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Starbucks steht an einem Wendepunkt. Die Marke, die über Jahrzehnte hinweg als Synonym für Kaffeekultur und Gemeinschaft galt, verliert zunehmend an Glanz.
Der Abstieg ist nicht nur eine Frage sinkender Umsätze, sondern vor allem eine Krise des Markenwerts und der öffentlichen Wahrnehmung. Im globalen Markenranking von Interbrand fiel Starbucks 2024 von Platz 48 auf Platz 52. Das Brand Finance Ranking bringt es noch deutlicher auf den Punkt: Der Starbucks-Wert sank von Platz 15 auf Platz 45 – der stärkste Rückgang aller Top-100-Marken.
Die Zahlen bestätigen den Trend. Zwar blieb der Umsatz 2024 mit 36,2 Mrd. US-$ stabil, doch die vergleichbaren Umsätze weltweit fielen um 2 %. Im ersten Quartal 2025 beschleunigte sich der Rückgang: Die vergleichbaren Umsätze sanken um 4 %, die Zahl der Transaktionen gar um 6 %, in den USA sogar um 8 %. Starbucks verliert als Treffpunkt, als Ort, an dem man sich für seinen Kaffeegenuss niederlässt. Der Magnet, der einst Kunden in die Filialen zog, zieht längst nicht mehr in der gleichen Stärke.
Noch gravierender ist jedoch der Rückgang der Marke in der öffentlichen Wahrnehmung. Laut Reptrak, einem führenden Anbieter von Markenreputationsanalysen, ist der Ruf von Starbucks zwischen 2021 und 2025 um 14 Punkte eingebrochen – von 71,5 auf 57,7. Dieser Rückgang betrifft nicht nur die Qualität der Produkte, sondern auch andere entscheidende Faktoren: Innovationskraft, Führung und Arbeitsplatzkultur. Starbucks kann zwar weiterhin mit hochwertigen Produkten glänzen, doch das Preis-Leistungs-Verhältnis wird von den Kunden zunehmend kritisch gesehen.
Die Kunden fühlen sich nicht mehr gerecht behandelt, sie empfinden den Wert der Produkte als unzureichend. Der gescheiterte Versuch, mit Olivenöl-Kaffee neue Akzente zu setzen, war nur ein Beispiel für diese Innovationsmüdigkeit. Die frischeren Produkte wie der Cortado oder die Pistaziengetränke haben zwar einen gewissen Reiz, doch für eine echte Renaissance fehlt es an bahnbrechenden Innovationen. Der Erfolg von Starbucks lag immer in der Fähigkeit, Trends zu setzen – und genau dies scheint zunehmend zu fehlen.

Der neue CEO Brian Niccol, der im Herbst 2024 das Steuer übernahm, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Unter seiner Führung wurde die „Back to Starbucks“-Strategie ins Leben gerufen, ein Versuch, die Marke zurück zu ihren Ursprüngen zu führen – weg vom schnellen, profitorientierten Unternehmen hin zu einem Ort der Begegnung und Gemeinschaft. Doch Hahn von Reptrak weist zu Recht darauf hin, dass Marketing allein nicht ausreicht. Starbucks muss die Verbindung zu seinen Kunden auf eine tiefere Ebene stellen, indem es authentisch und ehrlich in seiner Kommunikation wird.
Ein zentrales Problem ist die Führung. Niccol muss sich noch das Vertrauen der Mitarbeiter und der Kunden erarbeiten. Ein Problem, das nicht nur in seiner Person liegt, sondern auch im Schatten des gescheiterten CEO-Vorgängers Laxman Narasimhan und der schweren Fußstapfen von Howard Schultz, dem ehemaligen und langjährigen CEO, steht. Starbucks‘ Reputation leidet nicht nur unter den wirtschaftlichen Zahlen, sondern auch unter der Unzufriedenheit der Mitarbeiter. Die Streiks zu Weihnachten 2024 und die öffentliche Diskussion um Niccols Millionenverdienste haben die Marke weiter beschädigt. Starbucks muss dringend seine Rolle als Arbeitgeber und als verantwortungsbewusster, sozialer Akteur neu definieren.
Auch die Kultur bei Starbucks hat sich verändert. War das Unternehmen früher ein Vorbild für einen guten Arbeitsplatz, so wird es heute zunehmend als profitorientiert wahrgenommen. Die Kluft zwischen den Versprechungen und der Realität ist deutlich spürbar. Wenn Starbucks es nicht gelingt, seine Kultur zurückzugewinnen, könnte der Verlust von Kunden und Mitarbeitern weiter an Dynamik gewinnen.
Die „Back to Starbucks“-Strategie ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch der Weg zurück wird kein leichter sein. Starbucks muss nicht nur innovative Produkte entwickeln, sondern vor allem seine Kultur und seine Werte wiederherstellen. Kunden und Mitarbeiter wollen mehr als nur guten Kaffee – sie wollen Teil eines Unternehmens sein, das auf Vertrauen, Transparenz und Werte setzt. Nur dann kann Starbucks das Vertrauen zurückgewinnen, das es längst verloren hat. Der Erfolg dieser Strategie wird sich nicht in Zahlen zeigen, sondern in der Verbindung, die Starbucks wieder zu seinen Kunden aufbaut.
Text: Pamela N. Danziger
Fotos: kevs und Liam Edwards