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Künstliche Intelligenz ist seit 2022 kein exklusives Werkzeug für Wissenschaftler und Finanztechnologen mehr – dank Diensten wie ChatGPT ist KI weltweit kostenlos und leicht zugänglich. Doch damit wächst bei vielen die Sorge: Macht KI meinen Job überflüssig? Cindy Candrian, Under 30-Listmakerin und Mitgründerin von Delta Labs, will diesen Ängsten entgegensteuern. Für sie ist klar: KI funktioniert nur im Zusammenspiel mit dem Menschen.
Innerhalb von nur fünf Tagen nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2022 erreichte ChatGPT eine Million Nutzer. Zwei Monate später waren es bereits 100 Millionen, womit es zum am schnellsten wachsenden Internet-Tool wurde. Das Thema künstliche Intelligenz rückte schlagartig ins Zentrum der öffentlichen Diskussion: Schulen suchten nach Lösungen, um zu verhindern, dass die KI alle Hausaufgaben übernimmt, Politiker ließen ihre Reden von ChatGPT schreiben, und in Talkshows sowie Zeitungen wurde über Berufe debattiert, die durch KI obsolet werden könnten.
Inmitten dieser Post-Covid-Ära, geprägt von KI-Panik, Neugier und Innovationsdrang, gründete die Schweizerin Cindy Candrian ihr Start-up Delta Labs. Ziel von Delta Labs ist es, Unternehmen durch Beratung und eigens entwickelte Tools den Einstieg in die Welt der KI zu erleichtern – denn laut Candrian besteht besonders bei der Mensch-Maschine-Interaktion ein erheblicher Nachholbedarf.
Candrian studierte Banking und Finance an der Universität Zürich, wobei sie sich früh für Datenanalyse und Zahlen begeisterte. Ihre Faszination für künstliche Intelligenz begann mit einer persönlichen Erfahrung. Candrian berichtet: „Meine Mutter kaufte ein Auto mit allen möglichen KI-Features, aber das Erste, was sie tat, war, alles auszuschalten.“ Diese Situation ließ die Unternehmerin darüber nachdenken, wie Technologie gestaltet sein muss, damit Menschen sie akzeptieren und nutzen. Diesen Gedanken verfolgte sie zunächst im Rahmen ihrer Bachelorarbeit, in der sie die Rolle von KI bei Finanzinvestitionen und menschlichem Verhalten untersuchte.
An der Universität Zürich vertiefte sie dann ihre Forschung zu Human-AI-Interaktionen und deren Nutzen für Unternehmen, was ihr die Möglichkeit zur Promotion eröffnete. 2023 gründete Candrian gemeinsam mit ihrer Forschungspartnerin Anne Scherer das Unternehmen Delta Labs, das aus diesem universitären Projekt hervorging.
„Delta Labs begann als Beratungsunternehmen mit dem Fokus auf der Entwicklung ethischer und menschenzentrierter KI-Strategien für Unternehmen – ein Schwerpunkt, der auf unserer früheren Forschung basierte“, erklärt Candrian, und fügt hinzu: „Im Laufe der Zeit zeigte sich jedoch, dass viele Unternehmen große Herausforderungen in den Bereichen Kommunikation und Marketing hatten. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung eines spezialisierten Tools, das genau diese Probleme adressiert.“
„Wir wollen die beste Plattform im Bereich Customer Centricity werden“, sagt Cindy Candrian.
Dieses Tool, genannt Delta One, ist eine textbasierte KI-Lösung, die sich an die spezifische Unternehmenskommunikation anpasst. Es unterstützt Kunden von Delta Labs bei der Erstellung individueller Inhalte wie Pressemitteilungen oder Social-Media-Posts. „Dabei integriert Delta One verschiedene KI-Tools und nutzt einen Multi-Agent-Prozess, um effektive Ergebnisse zu erzielen“, erklärt die Gründerin.
Besonders wichtig ist Candrian die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI. Sie betont: „Am Ende muss der von einer KI verfasste Text immer noch von einem Menschen kontrolliert und angepasst werden; denn eine KI macht Fehler, besonders wenn es um Vorurteile oder ethische Verzerrungen geht.“ Delta One fungiert genau an dieser Schnittstelle zwischen dem Menschen und der KI und soll bei seiner Arbeit unterstützend und nicht ersetzend sein.
Candrian betont, dass der aktuelle technologische Stand der KI noch deutlichen Aufholbedarf zeigt, insbesondere bei ethischen Fragestellungen: „Oft hat eine KI ein verzerrtes Wahrnehmungsbild. Der Grund dafür liegt darin, dass KI mit historischen Daten trainiert wird – Daten, die oft Verzerrungen und Stereotype enthalten und nicht unbedingt die Realität widerspiegeln, die wir in der Zukunft anstreben. Diese Verzerrungen werden von der KI nicht nur erlernt und übernommen, sondern können in der Zukunft auch weiter verstärkt und reproduziert werden.“
Ein Beispiel hierfür liefert eine Studie der University of Southern California (USC), die ergab, dass 38,6 % aller von einer KI ausgegebenen Fakten voreingenommen und von Vorurteilen geprägt sind. „Diese Fehler sind jedoch nicht der KI anzulasten“, so Candrian weiter, „sondern resultieren häufig aus den verzerrten Daten, mit denen die KI trainiert wurde.“
Daher arbeitet Candrian bei ihrem neuen Tool, den sogenannten Digital Twins, auch mit synthetischen Daten, also Daten, die nicht aus echten Quellen stammen, sondern durch Programme erzeugt werden. Diese Digital Twins sollen Unternehmen dabei unterstützen, ihre Kunden während der Produktentwicklung besser zu verstehen. Candrian erklärt: „Das Unternehmen kann den Digital Twin eines Kunden befragen, welche Produkte sich der Kunde wünscht und wie viel er bereit ist, dafür zu zahlen.“
Seit der Gründung im Jahr 2023 konnte Delta Labs ein Wachstum von 400 % verzeichnen, ganz ohne auf externe Finanzierungen zurückzugreifen. „Wir waren von Anfang an ,bootstrapped‘. Das ist in der Tech-Branche relativ ungewöhnlich“, betont Candrian stolz. Heute betreut das Unternehmen mehr als 50 Kunden, darunter Unternehmen und Institutionen aus verschiedenen Branchen, wie Bildungseinrichtungen (Hochschulen und Universitäten), Retail, Luxus- und Konsumgüter, Gastgewerbe sowie Medien, Marketing und Kommunikation. Die Kundenbasis umfasst sowohl Fortune-500-Unternehmen als auch nationale Institutionen und globale Branchenführer.
Trotz des erfolgreichen Wachstums in nur einem Jahr steht für Candrian auch in naher Zukunft kein Stillstand an. Die Schweizer Unternehmerin plant, das Wachstum von Delta Labs fortzusetzen und ihre Produkte sowie Tools weiterzuentwickeln. „Wir wollen die beste Plattform im Bereich Customer Centricity werden und unsere Tools wie Delta One, aber auch unsere Chatbots auf ein neues Level bringen. Der Mensch soll dabei aber immer im Mittelpunkt stehen“, betont Candrian. Die Maschine kann und soll laut der Gründerin den Menschen nie ersetzen.
Cindy Candrian ist Co-Gründerin der Delta Labs AG, eines Schweizer KI-Unternehmens, das das Vertrauen von KMUs bis hin zu Fortune-500-Unternehmen weltweit gewonnen hat. Mit einem starken Fokus auf hybrider Intelligenz begleitet Delta Labs Kunden von der Strategie bis zur Umsetzung und stellt sicher, dass ethische Verantwortung im Zentrum steht.
Fotos: David Biedert