SOLIDE PROFITE MIT BETONGOLD

Bauunternehmen haben während der letzten Jahre gute Geschäfte gemacht. Das Niedrigzinsumfeld hat den Wohnimmobilienbau in Schwung gebracht – zuletzt hat Corona die öffentliche Hand freigiebiger gemacht.

Die Baubranche war während der letzten Jahre vom Erfolg verwöhnt wie kaum ein anderer Sektor: Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank ließ den Euro locker sitzen, Wohnungsknappheit, Anlagenotstand und die ständig wachsenden Bevölkerungszahlen brachten solides Wachstum. So ist das Bauvolumen nach Daten des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) allein im Bauhauptgewerbe zwischen 2008 und 2018 von 106 auf rund 143 Milliarden € gestiegen. Im Januar wurde in Deutschland ein Rekord-Auftragseingang von rund 6,4 Milliarden € gemessen. Zwar hat Corona den Höhenflug vorläufig deutlich gebremst, doch versucht die öffent­liche Hand die Ausfälle durch erhöhte Ausgaben wettzumachen.

Die Strategie dürfte von Erfolg gekrönt sein, wie zum Beispiel ein Blick auf die Produktion im nordrhein-westfälischen Bauhaupt­gewerbe im April 2020 zeigt: Diese war um 2,4 % höher als noch ein Jahr zuvor. Zwar war die Produktion im Hochbau um 1,8 % niedriger, im Tiefbau aber gleich um 6,9 % höher als im April 2019. Das kumulierte Ergebnis der Bauproduktion für die ersten vier Monate des Jahres 2020 hat sich im Vergleich zur entsprechenden Periode des Jahres 2019 um 4,7 % verbessert – al­lerdings kamen in diesen Zahlen noch nicht alle negativen ­Effekte der Corona­virus-Pandemie zum Tragen.

Für Investoren lohnt sich aber auf jeden Fall ein Blick auf ausgewählte Unternehmen aus der Baubranche und deren Aktien. Viele davon sind nicht nur in ihren Heimmärkten und deren Umgebung aktiv, sondern verfolgen ihre Aktivi­täten rund um den Globus.

Eines davon ist die österreichische Strabag. Bereits 1929 als Baumeister Lerchbaumer – Isola – KG in der Kärntner Stadt Spittal an der Drau gegründet, übernahm Hans Peter Haselsteiner 1974 die Firmenleitung nach dem Tod seines Schwiegervaters Anton Lerchbaumer junior. 1986 wurde die Strabag Österreich in eine Aktien­gesellschaft umgewandelt und notiert seither an der Wiener Börse. Es folgten erste ­Expansionsschritte nach Deutschland und in Europa; heute ist die Strabag eines der größten Bauunternehmen des Kontinents und realisiert vermehrt auch Projekte in anderen Erdteilen.

So baut das Unternehmen mit rund 77.000 Mitarbeitern weltweit zum Beispiel Tunnel und ist von ­Chile über Singapur bis nach Australien bei insgesamt 22 Baustellen aktiv. Doch das ist bei Weitem nicht alles: In Kenia zum Beispiel können sich die Österreicher immer wieder gegen chinesische Anbieter durchsetzen. So wird neben einigen Straßenbauprojekten auch der Thiba-­Damm 130 Kilometer nordöstlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi von der Strabag errichtet.

Die Aktie des Schweizer Baukonzerns Implenia hat in den letzten zwölf Monaten um etwas mehr als 46 % zugelegt.

All das ließ die Umsätze explodieren: Für 2019 lag der Konzerngewinn mit 371,7 Millionen € um 5 % über dem Vorjahr, der Umsatz war um 3 % auf 15,7 Milliarden € ­gewachsen. Die Aktie des Unternehmens, das etwa 40 % der Mitarbei­ter in Deutschland beschäftigt, gefolgt von Österreich und Amerika, musste zuletzt coronabedingt ­einen kräftigen Dämpfer einstecken und sackte kurzfristig von über 30 € pro Stück auf rund 16 € ab; inzwischen hat aber eine deutliche Erholung Platz gegriffen.

Zwar haben die Analysten der österreichischen Raiffeisen Centrobank (RCB) ihr Kursziel für die Aktien der Strabag von 40,5 auf 38 € gesenkt, doch bleibt der Titel unterm Strich interessant: Als Grund für den Abschlag nennen die Experten den vom Baukonzern gesenkten Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020 – doch die gemeldeten Zahlen für 2019 sind nach Einschätzung der Analysten stark ausgefallen, sie bestätigen daher ihre Kaufempfehlung „Buy“ für die Strabag-­Aktien. Das ergibt mit einem Kurs von 24,50 € (alle Kurse zu Redaktionsschluss) ein Gewinn­potenzial von mehr als 56 % bis zum RCB-Kursziel.
Ein weiteres Schwergewicht am Bau ist die deutsche Hochtief. Das Unternehmen, das 1874 unter dem Namen Gebrüder Helfmann in Frankfurt-Bornheim gegründet wurde, sieht sich als technisch ausgerichteten globalen Infrastruktur­konzern mit führenden ­Positionen in seinen Kernaktivitäten Bau, Dienstleistungen und Konzessionen/Public-Private-Partnership (PPP).

Die ­Tätigkeitsschwerpunkte von Hochtief liegen in ­Australien, Nordamerika und Europa; der Unternehmenssitz befindet sich heute in Essen. Mit einem Auslandsanteil am Gesamtumsatz von 95 % zählt das Unternehmen zu den größten international ausgerichteten Baukonzernen. 2019 machte Hochtief mit rund 53.300 Mitarbeitern weltweit einen Nettogewinn von 627 Millionen € – diese Zahl ist um die milliardenschweren Abschreibungen bei der australischen Tochter Cimic bereinigt. Die Hochtief-Aktie musste den gleichen Corona-Abschlag hinnehmen wie das Papier der Strabag: Der Kurs ging von 120 € im Januar auf 44 € im März zurück, um sich dann auf zuletzt mehr als 78 € zu erholen.

Finanzexperten sehen die Aktie positiv: So hat das Analysehaus Independent Research das Kursziel für Hochtief von 85 auf 106 € angehoben und die Einstufung auf „Kaufen“ belassen. Die Investmentbank Oddo BHF hat das Papier des Baukonzerns sogar von „Neutral“ auf „Buy“ hochgestuft und das Kursziel von 83 auf 100 € angehoben. Das Verhältnis zwischen Chancen und Risiken sei bei diesem Bauwert attraktiv, meinte Analystin Virginie Rousseau; Hochtief sei eines der am wenigsten unter der Coronakrise leidenden Unternehmen der Branche, so die Expertin. Laut diesen Analysen ergibt sich ein Kurspotenzial von 31 % (Independent) bzw. ­
24 % (Oddo).

Ein starker europäischer Player am Bau ist auch die Schweizer Implenia. Das Unternehmen mit Sitz in Dietlikon im Kanton Zürich entstand 2006 aus der Fusion der Basler Batigroup Holding AG mit der Genfer Zschokke Holding SA und ist ein Baudienstleistungsunternehmen mit Aktivitäten im Hoch- und Tiefbau in der Schweiz sowie international in Deutschland, Norwegen, Schweden und Österreich. Mit mehr als 10.000 ­Mitarbeitern erwirtschaftete der Konzern – der in die Segmente Development, Schweiz, Infrastructure und International strukturiert ist – im Vorjahr rund 4,43 Milliarden CHF und ein Ebitda von 186 Millionen CHF.

Zuletzt hat der Baukonzern rund die Hälfte seines Immobilien- und Projektportfolios in die Holdinggesellschaft der Ina Invest ausgegliedert und mittels Börsengang (IPO) an die Schweizer Börse SIX gebracht. Die Holding hält 60 % an Ina, Implenia die übrigen 40 %. Bei dem Deal wurde die Ina-Aktie zu 22,42 CHF pro Stück ausgegeben. Die Implenia-Aktionäre hatten dabei 59 % der rund 5,17 Millionen im Rahmen einer Kapitalerhöhung emittierten Aktien gezeichnet.

Teil der „Spin-off-Story“, ­meinen Experten, sei die weiterhin enge Zusammenarbeit mit Implenia – und die funktioniert. So hat der Baukonzern Aufträge mit einem Volumen von knapp 200 Millionen CHF erhalten, Auftraggeber war mehrheitlich die Ina Invest.

Das Implenia-Papier, das in den vergangenen zwölf Monaten schon rund 46 % zugelegt hat, gefällt auch den Analysten. Der Konsens rät zum Aufstocken der Aktie, als mittleres Kursziel wird dabei ein Wert von etwas mehr als 39 CHF angegeben. Das liegt nur etwas über dem aktuellen Kurs von 37 CHF, würde aber noch immer einen Gewinn von mehr als 6 % ermöglichen.

Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger

Der Artikel erschien in unserer Juli/August-Ausgabe 2020 „Smart Cities“.

Reinhard Krémer

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