Snoop träumt

Nach seinem bejubelten Auftritt bei den Olympischen Spielen in Paris steigt Snoop Dogg diesen Herbst bei „The Voice“ ein und wird ein neues, von Dr. Dre produziertes Album veröffentlichen. Zudem sucht die Hip-Hop-Legende nach neuen Joint Ventures, die noch seinen Enkeln ein gutes Auskommen bieten sollen. Snoop Dogg erlebt eine Renaissance – verlangen Sie aber bloß nicht von ihm, Schnecken zu essen.

Als er mit der olympischen Fackel durch die Strassen von Paris schritt, war Snoop Dogg sicherlich der erste Fackelträger der Geschichte, der gebeten wurde, den Crip Walk zu machen – die mittlerweile legendäre Hip-Hop-Schrittfolge, die durch sein Video «Drop It Like It’s Hot» durch die Welt ging. Die 52-jährige Rap-­Legende kam dieser Aufforderung nach, sehr zur Freude des Publikums.

Momente wie diese sind der Nährboden dafür, dass Menschen ­jedes Alters, jedes Geschlechts und jeder Hautfarbe das Gefühl ­haben, Snoop zu kennen, als wäre er ein Freund, der seit 30 Jahren Teil ­ihres Lebens ist. «Ich bin nicht ­distanziert», sagt er zu Forbes, während er sich in seinem privaten Casino in seinem 25.000 m2 grossen Arbeits- und Spielplatz in Inglewood, Kalifornien, das er «The Compound» nennt, entspannt. «Ich bin nahbar.»

Diese Vertrautheit, kombiniert mit seiner unverwechselbaren Erscheinung, macht es für den Rapper, der 1971 als Calvin Broadus Jr. geboren wurde, schwer, ­unauffällig auf die Strasse zu gehen. Deshalb verbringt er viel Zeit im «Compound», in dem sich etwa Aufnahmestudios, eine Spielhalle und ein Basketballplatz ­befinden. Mit einem Blunt in den Fingern versucht er zu erklären, ­warum jeder ein Stück vom «D-O-Double-G» haben will. Die Zauberformel sei Authentizität: «Ich habe nie versucht, Moden oder Trends zu folgen. Ich bin die ganze Zeit ich selbst geblieben.»

Die öffentliche Wahrnehmung von Snoop hat sich (nach frühen ­Jahren im Gefängnis) seit seinem ­Aufstieg zum Westcoast-Rap-Pionier im Jahr 1993 stark gewandelt. Während sich die Ansichten zu Hip-Hop und Cannabis seither ver­ändert ­haben, hat Snoop auch hart daran gearbeitet, sich immer neu zu ­erfinden, ohne sich dabei zu ver­stellen: Er hat Reggae- und Gospel-Platten heraus­gebracht, ist in Filmen wie «Old School» und «Training Day» auf­getreten oder hat eine Zeichentrick­serie für Kinder produziert – mit den Jahren hat sich Snoops Marke von ­einer mit Jugendverbot zu einer ­familienfreundlichen gewandelt.

Seine Arbeit für NBC bei den Olympischen Spielen verschaffte Snoop zuletzt enorme Beliebtheitswerte. Diesen Herbst wird er als Coach im TV-Format «The Voice» debütieren und im Dezember wird er «Missionary» veröffentlichen, ein Album, das von seinem Mentor Dr. Dre produziert wurde. Er hat auch eine Handvoll unternehmerischer ­Eisen im Feuer, die von seinem neuen Status als Amerikas liebster «Stoner Uncle» profitieren sollen. «Natürlich ist er ein bisschen gefährlich, aber vor allem ist er ein Mensch, mit dem man gerne zusammen ist», sagt der 59-jährige Dr. Dre, der 1991 ­Death Row Records und 15 Jahre später den Kopfhörerhersteller Beats Electronics mitbegründete. «Wir können nicht ändern, wer wir sind», sagt er, «aber die Tatsache, dass Cannabis jetzt legal ist, hilft definitiv.»

Snoop wirbt nur noch für sich – warum solle er für zehn Mio. US-$ andere Marken bewerben, die mit seinem Gesicht 500 Mio. US-$ verdienen, sagt er.

Snoop hat seinen ­jüngsten ­Auftritt als «Friedensbote» (der Spitzname für olympische Fackelträger) in Paris sehr ernst genommen. Egal, ob er mit Michael Phelps schwamm, mit Simone Biles tanzte oder mit seiner Freundin Martha Stewart eine Dressur ansah, er strahlte stets eine positiv-verspielte Stimmung aus, die grossen Anklang fand. «Er ist alles, was wir uns erhofft hatten, und mehr», sagt Molly Solomon, Produzentin und Programmchefin von NBC Olympics. «Er war ein so grosser Headliner in Paris wie kein anderer Nichtsportler vor ihm.»

Solomon hofft, dass Snoop nicht nur zu den Olympischen Sommerspielen 2028 in seiner Heimatstadt Los Angeles zurückkehrt, sondern auch bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Italien wieder mit dabei sein wird. Dort wird er wenigstens nicht gebeten, vor laufender Kamera Schnecken zu essen, wie im Pariser Drei-Michelin-Sterne-Restaurant Le Cinq. «Ihr könnt es so schön machen, wie ihr wollt, es süss machen, es braten, es würzen», sagte er über die französische Delikatesse, «aber ich esse keine Schnecken.»

Trotz seines Popularitätsschubs und seiner Vergangenheit als ­Gesicht für u. a. Marken wie Petco, Tostitos und Corona hat sich Snoop jüngst von Werbeverträgen abgewandt und Projekte gestartet, bei denen er am Gewinn betei­ligt ist. 2020 schloss er einen Lizenz­vertrag für einen Rotwein mit 19 Crimes ab – laut dem Unternehmen wurde das Zwölf-Monate-Umsatzziel in den ersten sechs Wochen erreicht. Dr. Bombay Ice Cream, ein 50-50-Joint-Venture mit Happi Foodi, meldete seit der Einführung im August 2023 einen Umsatz von zehn Mio. US-$.

In der Cannabiswelt (mit der Snoop verbunden ist, seit er angeblich Gras an seine ­Klassenkameradin Cameron Diaz verkauft hat) ist er so einflussreich, dass ein Publicity-­Stunt Ende 2023, bei dem er an­kün­digte, er würde «das Rauchen aufgeben», die börsennotierten ­Cannabis-Aktien in den Keller fallen ließ – bis später bekannt wurde, dass er eine rauchfreie Feuerstelle bewarb. Und nachdem er sein Engagement bei Casa Verde, dem 350 Mio. US-$ schweren, auf Cannabis fokus­sierten Risiko­kapitalfonds, den er 2015 mitbegründet hatte, beendete, startete seine Marke Death Row Cannabis letztes Jahr mit Geschäften in L. A. und Amsterdam durch. Der Mittelpunkt dieses Imperiums ist ­Death Row Records; das Label, das Snoop Anfang der 90er-Jahre erstmals unter Vertrag nahm und später ­insolvent wurde. 2022 kaufte Snoop ­Death Row für rund zehn Mio. US-$ von der von Blackstone kontrollierten MNRK Music Group. «Das Label gehört heute mir, weil ich an den Dingen, die ich bewerbe und vermarkte, als Eigentümer beteiligt sein will», so Snoop. «Es ergibt für mich keinen Sinn, einen Scheck über zehn Mio. US-$ anzunehmen, um für ein Unternehmen zu werben, das damit 500 Mio. US-$ einstreicht.»

Dieselbe Theorie steckt ­hinter Gin and Juice, seinem in L. A. ansässigen Start-up, das einen ­trinkfertigen Cocktail herstellt, den er Anfang 2024 mit Dr. Dre und dem Plattenmanager Jimmy Iovine auf den Markt brachte. Früher, als er in seinen Songs Gin-Marken wie Sea­gram’s und Tanqueray erwähnte, sei ihm nicht bewusst gewesen, wie viel Geld das eigentlich wert war, so Snoop heute. Last, but not least soll «Missionary» – das erste Album, das Dr. Dre seit 1993 für Snoop produziert hat – Snoop weiteren Auftrieb geben. «Ich finde, das ist die beste Musik, die ich je gemacht habe. Das wird ihm Neues für seine Auftritte bieten, und das war es, woran ich bei der Produktion dieser Platte gedacht habe», so Dr. Dre. Snoop ergänzt: «Musik ist mein Fundament. Sie ist die Wurzel dessen, wer ich bin, also kann ich ihr nie davonlaufen.» 2025 soll es eine Tour geben – keine Anzeichen für Stillstand also.

Snoop sagt, dass ihn seine zwölf Enkel und die Snoop Youth Football League, die er finanziell unterstützt, motivieren, weiterzuarbeiten: «Ich sehe das aus der Perspektive eines Staffelrennens. Als ich den Staffelstab bekam, sind die meisten Leute schon vier- oder fünfmal die Runde ge­laufen, aber heute habe ich sie vier-, fünfmal überrundet. Die für mich wichtigste Frage ist: Wie übergebe ich den Staffelstab an meine Enkel, damit sie beim Rennen vorne sind?»

Text: Matt Craig
Fotos: Ramona Rosales für Forbes

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