Roger Federer, das Matterhorn – und was das alles mit dem Silicon Valley zu tun hat

Alex Stöckl, Gründer des in Zürich ansässigen VC-Fonds Founderful, ist überzeugt: Die Schweiz ist das nächste Silicon Valley.

Nun ist Stöckl, der Partner beim aktivsten Early-Stage-Investor in der Schweiz ist, natürlich ein wenig biased – aber es gibt durchaus Fakten, die seine These unter­mauern: Die ETH Zürich produziert heute mehr universitäre Spin-offs als jede andere Universität der Welt; die Schweiz belegt seit 14 Jahren Platz eins im Global Innovation Index; das Land bietet Rechtssicherheit und einen hohen Lebensstandard; zudem sind ausreichend Kapital sowie grosse Konzerne vorhanden, um Start-ups ein gutes Ökosystem zu schaffen. Nicht umsonst haben zahlreiche Tech-Konzerne, allen voran Google, ungewöhnlich grosse Präsenzen in der Schweiz.

Die heutigen Tech-Riesen der Welt wurden mehrheitlich in den letzten 30 Jahren an der US-Westküste gegründet. Diese waren stark auf Branchen fokussiert, die sehr viele Kunden er­reichen müssen, um Erfolg zu haben: Amazon,

Google, Meta. Die nächste Generation könnte nun aber stärker im Deeptech-Bereich ange­siedelt sein – etwa künstliche Intelligenz, In­dustrial Tech oder Robotics.

Viele der oben genannten Tatsachen sind nicht neu. Geld war in der Schweiz schon immer vorhanden, das Land hatte auch immer den Ruf einer Innovationsschmiede. Vielmehr könnte auch in Zukunft eine ganz andere Tatsache dazu führen, dass die Schweiz eben nicht das nächste Silicon Valley wird: Peter Brabeck-­Letmathe, Chairman Emeritus bei Nestlé, sagte beim Forbes Money Summit: «In der Schweiz dürfen nur zwei Dinge überdurchschnittlich sein: ­Roger Federer und das Matterhorn. Alles andere ist ­verdächtig.» Und in gewisser Weise beschreibt das die Heraus­forderung perfekt: Die Schweiz ist kein Land, das Einzelpersonen glorifiziert. Das politische System ist darauf ausgelegt, dass weitgehend gesichtslose Politiker das Land in einem auf Konsens ausgelegten System führen. Das führt zu langfristiger Stabilität – ist aber bis zu einem gewissen Grad auch langweilig. Man könnte fast sagen: Die Schweiz will keine Superstars produzieren, egal ob in Politik, Wirtschaft oder sonst wo.

Ein Teil des Erfolgsrezepts der heutigen Tech-Riesen war auch, dass Unternehmer wie Steve Jobs, Elon Musk oder Mark Zuckerberg eine gewisse Aura aufbauen konnten. Das sind, zumindest in Gründerkreisen, Rockstars, die ­wiederum andere Menschen anziehen – um mit ihnen etwas aufzubauen oder etwas Eigenes zu starten. Es führt natürlich auch dazu, dass Hochstapler motiviert werden, darunter Elizabeth Holmes oder Sam Bankman-Fried. Auch das Beispiel von Adam Neumann zeigt, dass selbst erfahrene Investoren sich charmanten «Showmen» nicht entziehen können.

Ohne diese Glorifizierung von Einzel­personen sind Apple, Meta und Co undenkbar. Die Frage ist: Will die Schweiz das? Will ein Land, das Personenkult quasi verabscheut, der Hub einer neuen Gründergeneration sein, die die Titel­blätter von Magazinen ziert? Man könnte aber auch eine andere Frage stellen: Ist dieser ­bisher sehr relevante Faktor auch für Gründer von Deeptech-­Unternehmen, deren Ansatz vorrangig B2B-­fokussiert ist (und die ganz andere Unternehmen bauen und Probleme lösen müssen), not­wendig? Das ist offen. Schaden könnte ein wenig mehr Hype nicht – mit Mass und Ziel, natürlich.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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