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Ben Ruschin und Mark Kaslatter sind erfahrene Unternehmer: Kaslatter baute zwei Firmen ohne externe Finanzierung auf und führte diese erfolgreich bis zum Exit, Ruschin wurde durch sein Start-up WeAreDeveloper bekannt, investiert gerne und viel in verschiedenste Start-ups und sitzt im Beirat zahlreicher Unternehmen. Anfang dieses Jahres schlossen sich die beiden zusammen, um mit Big Cheese Ventures ihre eigenen Erfahrungen an junge Unternehmer weiterzugeben und so neuen Start-ups zum Erfolg zu verhelfen.
Man muss nicht lange mit Mark Kaslatter und Ben Ruschin sprechen, um eines zu bemerken: Die beiden haben Spaß an ihrer Arbeit. Als Location für unser Gespräch wählten sie den Zukunftshof – der historische Gutshof am Stadtrand von Wien (siehe Bilder) steht für Pionierkraft und Innovation, passend also für Kaslatter und Ruschin. Beim Scrollen auf ihrer Website findet man einige Gags, etwa eine Seite mit verschiedenen Käsesorten („BLUE – gritty, rough, sometimes sticky rind: Typically 28–34 % fat“). Und auch der Name ihres neuen Venture-Capital-Unternehmens Big Cheese Ventures ist bewusst so gewählt, dass er „jedem einen kleinen Schmunzler“ bereitet, wie Kaslatter sagt. Doch wer sind die beiden Unternehmer?
Mark Kaslatter startete seine Karriere 2002 als Freelancer und beriet Firmen im Bereich Customer Relationship Management. Zwei Jahre später gründete er sein eigenes CRM-Unternehmen k.section, das auf die Beratung, Implementierung und den Support verschiedenster CRM-Projekte fokussiert war. „Der Anfang war eine sehr schwierige Zeit“, erinnert sich Kaslatter – da er das Unternehmen ohne Fremdkapital aufziehen wollte, bezog er die ersten zwei Jahre kein Gehalt und lebte nur von Erspartem aus seiner Zeit als Freelancer. Danach ließ er sich bescheidene 500 € im Monat auszahlen. „Aber ich war überzeugt von meinem Geschäft und es hat mir einfach so viel Freude bereitet, etwas zu kreieren, das meinen Mitarbeitern und mir Spaß macht“, erzählt Kaslatter.
2013 erreichte der Tiroler den nächsten Meilenstein und gründete mit dem Team von k.section box-planner, eine digitale Plattform für Crossfit-Begeisterte. Im Folgejahr bewarben sich Kaslatter und sein Team bei YCombinator, einem der bekanntesten Start-up-Accelerators weltweit – und wurde prompt zum Finale im Silicon Valley eingeladen. Kaslatter: „Das war brutal. Beim Pitch haben sie mich als CEO systematisch ausgeschaltet und nicht mehr zu Wort kommen lassen, sondern immer nur meine beiden Kollegen angesprochen. Sie wollten wissen, wie wir als Team mit dieser Situation umgehen, weil es im Unternehmertum immer ums ganze Team geht, nicht um Einzelleistungen“ – eine Lektion, die er heute an andere Start-up-Gründer weitergeben möchte: „Jeder kann gewisse Dinge sehr gut, aber man muss auch wissen, in welchen Bereichen die eigenen Schwächen liegen, und sich ein Team suchen, das diese Schwächen ausgleicht.“
13 Jahre nach der Gründung seines ersten Unternehmens, 2017, verkaufte Kaslatter sowohl k.section als auch box-planner und ging den Weg von Unternehmensgründung bis Exit somit ohne externe Investoren.
Sein heutiger Partner Ben Ruschin hingegen wählte einen anderen Weg. 2010 gründete er für den Marketingverband Marketing Natives, eine Non-Profit-Organisation, die jungen Marketing-Interessierten ein Sprungbrett in eine professionelle Karriere bieten sollte. Mit seinem Team organisierte er Events, bei denen sich die österreichische Marketing-Community treffen, kennenlernen und austauschen konnte. Das Konzept war so erfolgreich, dass Ruschin es schon bald in die Schweiz und nach Deutschland exportierte.
2013 gründete er gemeinsam mit Sead Ahmetovic Vienna Digital, mit der Ruschin und Ahmetovic für ihre Kunden E-Commerce- und App-Projekte umsetzten. Doch die Kunden hatten immer wieder den gleichen Wunsch: Statt die Services zu kaufen, könnten sie die Entwickler nicht für einen bestimmten Zeitraum „mieten“? Ruschin und sein Partner merkten schnell, dass das Rekrutieren von Softwaredevelopern ein großes Problem für IT-Unternehmen war.
2015 bauten sie deswegen eine Plattform für Softwareentwickler auf, nach dem Konzept von Marketing Natives: WeAreDevelopers genoss noch größeren Erfolg als Ruschins vorige Plattform. Die Events wuchsen in vier Jahren von 300 Teilnehmern auf über 10.000 und es traten IT-Stars wie Apple-Co-Founder Steve Wozniak oder Tim Berners-Lee, einer der Begründer des World Wide Web, als Speaker auf. 2019 schaffte es Ruschin aufgrund seiner Arbeit mit WeAreDevelopers auf die „30 Under 30“-Liste von Forbes DA, und das Unternehmen schätzt, heuer einen hohen siebenstelligen Umsatz zu erwirtschaften.
Für das Konzept – eine Community für einen klar definierten Bereich aufzustellen, um Talente und Unternehmen zu verknüpfen – sieht Ruschin auch in anderen Bereichen noch großes Potenzial. Doch auf die Frage, warum er sich dann nie darauf gestürzt hat, antwortet er: „Diesen Gedanken haben viele Start-ups. Sie wollen ihr Konzept, das auf dem Papier immer so einfach aussieht, auf mehrere Zielgruppen ausweiten: Die Infrastruktur hat man schon, genau wie Erfahrung mit dem Geschäftsmodell. Doch in der Praxis ist das sehr schwierig.“ Denn, so Ruschin, Unternehmer dürfen sich nicht defokussieren: „Du darfst als operativer Start-up-Gründer überhaupt keine Zeit mit anderen Projekten verbringen. Du musst zu 100 % auf dein Start-up fokussiert sein; alles, was ablenkt, ist tabu.“
Deshalb gab er Ende 2021 seine operativen Aufgaben bei WeAreDevelopers ab und wechselte in den Beirat. Der Jungunternehmer, der in München aufwuchs, hatte im Laufe der Jahre in eine Reihe von Start-ups investiert beziehungsweise diese mitbegründet. Schon damals wollte er diesen Firmen zum Erfolg verhelfen; heute will Ruschin der Unterstützung dieser Start-ups 100 % seiner Aufmerksamkeit schenken, weshalb er sich zu Jahresbeginn mit Mark Kaslatter zusammenschloss und Big Cheese Ventures gründete.
Gemeinsam verfolgen die beiden die Vision, ihre eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Das Bemerkenswerte an dem Team ist, dass Kaslatter und Ruschin in ihren Karrieren sehr unterschiedliche Wege gegangen sind: Kaslatter bootstrappte seine Unternehmen, dadurch erlangte er nicht nur wichtige Leadership-Skills, sondern erlernte auch, sparsam mit Geld umzugehen – besonders wichtig in einer Zeit, in der die Leitzinsen steigen und Investoren eher zurückhaltend sein müssen. Ruschin hingegen ist schon lange in der europäischen Start-up-Szene involviert und hat somit Erfahrung im Akquirieren und Verkaufen von Unternehmen sowie ein entsprechend großes Netzwerk an VC-Kontakten.
„Aber vielleicht noch wichtiger ist, dass die Chemie bei uns passt“, so Ruschin, „denn so haben wir auch Spaß an der Sache.“ Diese Passion erlaubt es den Big-Cheese-Gründern, ihren Kunden auf Augenhöhe zu begegnen. Kaslatter ergänzt: „Wir respektieren jeden Start-up-Founder und wollen diese hemdsärmelig unterstützen, sei es bei der Acceleration, beim Fundraising oder bei M&A-Transaktionen.“
Für das Konzept – eine Community für einen klar definierten Bereich aufzustellen, um Talente und Unternehmen zu verknüpfen – sieht Ruschin auch in anderen Bereichen noch großes Potenzial. Doch auf die Frage, warum er sich dann nie darauf gestürzt hat, antwortet er: „Diesen Gedanken haben viele Start-ups. Sie wollen ihr Konzept, das auf dem Papier immer so einfach aussieht, auf mehrere Zielgruppen ausweiten: Die Infrastruktur hat man schon, genau wie Erfahrung mit dem Geschäftsmodell. Doch in der Praxis ist das sehr schwierig.“ Denn, so Ruschin, Unternehmer dürfen sich nicht defokussieren: „Du darfst als operativer Start-up-Gründer überhaupt keine Zeit mit anderen Projekten verbringen. Du musst zu 100 % auf dein Start-up fokussiert sein; alles, was ablenkt, ist tabu.“
Deshalb gab er Ende 2021 seine operativen Aufgaben bei WeAreDevelopers ab und wechselte in den Beirat. Der Jungunternehmer, der in München aufwuchs, hatte im Laufe der Jahre in eine Reihe von Start-ups investiert beziehungsweise diese mitbegründet. Schon damals wollte er diesen Firmen zum Erfolg verhelfen; heute will Ruschin der Unterstützung dieser Start-ups 100 % seiner Aufmerksamkeit schenken, weshalb er sich zu Jahresbeginn mit Mark Kaslatter zusammenschloss und Big Cheese Ventures gründete.
Gemeinsam verfolgen die beiden die Vision, ihre eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Das Bemerkenswerte an dem Team ist, dass Kaslatter und Ruschin in ihren Karrieren sehr unterschiedliche Wege gegangen sind: Kaslatter bootstrappte seine Unternehmen, dadurch erlangte er nicht nur wichtige Leadership-Skills, sondern erlernte auch, sparsam mit Geld umzugehen – besonders wichtig in einer Zeit, in der die Leitzinsen steigen und Investoren eher zurückhaltend sein müssen. Ruschin hingegen ist schon lange in der europäischen Start-up-Szene involviert und hat somit Erfahrung im Akquirieren und Verkaufen von Unternehmen sowie ein entsprechend großes Netzwerk an VC-Kontakten.
„Aber vielleicht noch wichtiger ist, dass die Chemie bei uns passt“, so Ruschin, „denn so haben wir auch Spaß an der Sache.“ Diese Passion erlaubt es den Big-Cheese-Gründern, ihren Kunden auf Augenhöhe zu begegnen. Kaslatter ergänzt: „Wir respektieren jeden Start-up-Founder und wollen diese hemdsärmelig unterstützen, sei es bei der Acceleration, beim Fundraising oder bei M&A-Transaktionen.“
Wir waren selbst vor nicht allzu langer Zeit noch Start-up-Geschäftsführer – wir kennen die Herausforderungen.
Ben Ruschin
Zu seinen Kunden kann das Duo bereits einige Firmen zählen, die meisten aus Österreich. Es finden sich Namen wie Notarity (eine Onlineplattform für Notare), Repark (ein Marketplace für Parkplätze) und Return on Art (ein digitaler Kunstmarktplatz) in ihrem Portfolio. Bei jedem dieser Start-ups haben Ruschin und Kaslatter besonders auf das Team hinter den Gründern geachtet. Ruschin: „Die Zahlen und rechtlichen Aspekte sind die eine Sache – aber wirklich wichtig ist ein Team, das sowohl durch gute als auch durch schlechte Zeiten geht. Und das ist das, worauf wir unser Augenmerk legen.“
Wie an der Liste an Unternehmen zu erkennen ist, liegt der Fokus von Big Cheese Ventures zurzeit auf Firmen mit einem B2B-Software-as-a-Service-Geschäftsmodell. Denn, so Kaslatter, in diesem Bereich hätten er und sein Partner die meiste Erfahrung sammeln können. Und das Gründerduo möchte seine Start-ups dabei unterstützen, Probleme zu lösen und das Geschäftsmodell zu verbessern, anstatt „nur“ Investoren zu finden. „Wir waren selbst vor nicht allzu langer Zeit noch Geschäftsführer unserer eigenen Unternehmen. Wir kennen die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die damit kommen“, sagt Ruschin. Deshalb könnten er und sein Partner neuen Unternehmen besser helfen als andere Venture-Capital-Firmen.
Die beiden, sowohl Ruschin als auch Kaslatter, möchten also auch eine Art Mentorenfunktion für jüngere Gründer einnehmen. Denn, so Kaslatter, ein Vorbild sei im Unternehmertum wichtig: „Einer der für mich herausragendsten Unternehmer ist Ferdinand Porsche. Er gründete eine Firma und kreierte eine Marke, die heute jeder auf der Erde kennt.“ Doch er fügt hinzu: „Aber ich bin inspiriert von jedem unserer Start-ups und von jedem Geschäftsmann, der die Zukunft und den Status quo verändern möchte. Und es gibt so viele davon – das ist das Coole am Start-up-Ökosystem.“
Doch wie für die gesamte Finanz- und Unternehmenswelt liegen vor Kaslatter und Ruschin schwierige Zeiten. Nach Jahren billigen Geldes und teils exorbitanten Bewertungen steigen nun die Leitzinssätze und die Aktienmärkte fallen. Der Einlagensatz, den europäische Banken bei der EZB zahlen, wenn sie ihr Geld bei der Zentralbank deponieren (und der somit für Finanzmärkte als der wichtigste Zins gilt), lag im Juni noch bei -1,5 %. Heute beträgt er 1,5 % und dank der anhaltend hohen Inflation ist kein Ende der Erhöhungen in Sicht. Die nächste Rezession wird bereits für kommendes Jahr prognostiziert.
Das sind keine idealen Voraussetzungen für Start-ups, welche per Definition auf externe Geldgeber angewiesen sind, wie auch Ruschin zugeben muss: „Es ist sicher nicht der einfachste Zeitpunkt, um ein Start-up zu gründen. Die Investoren sitzen auf ihrem Geld und warten ab, was noch kommt.“ Laut ihm wurde in den letzten Jahren viel Storytelling von Start-ups betrieben. Business Angels und Venture-Capital-Firmen haben teils bittere Bidding Wars um Unternehmen gefochten und versucht, sich gegenseitig zu überbieten. Es wurde viel Geld für Marketing und PR ausgegeben.
Ben Ruschin gründete 2017 WeAreDevelopers, eine Plattform, die Softwareentwickler miteinander und mit Arbeitgebern verknüpft. Heute hat sie eine globale Reichweite. Mark Kaslatter startete 2004 k.section. Mit dem Unternehmen implementierte und beriet er andere Firmen bei der Umsetzung von CRM-Projekten. 2013 gründete er seine zweite Firma, box-planner, eine Plattform für Crossfit-Begeisterte. Beide Unternehmen verkaufte er 2017. Seit diesem Jahr arbeiten Ruschin und Kaslatter zusammen und verhelfen mit Big Cheese Ventures jungen Start-ups zum Erfolg.
Die neue finanzielle Realität zwingt besonders junge Unternehmen ohne starke Einnahmequellen, sich auf das Wichtigste zu konzentrieren: ein solides Geschäftsmodell, das auch Erträge erwirtschaftet. Doch darin liegen auch gewaltige Chancen, so Ruschin: „Es ist ein schwieriges Umfeld für Unternehmensgründungen. Aber das heißt auch, dass Start-ups, die ein wirklich gutes Geschäftsmodell haben – und dieses auch anhand von Zahlen belegen können –, diejenigen sein werden, die weiterhin finanziert werden.“
Text: Erik Fleischmann
Fotos: Gianmaria Gava