper zu säubern. Der Clip endet, indem die beiden mit erhobenen Fegern auf einem in neuem Glanz erstrahlenden Mond dahinschweben.
Der ausgefallene Werbespot ist Teil einer umfangreichen Kampagne. Sie begleitet wiederum ein Strategiepapier, dem sich das auf Hausbetreuung und Winterservice spezialisierte österreichische Unternehmen Attensam verschrieben hat: „Attensam 2030“.
„Das Konzept wurde intern gemeinsam bei Workshops und Diskussionen schrittweise erarbeitet. Wir haben erkannt, dass es auch das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter fördert, wenn man sie über ihre eigene Zukunft nachdenken lässt“, sagt Oliver Attensam, der im Familienunternehmen seit 2004 die Verantwortung für den Standort Wien und seit 2009 jene für den gesamten Betrieb trägt. Dass die Marke Attensam den Österreichern heute beim Stichwort Hausbetreuung als Erstes in den Sinn kommt (eine Studie des Gallup-Instituts ergab, dass 30 % der Befragten hier spontan „Attensam“ nannten), sei durch „eine Reihe von Zufällen und jahrzehntelanges gesundes Wachstum“ bedingt, wie Attensam sagt.
Ing. Oliver Attensam
... ist seit 1991 im Familienbetrieb Attensam tätig. Im selben Jahr legte er die Meisterprüfung für die Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung ab. 2004 wurde er Geschäftsführer für den Standort Wien. Seit 2009 leitet Oliver Attensam die gesamte Attensam Gruppe.
Seine Eltern Grete und Hans Attensam stolperten eigentlich zufällig ins Unternehmertum. Einen genauen Geschäftsplan hatten sie damals nicht vor Augen. „Mein Vater war Vertriebsleiter einer Likörfirma, meine Mutter hatte gerade einen neuen Bürojob begonnen“, erinnert sich Attensam junior. „Sie hat ab und zu aus dem Nähkästchen geplaudert und von den Problemen bei ihrem damaligen Unternehmen Austroschnee erzählt. Mein Vater hatte immer wieder gute Ratschläge parat, die meine Mutter im Büro teilte. Das führte dazu, dass er eines Tages von der Geschäftsführung eingeladen wurde – und das Unternehmen mit einem neuen Job in der Tasche wieder verließ.“
1980 startete die Kooperation mit Austroschnee. „Ich habe die Fortschritte aus unmittelbarer Nähe miterlebt. Unsere Wohnung, die zugleich als Firmensitz fungierte, platzte schon bald aus allen Nähten. Mein Bruder und ich wurden immer mehr in die hinteren Zimmer verbannt“, lacht Attensam. Im Jahr 2008 wurde Austroschnee schließlich von Attensam aufgekauft; 1985 hatte das unternehmerische Ehepaar vom Winterservice auf allgemeine Hausbetreuung erweitert. Den Villenbesitzern im 19. Wiener Gemeindebezirk, in dem auch das Büro der Attensams lag, wurden somit neben Schneeräumung auch Hausreinigungspakete angeboten – ein Service und eine Branche, das bzw. die damals noch nicht etabliert war und von Attensam stark mitgeprägt wurde. Oliver Attensam und Bruder Clemens erlernten das Geschäft von der Pike auf.
„Meine erste wichtige Aufgabe wurde mir 1991 zuteil. Es handelte sich um die Betreuung unseres ersten PCs. Das klobige Teil kostete uns damals ein Vermögen. Damit erstellte ich die erste Kundendatenbank. Wir waren eines der ersten Unternehmen in der Branche, die so ein System integrierten“, erzählt der Unternehmer. 1998 erzielte Attensam einen Jahresumsatz von 100 Millionen österreichischen Schilling (rund 7 Millionen €, ohne Inflationsbereinigung) und beschäftigte bereits 120 Mitarbeiter. Dass Sohn Oliver irgendwann die Geschäftsleitung übernehmen sollte, war nicht von Beginn an fixiert. Denn eigentlich wollte Attensam studieren, um die Welt zu entdecken. An der Wirtschaftsuniversität Wien begann er, Betriebswirtschaft zu studieren, was aber nicht lange andauerte. „Mein Herz und mein Hirn waren einfach immer bei der Firma, von der ich ja nach wie vor ein Teil war“, so Attensam. Statt eines Universitätsabschlusses folgte die Meisterprüfung in Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung. Einer der ersten Coups der neuen Generation war, die Eltern von einer Ausdehnung des Geschäftsgebiets zu überzeugen. „Ursprünglich wollte mein Vater mit Attensam Wien keinesfalls verlassen. ‚Es gibt doch genug Häuser hier, warum also raus aus Wien?‘, sagte er immer. Den Schritt nach St. Pölten wagten Clemens und ich klammheimlich“, schmunzelt Attensam heute.
Am Ende des Tages zählen für mich die Menschen im Unternehmen Attensam.
Zur Jahrtausendwende folgte eine Gesetzesänderung, die dem Familienbetrieb in die Karten spielte: Mit dem Wegfall besonderer Kündigungsprivilegien für Hausbesorger – die, so Attensam, damals ihre Arbeit sehr flüchtig verrichteten und Gebäuden meist zugewiesen wurden – folgten neue Chancen für das Unternehmen, seine Dienstleistungen anzubieten. „Zeitweise hat uns das Geschäft wirklich überrollt“, so Attensam. Die Marktliberalisierung ermöglichte die Schaffung von 100 neuen Arbeitsplätzen; gleichzeitig wurde der heutige Hauptsitz in Klosterneuburg fertiggestellt. Nach dem Tod von Vater Hans Attensam im Jahr 2004 entschied man sich zur Gründung einer Privatstiftung. Die operativen Agenden lagen nunmehr bei den Brüdern: Während Oliver Attensam das Geschäft in Wien lenkte, trieb Clemens Attensam die Expansion in den Bundesländern voran. Neue Standorte in Graz, Linz, Klagenfurt, Salzburg und Wiener Neustadt wurden eröffnet. Doch das Unternehmen wollte nicht nur Österreich erobern.
Das Franchisemodell ermöglichte es Attensam, auch in europäischen Städten wie Berlin und Budapest Fuß zu fassen. Dem damaligen Trend zur Expansion nach Osteuropa folgten auch die Attensam-Brüder. „Andere Unternehmen, die sich in dieser Region einen Namen machen wollten, haben uns gefragt, ob wir mitgehen wollen, um für sie weiter die Hausbetreuung zu verrichten. Also expandierten wir in Länder wie Ungarn oder Rumänien. 2008 folgte dann die Wirtschaftskrise, viele der Unternehmen zogen sich wieder zurück – wir blieben über. Es war keine einfache Zeit, ich verbrachte damals gefühlt zwei Jahre eigentlich nur im Flugzeug“, erinnert sich Attensam. „Wir haben eingesehen, dass wir nicht auf zehn Kirtagen gleichzeitig tanzen können. Kurz und schmerzlos haben wir also entschieden, dass wir das Ausland wieder bleiben lassen.“ Der vollständige Rückzug war schließlich 2012 abgewickelt. Auch Clemens Attensam beschloss schließlich, neue Wege zu beschreiten und das Familienunternehmen zu verlassen. Heute ist er Geschäftsführer eines Immobilienberatungsunternehmens am Wiener Kärntner Ring, C. A. Consult. Seit 2009 fungiert Oliver Attensam somit als alleiniger Geschäftsführer von Attensam und widmete sich dabei vor allem den inneren Strukturen, um auch mit größeren Wachstumsschüben – zu denen es in der Vergangenheit immer wieder kam – gut umgehen zu können.
Der Umsatz wuchs Jahr für Jahr und lag im Entscheidungsjahr 2012 bei 44,3 Millionen €. Im Folgejahr wurde er mit 47,2 Millionen € übertroffen. Mit dem Wachstum der Unternehmensgröße folgte auch die Vergrößerung des Leistungsportfolios: Heute befinden sich auch Grünflächen- und Bürobetreuung, Haustechnik und Wartung sowie Schädlingsbekämpfung und Taubenabwehr im Attensam-Portfolio. Den Trend in Richtung Nachhaltigkeit bemerkt auch Attensam: „Chemisch zusammengesetzt sind alle Reinigungsmittel. Worauf es aber ankommt, ist die Auflösung dieser, wenn sie in die Kanalisation gelangen. Heute fragen die Kunden nach und möchten wissen, was wir verwenden. Vor zehn Jahren hat das niemanden interessiert.“ Den hohen Ansprüchen will er gerecht werden: „Bei der Schneeräumung kann man entweder – wie wir – auf das Naturprodukt Salz zurückgreifen oder aber auf hocheffektive Chemiekeulen. Aus verkehrstechnischen Gründen wird im Winter Streusplitt gestreut. Das kann entweder billiger Steinbruch sein, der sich in Feinstaub auflöst – oder aber hochwertiger Granit, wie es bei uns der Fall ist.“ Auch über Elektroautos im Fuhrpark – mit 1.000 Stück einer der größten Fuhrparks des Landes – denkt Attensam nach.
Überhaupt hat Innovation bei der „Mission 2030“ einen großen Stellenwert. „Man könnte meinen, wir machen nur den Schmutz weg. Was gäbe es da noch groß neu zu gestalten? Aber auch ich wurde dahin gehend eines Besseren belehrt“, sagt Attensam und schlägt stolz eine Seite im Strategiepapier auf. Abgebildet ist eine Schneeschaufel, erfunden von Attensam-Mitarbeiter Marius Dragne, deren innovatives Schaufelblatt (bzw. Schaufelrohr) um bis zu 50 % mehr Effizienz bei der Schneeräumung verspricht. Attensam erklärt auch, was es mit dem „Handyman“ auf sich hat: „Immer mehr Menschen leben in Einpersonenhaushalten und sind dabei ganz auf sich alleine gestellt. Kleine Handgriffe, etwa eine gesprungene Fliese oder das Aufhängen eines größeren Gemäldes, können da schon mal zu einer Herausforderung werden. Mit unserem Handyman sind wir gewappnet dafür.“
Mit der Kampagne rund um die Mondlandung will Attensam auch die eigenen Mitarbeiter motivieren. „Wir wollten damit ein klares Statement setzen: nämlich dass alles möglich ist – auch für unsere Mitarbeiter.“ Hinsichtlich dieser ist Attensam bereits mehrfach prämiert worden, so etwa mit der Auszeichnung „Bester Arbeitgeber“ im Jahr 2016. Auch das Bundeswappen für besondere Verdienste in der österreichischen Wirtschaft wurde Attensam bereits verliehen. Individuelle Prämiensysteme sollen die Mitarbeiter zudem fördern.
Im vergangenen Geschäftsjahr wurden 74 Millionen € Jahresumsatz erzielt – ein neuer Rekord für das Unternehmen. Der Zukunft sieht Attensam gelassen entgegen: „Ich würde mir wünschen, dass Attensam ein Familienunternehmen bleibt. Vier Kinder habe ich ja, mal sehen, ob eines davon die Firma in die Zukunft führt. Und ich möchte, dass die Mitarbeiter weiterhin gerne hier arbeiten. Am Ende des Tages zählen für mich die Menschen.“
Text: Chloé Lau
Fotos: Gianmaria Gava