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Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der legendären BMW Art Car Collection lud die BMW Group Niederlassung Wien zum Auftakt der BMW Art Car World Tour ins Museum für angewandte Kunst. Zu sehen waren die Art Cars von Andy Warhol, Roy Lichtenstein und Robert Rauschenberg – und eine Weltneuheit.
„Hervé, gewinne, aber fahr vorsichtig!“, soll Alexander Calder Hervé Poulain kurz vor dem Start des 24-Stunden-Rennens von Le Mans zugerufen haben. Calder, der legendäre amerikanische Künstler, der mit seinen eleganten dreifarbigen, vom Wind bewegten Mobiles Weltruhm erlangte, war der erste von BMW engagierte Künstler, der einen BMW (der Klasse 3.0 CSL) gestalten sollte. Das war im Jahr 1975 – und es war der Beginn der legendären BMW Art Car Collection.
Zustande gekommen ist diese durch das Zutun von Jochen Neerpasch, dem damaligen Gründer und Geschäftsleiter der BMW Motorsport GmbH, dem Hervé Poulain (der eigentlich Auktionator, Kunstkenner und Hobbyrennfahrer war bzw. ist) diese Idee, Rennwagen künstlerisch gestalten zu lassen und sie bei einem der weltweit renommiertesten Rennen über die Strecke zu jagen, zugetragen hatte. Und Neerpasch schien Gefallen an diesem Gedanken gefunden zu haben; zumal in den 1970er-Jahren der Rennsport in die öffentliche Kritik gekommen war und eine positive Note gut gebrauchen konnte. In einem Interview sagte er später: „Das Art Car war eine gute Gelegenheit, eine Seitenlinie einzuschlagen und zu probieren, die Kunst zur Technik zu bringen.“ Mit diesen „rollenden Skulpturen“ wurde (neben Markenfans) auch die Aufmerksamkeit eines ganz anderen Rennsportpublikums angezogen: Plötzlich war es auch um Galeristen, Kunstkritiker und Kunsthändler geschehen.



Mittlerweile ist die Sammlung auf 20 BMW Art Cars gewachsen und sie bildet, so heißt es von Unternehmensseite, „die Essenz des globalen Kulturengagements mit über 100 Initiativen in den Bereichen zeitgenössische Kunst, Musik, Film und Design“.
Und so wird das 50-jährige Jubiläum der legendär gewordenen Art Car Collection mit der BMW Art Car World Tour und einem Ausstellungsprogramm auf allen fünf Kontinenten begangen – mit dem Auftakt im März in Wien. Josef Reiter, Geschäftsführer der BMW Group Niederlassung Wien (im Bild links mit Catherina Veldi, Leiterin Marketing & Events der BMW Group Niederlassung Wien), führte das anlässlich des opulenten Eröffnungsfests im Museum für angewandte Kunst Wien unter dem Titel „( )EVOLUTION OF ART“ so aus: „Wir glauben, dass Innovation und Kreativität untrennbar miteinander verbunden sind – genau wie bei der Entwicklung unserer Automobile. Kunst spricht Emotionen an, genau wie ein BMW. Der Moment, in dem ein Fahrzeug Enthusiasmus, Bewunderung oder Staunen auslöst, ist vergleichbar mit dem Erleben eines beeindruckenden Kunstwerks.“ Ganz ähnlich muss das erste Rennen des von Calder gestalteten BMW beim 24-Stunden-Rennen 1975 in Le Mans gewesen sein: Danach gefragt erinnerte sich Hervé Poulain daran, dass sich nicht nur viele Kinder wünschten, dass „das bunte Auto gewinnen“ sollte.



In Wien wurden zum Auftakt gleich fünf Werke aus der BMW Art Collection präsentiert: David Hockney und Jeff Koons anlässlich der internationalen Kunstmesse, der Spark Art Fair, sowie Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg und Andy Warhol im MAK. Letzterer war der Einzige unter allen Künstlern, der tatsächlich den Wagen (BMW M1 aus dem Jahr 1979) und nicht eine Maquette gestaltete, die später auf den Wagen übertragen wurde. Dem Vernehmen nach nahm der Pop-Art-Künstler sechs Kilogramm Farbe zur Hand und war in nur 28 Minuten mit dem Wagen fertig. Poulain sagte später: „Von Warhol wünschte ich mir zwei Marilyns und Suppendosen, aber er inszenierte ein vom abstrakten amerikanischen Expressionismus der 1950er-Jahre inspiriertes Happening.“ Warhol selbst sagte, er habe versucht, Geschwindigkeit bildlich darzustellen: „Wenn ein Auto wirklich schnell fährt, verschwimmen alle Linien und Farben“, so Warhol.


Viele Jahrzehnte später sollte Jeff Koons mit seinem Design die Geschwindigkeit wieder auf die Karosserie eines BMW-Rennwagens bringen. Koons’ Wagen trägt die Nummer 79, als Reminiszenz an das Jahr, in dem das Art Car von Warhol auf die Strecke ging (es war auch das letzte vor Koons’ BMW). Für Andy Warhol war das Art Car mit Blick auf sein gesamtes Œuvre eine Ausnahme: Es zeigt Spontanität und eine gewisse wilde Unkontrolliertheit in dem sonst mit Druckschablonen oder hinter der Kamera versteckt und eher kontrolliert arbeitenden legendären Pop-Art-Künstler.
Für Robert Rauschenberg war die Gestaltung des Art Car wiederum eine logische Fortsetzung seines persönlichen Zugangs zur künstlerischen Tätigkeit: Rauschenberg war zeitlebens darum bemüht, die Kunst zu den Menschen zu bringen. „Fahrbare Museen wären eine großartige Sache“, soll er einst gesagt haben. Und: „Mit diesem Wagen hat sich für mich ein Traum erfüllt.“


So findet sich auf Rauschenbergs BMW 635 CSI aus dem Jahr 1986 auf der einen Seite eine Odaliske, ein Schwarz-Weiß-Akt des französischen Klassizisten Jean-Auguste-Dominique Ingres, und auf der anderen Seite das „Porträt eines Jünglings“ des italienischen Renaissancekünstlers Bronzino. Beide Kunstwerke hängen im New Yorker Metropolitan Museum of Art. Daneben finden sich Gräser und Pflanzen – allesamt aus Rauschenbergs eigener fotografischer Kollektion – ebenso wie die geometrischen Figuren, die die Karosserie bedecken. Auf den Radkappen sind Abbildungen antiker Teller aus dem Museumsshop zu sehen.
Roy Lichtensteins Arbeit, die dritte im MAK ausgestellte, ist ebenso unverwechselbar wie unverkennbar: Sein BMW Art Car Modell 320 aus 1977 zieren auf der Fahrerseite die hellgelbe aufgehende Sonne und auf der Beifahrerseite die dunkelgelbe untergehende Sonne als Anspielung auf den 24-Stunden-Zyklus von Le Mans. Begleitet wird der Feuerball mit den berühmten Benday-Punkten und reichlich Speedlines, die in vielen Comics des Künstlers zu sehen sind. Lichtensteins Design zeigt, so erklären es die Experten, die Landschaft so, wie die Rennfahrer sie beim Fahren sehen; eben so, wie Roy Lichtenstein es haben wollte: „Bei meiner Kunst geht es nicht um Form – es geht um das Sehen.“
Fotos: Gianmaria Gava