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Viola Schritter weiß, wie man sich präsentiert – im Netz findet man ausschließlich professionelle Bilder von ihr, die Seite ihres Unternehmens, VS Homes, ist in schicken Pastelltönen gehalten. Ihr Auge für Schönes spiegelt sich auch in den Wohnungen wider, die die 25-Jährige seit vier Jahren verkauft.
Beim Betreten von Viola Schritters Büro fällt einem auffallend wenig auf. Es ist stylish eingerichtet, doch gleichzeitig schlicht – hier hat sich eindeutig jemand genau Gedanken über die Inneneinrichtung gemacht, aber es wirkt nicht extravagant. Trotz der schlichten Möbel strahlt der Raum Gemütlichkeit aus. An der Wand hängt ein buntes Bild mit Papageien, das trotz greller Farben im Hintergrund bleibt. Betrachtet man das Büro repräsentativ für jene Wohnungen, die Schritter seit vier Jahren verkauft, wird schnell klar, wie die junge Wienerin in dieser Zeit bereits für 50 Wohnprojekte neue Besitzer finden und insgesamt ein Transaktionsvolumen von über 35 Mio. € ansammeln konnte.
Schritter selbst ist so etwas wie die paradoxe Intervention in einer von alten weißen Männern dominierten Immobilienwelt: Im Alter von nur 25 Jahren kauft, restauriert, möbliert und verkauft die Jungunternehmerin mit ihrer Firma VS Homes Wohnungen in Wien, vor allem in den Innenstadtbezirken. Ihr Team zählt mittlerweile elf Mitarbeiter, fünf davon arbeiten in der eigenen Baufirma Schritter Bau.
Bevor sich Schritter ihre ersten Mitarbeiter an ihre Seite holte, arbeitete sie jedoch alleine und in einer komplett anderen Branche: 2016 gründete die Wienerin einen Onlineshop für Bademode. Die Idee dazu kam ihr während einer Projektarbeit, die sie in ihrem ersten Marketing-Studienjahr schreiben musste, „und zwar sehr ausführlich, über 40 Seiten“, erinnert sich Schritter lächelnd zurück.
Zwei Jahre später verkaufte sie ihren Onlineshop, um sich ihre erste Wohnung zu finanzieren, um 99.000 € – aus heutiger Sicht ein Schnäppchen. „Die Wohnung habe ich dann mit ein paar Freundinnen saniert und verkauft, aus dem Erlös konnte ich zwei weitere kaufen – mittlerweile haben wir über 50 fertige Immobilien“, erzählt Schritter. Derzeit bietet sie zehn Wohnungen mit einem kombinierten Wert von mehr als fünf Mio. € an.
Der Weg zur erfolgreichen Immobilienunternehmerin war für Schritter keineswegs leicht. Sie wagte den Sprung ins kalte Wasser alleine und ohne viel Erfahrung, denn auch ihre Eltern arbeiteten nicht im Immobiliengeschäft (ihr Vater ist im Verkauf tätig, die Mutter ist Krankenschwester). Im Gespräch erwähnt sie mehrmals, dass sie viele Fehler hätte vermeiden können, wenn sie von Anfang an einen erfahrenen Partner an ihrer Seite gehabt hätte, was sie heute jedem Jungunternehmer empfiehlt.
Eine der größten Herausforderungen war für Schritter das Einstellen der ersten Mitarbeiter. „Davor hatte ich wirklich viel Respekt. Plötzlich war ich nicht nur für mich selbst verantwortlich, sondern für mein gesamtes Team“, erzählt sie. Doch ihre Angestellten arbeiten gut zusammen; eine Tatsache, die, so Schritter, Voraussetzung für den Erfolg von VS Homes ist.
Anders als bei ihrer ersten Wohnung überlässt Schritter das Sanieren heute den fünf Mitarbeitern ihrer Baufirma, sie selbst konzentriert sich ausschließlich auf die Führung des Unternehmens. Schritter Bau kümmert sich, gemeinsam mit einem Designteam, auch um die Umgestaltung der Wohnungen. „Wir haben mittlerweile alles im eigenen Haus und sind nicht mehr auf externe Dienstleister angewiesen“, erklärt Schritter.
Denn mit diesen hat es früher reichlich Probleme gegeben. Die Wienerin möchte nicht genau auf Details eingehen, verrät aber: „Die externen Baufirmen haben mir anfangs viele schlaflose Nächte bereitet“ – weshalb sie im Jahr 2021 Schritter Bau gründete und den Sanierungsprozess unters eigene Dach brachte.
Als die Coronapandemie ausbrach, sah die junge Unternehmerin eine Chance in der Krise: „Wir haben sofort gemerkt, dass viele kaufen wollten; viele wollten ihr Geld sichern.“ Den Trend, dass Wohnungskäufer in den Speckgürtel der Stadt abwandern, wie es in vielen Großstädten wie London oder New York schon seit Langem der Fall ist, spürt Schritter in Wien allerdings kaum – nur der Wunsch nach einer Freifläche in der Wohnung sei häufiger geworden.
Finanziert wird der Wohnungskauf zu 80 % mit Bankkrediten und zu 20 % mit Eigenkapital, wobei oft auch Investoren an Bord geholt werden. Dabei wird auf bestimmte Merkmale der Immobilie geachtet: Gibt es einen Lift im Haus? Hat die Wohnung genug Freifläche? Nur wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, wird die Wohnung auch gekauft.
So kann das Angebot auf das Kundensegment von VS Homes zugeschnitten werden, das zwar von arrivierten Rechtsanwälten oder Ärzten bis hin zu jungen Familien reicht, jedoch stets an der Premiumklasse des Immobilienmarkts interessiert ist. 50 % der Kunden ziehen selbst in die Wohnungen ein, die andere Hälfte nutzt die Immobilien als Anlagen.
Was bereits schön ist, sollte nicht zerstört und komplett neu errichtet werden.
Viola Schritter, CEO VS Homes
Die Anlegerwohnungen sind meistens die kleineren Objekte, die sich auch schneller vermieten lassen. Altbauwohnungen würden von Anlegern meist gemieden, da sie einem niedrigeren Richtmietzinssatz unterliegen, erklärt Schritter. In Wohnungen, die in den 1960er- und 1970er-Jahren gebaut wurden, darf hingegen meistens ein freier Mietzins gewählt werden, was sie für Anleger attraktiv macht.
Die männliche Dominanz in der Immobilienbranche möchte Schritter in ihrem Unternehmen nicht widerspiegeln. Bei VS Homes ist die Mehrheit der Angestellten weiblich – „wir haben eben eine feminine Ader“, so die Gründerin. Geplant war diese nicht, doch Schritter achtet bei jedem neuen Mitarbeiter darauf, dass die Chemie mit dem restlichen Team passt. Auf Firmenfeiern sitzen Maurer und Innendesigner am selben Tisch – genau wie Schritters Bruder, der ebenfalls im Unternehmen tätig ist.
Der Fokus auf das „Umstitching“ und „Homestaging“, also das Einrichten und Dekorieren der Wohnungen, hebt VS Homes laut der Wienerin ebenfalls von der Konkurrenz ab. Dabei wird eine Raumanalyse der Wohnung durchgeführt, bevor entschieden wird, wie welches Zimmer genutzt werden soll. Ein „Moodboard“ bestimmt, welche Farben verwendet werden und in welchem Stil die Wohnung eingerichtet werden soll. Danach wird in einem 3D-Modell der Wohnung über die genaue Platzierung der Möbel entschieden. Spiegel, Bilder und Dekorelemente bilden den Abschluss des Homestaging-Prozesses, der insgesamt zwei bis drei Wochen dauert.
Dass die Geschäftsführerin viel Wert auf den Stil ihrer Immobilien legt und zudem ein Auge für das Schöne hat, merkt man schnell – auch ihr eigenes Auftreten wirkt sorgfältig geplant. Beim Dekorieren der Wohnungen müsse sie sich sogar ein wenig zurücknehmen. „Meine Wohnung ist zwar in einem sehr ähnlichen Stil eingerichtet wie die meisten unserer verkauften Projekte, aber ich habe das eine oder andere Möbelstück, das dann doch sehr extravagant ist“, erzählt Schritter über ihr eigenes Zuhause, „so etwas traue ich mich bei unseren Kunden nicht.“ Durch die modernen, aber schlichten Designs versucht Schritter, einen Stil zu treffen, der möglichst viele Kunden anspricht – und sie scheint mit ihren Wohndesigns den Geschmack ihrer Kunden gut zu treffen.
Doch auf dem globalen Immobilienmarkt brauen sich Gewitterwolken zusammen. Seit der Finanzkrise von 2007–09 haben niedrige Hypothekenzinsen einen langen Boom von Immobilienpreisen befeuert, der während der globalen Pandemie zusätzlich an Fahrt aufgenommen hat. Doch die nun steigenden Zinsen drücken die Nachfrage nach Eigentumswohnungen nach unten, besonders in Ländern wie Kanada, den USA und den Niederlanden, wo die Immobilienpreise seit dem Ausbruch der Pandemie am schnellsten, um über 30 %, gestiegen sind.
Der österreichische Immobilienmarkt hinkt noch etwas hinter den Entwicklungen in anderen reichen Ländern her, doch auch hierzulande bahnen sich Risiken an. Fiel der Preisanstieg österreichischer Immobilien in den vergangenen Jahren teilweise sogar in den zweistelligen Bereich, betrug er im dritten Quartal 2022 nur noch 0,3 % gegenüber dem zweiten Quartal, wie aus dem Preisindex der Oesterreichischen Nationalbank ersichtlich ist. In Wien war die Rate mit 0,2 % sogar noch geringer.
Dennoch gibt sich Schritter positiv gestimmt. Auf die Frage, wie sie mit den erhöhten Zinsen umgehen wird, antwortet sie optimistisch: „Die höheren Zinsen finde ich nicht so problematisch.“ Schnell fügt sie jedoch hinzu: „Was aber sehr wohl ein Problem ist, ist die erhöhte Eigenkapitalquote, die im Juli auf mindestens 20 % gesetzt wurde.“ So würden sich noch weniger junge Menschen eine Wohnung leisten können, so die Jungunternehmerin. VS Homes betreffe das allerdings weniger, da die Firma oft mit Investoren zusammenarbeitet, die das benötigte Eigenkapital zur Verfügung stellen können und außerdem auf das Premiumsegment des Markts fokussiert sind.
Auch der hohen Inflation blickt Schritter optimistisch entgegen, obwohl diese vielen Immobilienexperten Sorgen bereitet. Laut einer neuen, europaweiten Studie der Unternehmensberatung PwC und des Urban Land Institute nennen 91 % der rund 1.000 befragten Experten die hohe Inflation als größte Herausforderung für den Immobiliensektor; die hohen Zinsen und das schwache Wirtschaftswachstum in Europa belegen den zweiten und dritten Platz auf der Sorgenliste der Immobilienfachleute.
In den nächsten drei bis fünf Jahren sollen auch die steigenden Baukosten und die Verfügbarkeit der Ressourcen Risiken sein. Doch da VS Homes keine neuen Wohnungen baut, sondern diese nur renoviert, sei der Effekt der steigenden Preise auf Schritters Unternehmen nur gering, versichert sie.
Daher will sich die VS-Homes-Gründerin in den nächsten Jahren auf die Skalierung ihres Unternehmens konzentrieren. Geplant ist, den Zyklus von Ankauf, Sanierung, Möblierung und Verkauf bis Frühling 2023 von durchschnittlich zwölf auf rund sechs Monate zu verkürzen. So soll gleichzeitig die Anzahl der verkauften Wohnprojekte von circa 15 pro Jahr auf 30 bis 35 wachsen. Schafft sie das, rechnet Schritter nächstes Jahr mit einem Umsatz von zwölf bis 15 Mio. €. Vor zwei Jahren waren es 900.000 €,
in den letzten zwölf Monaten sieben Mio. €.
Pro Wohnung erwirtschaftet VS Homes einen Gewinn von 50 bis 80 % auf das eingesetzte Eigenkapital innerhalb von zwölf Monaten. „Manchmal unterschätzen wir den Wert einer Wohnung jedoch und sie ist so begehrt, dass wir einen Gewinn von 100 % machen“, so Schritter. Gerade während der Coronapandemie sind die Preise schneller gestiegen, als von Schritter und ihrem Team erwartet – und die Gewinne entsprechend höher ausgefallen.
Weniger positiv, gar kritisch, steht Schritter Investoren gegenüber, die Wohnungen kaufen, diese aber leer stehen lassen und nicht vermieten. Durch die in den letzten Jahren ständig steigenden Kaufpreise können solche Firmen auf diese Weise billige Gewinne erzielen. „Unsere Anleger vermieten die Wohnungen auch und das finde ich dann in Ordnung“, so Schritter – „aber was ich nicht okay finde, sind Großinvestoren, die zum Teil ganze Neubauten kaufen und sie einfach nur leer stehen lassen, weil sie wissen, dass es da eine Wertsteigerung geben wird.“ Sie kritisiert hier auch die Politik und fordert von ihr die Einhebung einer Leerstandsgebühr.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Schritter grundsätzlich gegen den Kauf von Immobilien als Anlage ist – im Gegenteil. Die junge Selbstständige empfiehlt jedem, der ein stabiles Einkommen hat, sich nach einer Anlageimmobilie umzuschauen. Auch in Zeiten hoher Inflation sind Immobilien als Absicherung gegen die steigenden Preise von vielen begehrt. Zusätzlich begünstigt eine hohe Inflationsrate Kreditnehmer, deren Schulden dadurch an Wert verlieren.
Für die Zukunft von VS Homes hat die junge Wienerin einige Ideen, auch wenn diese noch nicht in Stein gemeißelt sind – ein Private Fund für Investoren ist laut Schritter eine Möglichkeit, aber auch der Bau von Hochhäusern interessiert sie: „Der Immobilienbereich ist sehr vielfältig, man muss sich entscheiden, wohin man gehen möchte.“
Das aktuelle Geschäft wird aber auf jeden Fall bleiben, ebenso wie der Standort Wien. Und auch bei einem weiteren Focus Point ist sich Schritter sicher: Die aktuelle Energiekrise bringt bei Politikern, Konsumenten und Unternehmern frischen Wind in die Versuche, umweltfreundlicher zu leben und dabei weniger Strom und Gas zu verbrauchen.
Für VS Homes bedeutet das ein bewusstes Einkaufen und Einsetzen von Baumaterialien. Schritter: „Was bereits schön ist, sollte nicht zerstört und komplett neu errichtet werden.“ Auch auf die Energieeffizienz ihrer Projekte wird nun stärker geachtet: „Wir wollen für unsere Kunden ein Zuhause, in dem sie sich wohlfühlen. Und jetzt merken wir auch, wie wichtig es ist, energieeffizient zu leben“, so die 25-Jährige.
Vor vier Jahren stand Viola Schritter am Beginn einer Reise, die bis jetzt sehr erfolgreich verläuft. Nach unserem Gespräch verabschiedet sich die Wienerin und macht sich in ihrem Rolls-Royce – stylish in Weiß gewählt – auf den Heimweg. Es bleibt nun zu sehen, wie sie die Wiener Immobilienwelt mit all den kommenden Herausforderungen in den nächsten vier Jahren prägen wird. Eines ist jedoch sicher: Schritter wird es mit Stil machen.
Mit ihrem Unternehmen VS Homes kauft, saniert, möbliert und verkauft Viola Schritter seit vier Jahren Wohnungen in Wien. Ihre erste Wohnung kaufte sie sich 2018 mit den Erlösen aus dem Verkauf ihres Bademode-Onlineshops. Dieses Jahr konnte die ehemalige Marketingstudentin mit ihrem Immobilienbusiness bereits mehrere Millionen € Umsatz erzielen.
Text: Erik Fleischmann
Fotos: Phillipp Horak
Datenrecherche: Magdalena Frei
Infografik: Valentin Berger
Quellen: Immomapper.ch, immopreise.at, vergleich.de, Statistik Austria