Safe mit Safe

Weltweit werden pro Jahr etwa 1,6 Bio. US-$ auf Ethereum transferiert, wobei 10 % des Transaktions­volumens laut Unternehmensangaben über Safe Global laufen. Hinter der Plattform steht der junge Gründer und Forbes Under 30-Listmaker Lukas Schor. Er strebt an, eine Schlüsseltechnologie für das dezentralisierte Web-3-Ökosystem zu etablieren: eine neue Entwicklungsstufe des Internets, bei der Nutzerkontrolle und die Blockchain-Technologie im Vordergrund stehen.

Die Prinzipien der Blockchain-Technologie spiegeln zentrale Werte der Schweiz wider: Neutralität, Resilienz, Dezentralisierung, Mitbestimmung, Sicherheit, Innovation und Liberalität“, erklärt Safe-Gründer Lukas Schor im Gespräch. Besonders aus ideologischer Sicht ist Schor von Kryptowährungen wie Ethereum begeistert – es ist daher wenig überraschend, dass er 2022 eine Plattform für Ethereum-Wallets gründete. Dass er Safe Global in nur zwei Jahren in Richtung der globalen Spitze solcher Plattformen geführt hat, ist aber beachtlich. Mit mehr als 27 Millionen registrierten Accounts verwaltet die Plattform laut Schor ein Transaktionsvolumen von über 100 Mrd. US-$ – etwa 0,1 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. „Selbst Ethereum-Gründer ­Vitalik Buterin nutzt die Lösungen von Safe“, so Schor sichtlich erfreut.

Das System hinter Safe basiert auf der Möglichkeit, mit ­Ethereum sogenannte „Smart Wallets“ zu erstellen, was mit anderen großen Kryptowährungen wie Bitcoin nicht möglich ist. Das Hauptprodukt von Safe ist eine solche Smart Wallet, die mit einer Multisignatur-Funktion arbeitet, bei der Transaktionen von mehreren Beteiligten genehmigt werden müssen, bevor sie durchgeführt werden. „Durch die Multisignatur-Funktion wurde das Problem des ‚Single Point of ­Failure‘ gelöst. Wenn man früher beispielsweise sein Passwort oder seinen Schlüssel zur Wallet verlor oder dieser in falsche Hände geriet, waren alle Krypto-Assets unweigerlich verloren. Mit unseren Smart Wallets passiert das nicht mehr“, erklärt Schor. Die Multisignatur-Technologie macht Safe besonders für Unternehmen und dezentrale autonome Organisationen (DAOs) attraktiv, da mehrere autorisierte Personen auf das Konto zugreifen können.

Heute punktet Safe vor ­allem durch die sicheren Wallet-Funktio­nen. So wird laut der Website jährlich rund eine Mio. US-$ in ­Sicherheits-Audits der Plattform investiert. Darüber hinaus bietet Safe mittlerweile eine Reihe weiterer Zusatzfunktionen. „Wir bieten die In­frastruktur, die von Wallet-Anbietern und Krypto-Verwahrungslösungen genutzt wird, um Endkundenlösungen zu ent­wickeln. Derzeit bauen etwa 200 Anwendungen auf unserer Technologie auf, und die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielseitig“, erklärt Schor. So können Automatisierungs­logiken integriert werden, die es ermög­lichen, Transaktionen automatisch auszuführen; zudem erlaubt die Plattform, Transaktionshierarchien abzu­bilden, um die Benutzeroberfläche zu optimieren.

„Viele Werte der Blockchain-Technologie entsprechen den Prinzipien der Schweiz“, sagt Lukas Schor.

Dabei kam der Safe-­Gründer erst vergleichsweise spät mit Krypto­währungen in Kontakt. Er begann sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, merkte jedoch schnell, dass er den Praxisbezug vermisste: „Es hat sich ein bisschen wie ein Elfenbeinturm angefühlt“, so der Gründer. Nach zwei Semestern legte er eine „Pause“ ein und absolvierte ein Traineeprogramm im Produktmanagement bei Bosch, um die reale Wirtschaft besser zu verstehen.

Nach einem kurzen Wieder­einstieg ins Studium zog es Schor nach Berlin, wo er in die Start-up-Szene eintauchte. Bei der Social-Media-Plattform Jodel sammelte er Erfahrung im Produktmanagement, während er parallel dazu sein Studium abschloss. Berlin öffnete ihm auch die Türen zur Kryptowelt, die 2017 einen ersten kleinen (aus heutiger Sicht) Boom erlebte. „Ich wollte bei einem Projekt dabei sein, das im Kryptobereich Vorreiter ist“, erinnert sich Schor. Diese Chance fand er bei Gnosis, einem Pionierprojekt in der Blockchain-Szene, wo er als Produktmanager begann. Schor: „Mein Fokus lag erst mal darauf, Erfahrungen im Kryptobereich zu sammeln.“

Er übernahm schließlich die Rolle des Product Leads für ein Gnosis-Projekt, das so stark wuchs, dass es 2022 als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert wurde. Gemeinsam mit drei Mitgründern führte er das Projekt in die Unabhängigkeit und gründete damit 2022 Safe. Seitdem hat das Unternehmen externe Finanzierungen in Höhe von 100 Mio. US-$ aufgenommen und sich auf rund 80 Mitarbeiter in Europa ausgeweitet, mit Standorten in Deutschland, der Schweiz, Spanien und Portugal. Dabei blieb die europäische Ausrichtung zentral: „Wir wollten, dass das Projekt die Werte von Dezentralisierung und Neutralität verkörpert und in Europa groß wird“, so Schor.

Dank seiner innovativen ­Technologien konnte Safe in den letzten Jahren erheblich zulegen – trotz der Schwankungen auf dem Kryptomarkt. Der aktuelle Ethe­reum-Preis von 2.953 US-$ (Stand: 20. November 2024) weckt bei vielen Krypto-Investoren neue Hoffnungen, denn dieser Preis ist zwar nicht so hoch wie das Rekordhoch von 4.100 US-$ im November 2021, aber deutlich höher als das darauf­folgende Tief von 1.000 US-$ im Juli 2022. Während der derzeitige ­Ethereum-Preis also keine neuen Rekorde bricht, feiern viele andere Kryptowährungen neue Höchststände; besonders, seit bekannt wurde, dass Donald Trump, der Kryptowährungen offen unterstützt, wieder ins Weiße Haus einzieht. So erreichte Bitcoin im November 2024 erstmals die 80.000-US-$-Marke.

Trotz Auf und Ab (und ­wieder Auf) zeigt sich Schor unbeeindruckt: „Der Kryptomarkt ist sehr zyklisch. In Bullenmärkten entstehen durch übertriebene Erwartungen Euphorie und Hype, wobei nahezu jedes Projekt als revolutionär betrachtet wird. Doch diese Phasen enden oft in Ernüchterung, wenn die Realität hinter den hohen Erwartungen zurückbleibt. Dieser ständige Wechsel zwischen Optimismus und Resignation prägt die Dynamik der Branche. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen und die Zyklen sogar strategisch zu nutzen.“

Für die Zukunft verfolgt Schor das Ziel, Blockchain-Technologien für die Nutzer zugänglicher und effizienter zu gestalten. Ein zentraler Fokus liegt dabei auf der Optimierung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Blockchains, sodass sich die Nutzung für den Anwender wie ein nahtloses System anfühlt. Safe soll dabei eine ähnliche Rolle wie Visa als globales Zahlungs­netzwerk einnehmen. Schor erklärt: „Visa selbst gibt keine Karten aus, sondern betreibt ein Payment-Processing-Netzwerk, das verschiedene Finanzsysteme verbindet. Wenn du also in Thailand in einem Laden mit deiner Visa-Karte bezahlst, wird zu diesem Zeitpunkt kein Geld transferiert, sondern eine Transaktions­garantie von Visa ausgestellt. Dabei ist es egal, in welchem Land du zahlst; Visa garantiert, dass das Geld überwiesen wird.“

Safe will eine ähnliche Architektur schaffen, bei der Nutzer Blockchain-übergreifend Trans­aktionen durchführen können und Safe eine Transaktionsgarantie ausstellt. „Für den Nutzer spielt die Dauer des Settlements keine Rolle – entscheidend ist eine blitzschnelle Transaktionsausführung in weniger als einer Sekunde. Safenet übernimmt die komplexen Prozesse im Hintergrund, sodass alles reibungslos abläuft“, so Schor.

Schor blickt optimistisch in die Zukunft und ist überzeugt, dass die Blockchain-Technologie noch ein enormes ­unerschlossenes Potenzial besitzt, das weit über Krypto­währungen hinausgeht. Er erklärt: „Unser Ziel ist es, die ­gesamte Weltwirtschaft auf die Blockchain zu bringen. Das mag für viele noch unrealistisch klingen, aber ich bin überzeugt, dass wir dies erreichen werden. Derzeit laufen über Safe immerhin schon circa 0,1 % des weltweiten BIPs.“

Lukas Schor ist Mitgründer von Safe und Präsident der Safe Ecosystem Foundation. Safe ist eine Multi-Signature-Wallet für Ethereum.

Fotos: Safe Global

Lela Thun,
Redakteurin

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