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Mit dem Frühling ziehen jedes Jahr die Fiaker und ihre Gespanne wieder in die Wiener Innenstadt ein. Während der Wintermonate ist nur ein Drittel der Wiener Fiaker im Einsatz; diese Zeit wird genutzt, um die zum Teil fast 100 Jahre alten Kutschen aufwendig zu restaurieren.
Die Fiaker sind eine Wiener Institution, wie der Stephansdom, der Wurstelprater oder das Riesenrad. Und das nicht allein für die vielen Touristen, die sich eine Kutschfahrt durch die Stadt leisten wollen, sondern auch für die Wienerinnen und Wiener selbst. Eine Fiakerfahrt ist sicher die gemütlichste Art des Sightseeings – wenn auch nicht die günstigste.
Im Jahr 1693 wurde die erste Fiakerlizenz in Wien erteilt – und bereits um 1700 sollen schon 700 Fiaker unterwegs gewesen sein. Der Höchststand lag bei rund 1.000, um das Jahr 1900. Heute sind rund 320 Fiakerpferde vor ihre Kutschen gespannt, und seit 1984 werden manche von diesen auch von Kutscherinnen geführt. Auch sie müssen die traditionelle Zunftkleidung und die Melone – diese ist verpflichtend – tragen. Und trotz aller Kritik, vor allem von Tierschutzorganisationen, wäre das Stadtbild ohne die Fiaker, die wienerischsten aller Taxis, ganz sicher nicht mehr dasselbe.
Seit vielen Jahren schon sind die Arbeitszeiten der Fiakerpferde streng begrenzt. Jeder Fiaker, jede Fiakerin muss ein Fahrtenbuch führen, in dem auch Pausen und Fütterungen eingetragen werden müssen; ein Fiakerpferd darf nicht mehr als 18 Tage im Monat arbeiten. So will es das Gesetz. Das Wichtigste für die Stadt und ihre Bewohner ist allerdings, dass der Fiaker bzw. die Fiakerin in den allermeisten Fällen ein Original ist – und immer schon war. Davon zeugen nicht zuletzt die Denkmäler, die ihnen in Wien gesetzt wurden; und ein kleines, das wir dem Fiaker Andreas Horvath und seinen vielen Kollegen hiermit setzen wollen:
„Mein Name ist Andreas Horvath, seit 35 Jahren übe ich den Beruf des Wiener Fiakers mit vollem Stolz aus. Der Beruf des Fiakers ist ein sehr vielseitiger und spannender. An erster Stelle steht der enge und tägliche Kontakt zu den Pferden, gefolgt vom Umgang mit Touristen von überall aus der Welt.
Das Schöne an einer Kutschfahrt ist, dass die Touristen Wien von einer ganz anderen Perspektive kennenlernen. In einem Bus sitzt schnell mal jemand, aber die Stadt mit der Kutsche zu betrachten ist meiner Meinung
nach bei Weitem schöner.
Wir Kutscher sprechen einige Fremdsprachen. Neben meiner Muttersprache Deutsch spreche ich auch etwas Italienisch und Englisch; einige Kollegen sprechen auch Französisch, und natürlich teils ihre nicht deutsche Muttersprache.
Als Fiaker finde ich es schön, Nostalgie, Geschichte und Tourismus zu verbinden. Nach vielen Feedbacks von Wien-Besuchern kann ich behaupten, dass sie die Fahrt als eine der schönsten Tourismusattraktionen empfinden. Hin und wieder darf auch die Romantik nicht fehlen, denn könnte ein Heiratsantrag schöner sein als mit einem Gläschen Sekt in der Kutsche? Genau das ist, was ich schön finde. Auch finde ich es schön, wenn mir ein 90 Jahre altes Ehepaar händchenhaltend in der Kutsche einige Geschichten aus seinem Leben erzählt. Natürlich darf auch auf Altwienerisch die ‚Gaude‘ nicht fehlen. Das alles sind nur ein paar der schönsten Dinge als Fiaker.“
Text: Andreas Horvath