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Seine Produkte repräsentieren eine Mischung aus modernen Bedürfnissen und traditionellem Lederhandwerk, sagt der Gründer und Geschäftsführer der Accessoires-Brand Leatherest, Daniel Franik.
Die folgenden vier Produkte sind in Ihrem Repertoire: Everest Smart Wallet, Elbrus Cardholder, Matterhorn Keyholder und Nuptse iPhone Case. Alle vier tragen Namen von mächtigen Bergen. Warum?
Daniel Franik: Ich liebe die Berge und bin gerne in der Natur. Ich mag die Einfachheit, das Reduzierte. Ich hatte immer schon eine Affinität zu bergigen Regionen und Landschaften. Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschieden – das können Sie auf der Homepage sehen –, die Szenerie der Produkte in der Natur stattfinden zu lassen; anders als bei anderen Marken, die ihre Produkte gerne in Großstädten und mit Business-Charakter darstellen. Für mich repräsentiert das die Marke authentischer.
Und woher kommt der Markenname Leatherest?
Das ist eine Wortkreation aus dem englischen Wort „Leather“ und dem höchsten Berg der Welt, dem Mount Everest. Aus dem heraus haben sich in der Folge auch die Produktnamen entwickelt.
Wie kamen Sie auf die Wahl der Produkte? Auf Außenstehende wirken diese klassisch-traditionell – Sie hingegen gar nicht …
Ich würde die Produkte nicht als rein klassisch-traditionell bezeichnen. Das Lederhandwerk ist eine traditionelle Handwerkskunst, die Produkte jedoch wurden mit Fokus auf moderne Features entwickelt – wie etwa den Kartenmechanismus und die RFID-Schutzfunktion (Radio Frequency Identification, Anm.). Ich finde, die Produkte vereinen das traditionelle Lederhandwerk mit den Bedürfnissen des modernen Menschen.
Ich wollte schon lange Zeit reduzierte Varianten von den alltäglich notwendigen Dingen, die man so in der Hosentasche trägt, auf den Markt bringen. Über die Frage „Was braucht man eigentlich wirklich?“ denke ich ständig nach. Das beschäftigt mich einfach auch persönlich.
„Ich mag das Reduzierte und fand es immer schon befreiend, Dinge, die ich nicht benötige, wegzugeben oder zu spenden.“
Daniel Franik
Wer sind denn Ihre Kunden?
Grundsätzlich jeder, der smarte Lederaccessoires mag oder ein Portemonnaie braucht. Es gibt keinen typischen Kunden – sowohl Frauen als auch Männer kaufen die Produkte. Oft wechseln die Leute auch von klassischen Geldbörsen oder Schlüsseletuis zu unseren Produkten, weil sie die Philosophie dahinter wertschätzen.
Und die ist …?
Die Produkte orientieren sich am Konzept des Minimalismus. Wer von einer klassischen Geldbörse zu einem Everest Smartwallet umsteigen möchte, muss sich nach dem Kauf erst mal damit beschäftigen, welche Dinge aus dem alten Portemonnaie tatsächlich benötigt werden. Man entledigt sich zunächst alter Mitgliedskarten und Belege und steckt nur diejenigen Karten ins Wallet, die man wirklich täglich benötigt.
Der Vorteil ist, dass man deutlich weniger Dinge bei sich trägt. Das Wallet kann problemlos in der vorderen Hosentasche getragen werden. Dieses Konzept möchte ich den Menschen näherbringen, weil es sich auf unser gesamtes Konsumverhalten übertragen lässt. Und genau das sollten wir immer wieder überprüfen. Ich selbst fand es immer auch sehr befreiend, Dinge, die ich nicht wirklich brauche, wegzugeben oder zu spenden. Man braucht in Wirklichkeit nicht viel, aber diese wenigen Dinge sollten dann auch gut sein und lange halten. Unsere Produkte sind deshalb alle sehr schlicht gehalten, kompakt und platzsparend – und zeitlos schön, ohne langweilig zu sein.
Der Markt, auf dem Sie sich bewegen, ist hart umkämpft, mit vielen der ganz großen Marken als Konkurrenten. Wo ist denn Ihr USP?
Unsere Produkte sind durchdacht, qualitativ hochwertig und haben gleichzeitig ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das ist immer unser Anspruch gewesen. Beim Everest Wallet werden die Karten in den Aluminium-Kartenhalter eingesteckt. Dieser ist RFID-sicher und schützt vor ungewolltem Auslesen. Zudem sitzt der Knopf, der den Kartenmechanismus in Gang setzt, bei uns an der vorderen Seite in der Mitte, anders als bei anderen Wallets, wo dieser Knopf am unteren Rand sitzt – und so gerne mal abbricht, wenn das Wallet etwa auf den Boden fällt. Und wenn der Knopf mittig sitzt, ist er sowohl für Rechts- als auch für Linkshänder gut zu handeln; das Münzfach werden Sie bei vergleichbaren Produkten vergeblich suchen.
Daniel Franik
...wurde 1997 in Polen geboren und zog als 13-Jähriger mit seiner Familie nach Deutschland. 2020 gründete er das Unternehmen Leatherest.
Bei einem Produkttest der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurde das Everest Smartwallet sogar zum Testsieger gekürt.
Ja, das war eine ganz lustige Geschichte. Eine angehende Journalistin aus der Kölner Journalistenschule hat mich einmal angeschrieben und gesagt, sie würde gerne einen Artikel über Smartwallets schreiben – und fragte nach einem Testprodukt. Die FAS hatte sie damals schon erwähnt, ich dachte aber nicht, dass der Artikel tatsächlich erscheinen wird, und habe das später vergessen – bis dann ein halbes Jahr danach, genauer gesagt am 15. August, sehr, sehr viele Leute unseren Onlineshop besucht haben. Das war ein sehr informativer Bericht, zu dem sogar eine örtliche Ledermanufaktur zur Bewertung der Lederverarbeitung hinzugezogen wurde. Für uns war das ein toller Erfolg, denn wir konnten uns gegen größere Konkurrenten wie i-Clip, Travando und Jamie Jacobs durchsetzen. Man darf nicht vergessen, dass das mittelständische Unternehmen mit vielen Mitarbeitern sind – und ich bin nur ein Typ mit ’nem Laptop. Heute hängt dieser Zeitungsartikel eingerahmt in meinem Büro.
Ihren Worten ist zu entnehmen, dass Sie nicht selbst produzieren …
Korrekt. Ich habe keine festen Mitarbeiter. Ich führe das Unternehmen aktuell ausschließlich mit der Hilfe von Freelancern für beispielsweise den Kundensupport und Aftersales sowie unter Einbezug fremder Ressourcen. Eine Ledermanufaktur stellt exklusiv für Leatherest die Lederteile der Produkte her; natürlich gibt es auch vollständig vegane Alternativen. Ein anderer Hersteller fertigt die Kartengehäuse und liefert sie zur Ledermanufaktur, wo beide Teile letztendlich verbunden werden. Die Lagerung und den Versand übernimmt ein Fulfillment Center, das die Bestellungen direkt aus dem Shop-System ausliest. Dadurch, dass diverse Dienstleister in den Ablauf einbezogen werden, läuft das Tagesgeschäft fast automatisch ab. So kann ich mich auf die Weiterentwicklung der Produkte und das Marketing konzentrieren.
Wie war die Pandemiezeit im E-Commerce für einen Player wie Sie, der nicht Amazon ist?
Ich habe das Gefühl, dass die Leute noch mehr online einkaufen als zuvor. Der E-Commerce boomt, aber auch die Konkurrenz nimmt zu – immer mehr Leute kommen auf den Markt und bieten online Produkte an. Dadurch wird es gleichzeitig schwieriger, sich am Markt zu beweisen und hervorzustechen. Für den physischen Handel finde ich die Auswirkungen sehr bedauerlich: Immer mehr lokale Geschäfte schließen und die Innenstädte sterben aus. Dabei kann kein Onlineshop eine persönliche Beratung in einem physischen Geschäft schlagen.
Zudem gibt es immer mehr Nachahmer, die versuchen, unsere Ideen zu kopieren und den Markt mit optisch ähnlichen, aber qualitativ minderwertigen Produkten zu Kampfpreisen zu fluten. Das resultiert dann meist in Erzeugnissen, die aus billigem Spaltleder hergestellt werden, dessen Herkunft nicht nachvollziehbar ist. Dennoch fahren wir als Unternehmen weiterhin stabile Umsätze ein – einfach weil es genügend Leute gibt, die Wert auf die Langlebigkeit und die Qualität der Produkte legen.
Geht es da nicht allen ähnlich, die länger am Markt oder Marktführer sind?
Das ist sicher so, doch wenn man sich aufgrund dessen viel Zeit nehmen muss, um sich mit Anwälten und Schutzrechten zu beschäftigen, verliert man den Fokus auf das Wesentliche, und das ist, ein sehr gutes Produkt auf dem Markt anzubieten. Was für uns immer wichtig war und bleiben wird, ist der Austausch mit unseren Kunden. Wir lesen jede einzelne Kundenrezension und nutzen sich häufende Kritik als Ansatzpunkt zur kontinuierlichen Optimierung der Produkte. Diese werden dann mit den jeweiligen Lieferanten diskutiert; im Anschluss werden Lösungen zur Umsetzung entwickelt.
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, Ihre Produkte personalisiert anzubieten – etwa mit Initialen oder bestellbaren Farbkombinationen?
Man muss da mal hinterfragen, warum das manche Firmen anbieten …
Gut. Was also steckt dahinter?
Wenn Sie mit so einem personalisierten Produkt – zum Beispiel mit Ihren eingestanzten Initialen – an der Kasse sind, verlieren Sie als Kunde automatisch das Widerrufsrecht. Dabei werden die Kunden aus meiner Sicht hierüber nicht ausreichend informiert, meistens gar nicht. Vor dem Hintergrund, dass es natürlich ein relativ hoher Aufwand ist, ein an sich fertiges Produkt noch einmal anzufassen, machen das die Firmen, um die Retourenrate zu verringern. Aus rein unternehmerischer Sicht ergibt das auch Sinn – wir bei Leatherest denken aber, dass es für alle Beteiligten sinnvoller ist, das Widerrufsrecht zu wahren und die Produkte zunächst einmal live zu erleben, bevor man sich entscheidet, ob man sie behält oder retourniert. Bei Bedarf können dann Personalisierungen wie beispielsweise eine Gravur auf den Aluminium-Kartenhalter von den meisten örtlichen Schustern vorgenommen werden.
Wie soll es mit Leatherest weitergehen? Werden Sie neue Märkte – über den deutschsprachigen Raum hinaus – erobern?
In naher Zukunft ist keine Markteroberung geplant. Die Produkte sind momentan in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfügbar. Ich denke, es gibt im deutschsprachigen Raum noch sehr viele Menschen, die die Produkte lieben würden – und es gilt, diese Menschen anzusprechen und ihnen die Philosophie von Leatherest näherzubringen.
Text: Heidi Aichinger
Fotos: Sebastian Schollmeyer
Diese Advoice erschien in unserer Ausgabe 10–21 zum Thema „30 Under 30“.