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Einst als Grafiker und Türsteher tätig, generiert Kevin Herbst mit seinem Bikerklamottenlabel Men of Mayhem mittlerweile einen Umsatz im siebenstelligen Bereich. Während viele Einzelhändler mit der Krise zu kämpfen haben, setzt der Hamburger auf seinen Erfolgskurs noch eins drauf: 2021 will Herbst den amerikanischen Markt erobern – und danach die ganze Welt.
Als wir Kevin Herbst Mitte Oktober zum Videointerview treffen, sitzt er in der 1.000 Quadratmeter großen Lagerhalle seines Bikerlabels Men of Mayhem und stellt schnell klar: „Wir ziehen bald um.“ Eine größere Halle soll’s sein – und nicht nur das: Der bisher einzige Flagship-Store in Hamburg wird bis Februar 2021 vergrößert und mit einem neuen Konzept versehen, das in künftigen Stores in ganz Deutschland übernommen werden soll. Zudem befindet sich gerade eine neue Kollektion im Anmarsch, das Warenwirtschaftssystem wird neu aufgesetzt, und 2021 steht zudem die Expansion in die USA an – kurz: Herbsts Unternehmen befindet sich im Wachstum.
Von der Pandemie und der Einzelhandelskrise spürt er eher weniger: „Für einige Händler, die sowieso schon am Kämpfen sind, ist Corona der Genickbruch. Uns hat das alles aber eher weniger betroffen. Einzig die ausgefallenen Harley Days (eines der größten Bikerevents, Anm.) schlagen uns umsatz- und marketingtechnisch eine große Kerbe.“ Er lacht: „Aber irgendeinen Schmerz muss man ja tragen!“
Mit Men of Mayhem generierte Herbst 2019 einen Umsatz im siebenstelligen Bereich. 2020 hat sich der Umsatz nicht wie sonst üblich (mehr als) verdoppelt, sondern ist „nur“ um 80 % gewachsen. „Wir wachsen extrem, und ich würde sagen, dass wir es problemlos geschafft hätten, uns zu verdoppeln, wäre Corona nicht gewesen“, sagt Herbst.
Die Marke zieht – so sehr, dass auch der Store in Hamburg laut Herbst während der Pandemie bisher keinen Umsatzeinbruch verzeichnet, da er Kunden von überall her anlockt. Das Unternehmen kann aufgrund seiner Wirkung auch weitgehend auf Marketingkampagnen verzichten. „Unser Wachstum ist personaltechnisch gerade an der Kapazitätsgrenze. Wir könnten neue Mitarbeiter einstellen, da wir aber im Februar das Fulfillment an einen externen Dienstleister abgeben, müsste ich sie dann wieder kündigen – und ich bin nicht der Mensch, der sagt: ‚Du hast sechs Monate einen Job und dann tschüss!‘“, so Herbst. Seine Erfolge feiert er trotz oder gerade wegen des Nischenprodukts, das er mit Men of Mayhem anbietet: „Für uns persönlich funktioniert der stationäre Handel, weil wir speziell sind“, so Herbst. Der Fokus seines Labels liegt auf der Bikerszene, es gibt jedoch auch viele Kunden der Marke, die weder ein Motorrad besitzen noch eines fahren.
70 % des Umsatzes entfallen auf Männer, die meisten Kunden sind zwischen 30 und 45 Jahre alt. „Unsere Kunden sind total bunt“, sagt Herbst. „Es geht bei Men of Mayhem um das Lebensgefühl, den Ruf nach Freiheit.“ Der Name selbst stammt dennoch aus der Bikerszene und steht für „Leute, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, gewisse Werte haben und für etwas einstehen“. Produziert werden die Produkte, die von Hoodies über Jacken bis hin zu Handschuhen und Schlüsselanhängern reichen, in der Türkei.
Zum eigenen Label kam Herbst wie „die Jungfrau zum Kind“, wie er selbst sagt. In Hamburg geboren und aufgewachsen, absolvierte er nach dem Realschulabschluss eine Lehre als Designer und Mediengestalter und jobbte nebenher als Türsteher in Hamburgs Nachtleben. „Ich war nie der Typ, der jedes Wochenende auf dem Kiez gefeiert hat. Da hat es sich angeboten, zu arbeiten“, so Herbst. Irgendwann begann er, für seine Türsteherkollegen Shirts zu designen. Die Designs kamen an, die Nachfrage stieg – 2012 startete Herbst dann offiziell mit Men of Mayhem, damals jedoch noch vorrangig auf Messen. Seine Haupteinnahmequelle war zu dieser Zeit immer noch seine Stelle als Grafiker bei der Hamburger Agentur Npire.
2016 hängte er den Job schließlich an den Nagel und widmete sich Vollzeit seinem eigenen Label. „Für mich selbst zu arbeiten ist das Beste, das ich machen konnte“, sagt Herbst über seine Entscheidung. Er habe schon immer sein eigenes Ding gemacht und Lust gehabt, etwas aufzuziehen, das ihm entspricht. Diese Authentizität in seinem Tun ist es auch, was er als wichtigen Erfolgsfaktor bezeichnet: „Man muss da auf jeden Fall heimisch sein im Markt. Sonst ist es nicht authentisch, dann funktioniert es nicht“, sagt Herbst, der selbst Motorrad fährt – wie auch sein Vater, Onkel und auch seine Tante. „Das liegt einfach in der Familie“, sagt er. „Irgendwie muss da wohl Benzin im Blut sein.“
Kevin Herbst
...absolvierte eine Ausbildung als Designer und Mediengestalter und arbeitete anschließend als Grafiker bei der Hamburger Agentur Npire. 2012 startete er nebenberuflich mit seinem Modelabel Men of Mayhem – seit 2016 ist er damit in Vollzeit tätig.
Herbst weiß genau, was er für seine Marke möchte und was nicht. Anfragen von Versandhäusern, die sein Label ins Sortiment aufnehmen möchten, habe er viele. Doch nur des Umsatzes wegen würde er Men of Mayhem nicht platzieren.
Die Marke muss zum Umfeld passen – daher können viele Kunden auch außerhalb des Onlineshops und des Flagship-Stores in Hamburg die Produkte finden, etwa in Bikergeschäften wie dem USM Motorcycles in Wunstorf, das sich auf die Wartung und den Umbau von Motorrädern fokussiert hat, oder in Tattoostudios wie dem Queen Ink in Schwerin. Dort kann man sich zugleich das Logo von Men of Mayhem – die Zahl 13 – in die Haut stechen lassen. Sie stehe zum einen für den 13. Buchstaben des Alphabets – also das M von Men of Mayhem –, zum anderen gelte sie als Unglücksbote und werde „das Dutzend des Teufels“ genannt, so Herbst. „Damit wird sie zur Zahl der Gesetzlosen und Rebellen.“ Weiter führt er aus: „Extrem viele Leute lassen sich das Logo tätowieren. Von dem Gefühl, das wir über die Marke transportieren, muss was mitschwingen, sonst würde das nicht passieren.“
Zudem geht das Unternehmen auch gern mal Kooperationen mit anderen Marken ein, etwa mit dem Motorrad-Customizer Road Rebel, der sonderangefertigte Motorradteile im Men-of-Mayhem-Design herstellt. Aktuell stehen aber keine weiteren Kooperationen mit anderen Marken an, da gerade alle Kapazitäten in die Expansion gesteckt werden. Herbsts großes Ziel: „Dass die Marke überall bekannt ist, also quasi der Coca-Cola-Effekt – das wäre der absolute Traum.“ Lachend fügt er hinzu: „Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden!“
Text: Andrea Gläsemann
Fotos: Joscha Kinstner
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 10–20 zum Thema „Handel“.