PUNKTLANDUNG

Es ist schwer vorstellbar, dass so herkömmliche Dinge wie Stift und Papier im digitalen Zeitalter noch einen Internethype auslösen könnten. Doch genau das ist Ryder Carroll mit „Bullet Journal“ gelungen.

Die vom Produktdesigner Ryder Caroll entwickelte Methode „Bullet Journal“, die nur einen Stift und ein Notizbuch benötigt, wird von Menschen weltweit genutzt, um die eigenen Gedanken zu ordnen und den Kopf frei zu bekommen.

Begonnen hat alles mit Carrolls eigenem Notizbuch. Neben seiner Vorliebe für gepunktete Seiten – anstatt der karierten oder linierten Variante – überlegte sich Carroll verschiedene Symbole, die jeweils To-dos, Termine oder Gedanken­einschübe repräsentierten. Ein „Future Log“ half zudem dabei, zukünftige Pläne nicht aus den Augen zu verlieren, ein „Habit Tracker“ ermöglichte die Analyse von eigenen Gewohnheiten. „Eines Tages wollte eine Freundin mein Notizbuch sehen. Ich war mir zunächst nicht sicher, da ein Journal ja eine wahnsinnig persönliche Sache ist. Als sie dann sah, welche Methoden ich entwickelt hatte, meinte sie nur: ,Das ist genial!‘“ Carrolls Bekannte war es dann auch, die ihren Freund ermunterte, seine Entwicklung mit der Welt zu teilen.

Ungewöhnliche Dinge liegen Ryder Carroll scheinbar schon seit jeher. Bereits in seiner Kindheit, die er in Wien verbrachte, machte sich Carrolls Andersartigkeit bei seinen Mitschülern bemerkbar. Zudem erschwerte ADHS es ihm, Inhalten im Unterricht konzentriert zu folgen: „Darum entwickelte ich bereits als Kind eigene Methoden, um Dinge besser verstehen zu können“, erzählt Carroll. Fürs Studium zog er zwar in die USA um, der Hang zum Individualisieren und kreativen Schaffen blieb aber erhalten. Nach dem College war Carroll als Designer unter anderem für Ann Taylor oder das Kaufhaus Macy’s tätig, bevor er seine Erfindung 2012 im Internet veröffentlichte.

Seitdem ist viel geschehen, „Bullet Journal“ ist als registrierte Marke eingetragen. Neben einer eigenen Notizbuchkollektion, die in Zusammenarbeit mit dem deutschen Hersteller Leuchtturm 1917 entstand, gelang Carroll mit seinem 2018 erschienenen Handbuch „The Bullet Journal Method“ der Sprung auf die Bestsellerliste der New York Times. Das Werk wurde bislang in 26 Sprachen übersetzt. Philip Döbler, Geschäftsführer von Leuchtturm 1917: „Carroll hat mit seiner Bullet-Journal-Methode eine weltweite Bewegung ausgelöst. Innerhalb weniger Monate hat sich das offizielle Bullet Journal von Leuchtturm 1917 in über 20 Ländern zu einem unserer Topseller entwickelt.“

An diesem Aufschwung war Carroll nicht unbeteiligt – aber auch zahlreiche Youtube-Kanäle, die sich mit vermeintlichem Bullet Journaling beschäftigen, profitieren von Carrolls Einfall. „Vieles, was im Internet unter ‚Bullet Journal‘ kursiert, hat nichts mit meiner Methode zu tun, sondern ist reine künstlerische Ausgestaltung. Für mich ist ‚BuJo‘ eine Achtsamkeitsübung zur Effizienzsteigerung.“ Für 2020 kündigt Carroll dennoch Großes an. Sein Ziel? „Noch mehr Menschen erreichen und ihnen zeigen, wie bereichernd Bullet Journaling sein kann.“

Text: Chloé Lau
Foto: Neuehaus

Dieser Artikel ist in unserer Dezember-Ausgabe 2019 „Sicherheit“ erschienen.

Forbes Editors

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