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Der CEO des österreichischen Immobilienkonzerns Buwog steht vor einer Übernahme durch die deutsche Vonovia.
Als „Mr. Buwog“ machte Daniel Riedl den österreichischen Immobilienkonzern in den letzten Jahren zu einem der größten Player im deutschsprachigen Raum. Das bemerkte auch der Markt, denn kürzlich machte der deutsche Konkurrent Vonovia der Buwog ein verlockendes Übernahmeangebot das Riedl und Co. annehmen wollen. Wir sprachen mit dem Buwog-CEO über gepackte Koffer, die neue Strategie sowie Potenziale am Immobilienmarkt.
29,05 € pro Aktie betrug das Vonovia-Angebot, das Daniel Riedl am Abend des 15. Dezember, eines Freitags, telefonisch übermittelt wurde. Das Wochenende sollte turbulent werden: Riedl und seine Vorstands- und Aufsichtsratskollegen diskutierten den Deal intensiv. Letztendlich einigte man sich, das Angebot zu unterstützen. Denn der Preis war attraktiv, lag fast 20 Prozent über dem letzten Schlusskurs. Riedl selbst kündigte an, seine Aktien zu verkaufen und wollte damit seine Unterstützung noch stärker demonstrieren.
Vonovia ist vor allem an den 27.000 Wohnungen, die die Buwog in Deutschland besitzt, sowie an der Kompetenz in der Bauentwicklung (Development) interessiert. Denn der Konzern möchte wachsen, versuchte bereits erfolglos, den Konkurrenten Deutsche Wohnen zu übernehmen und kaufte 2017 die österreichische Conwert. Am Österreich-Portfolio war man da hingegen weniger interessiert, es sollte eigentlich verkauft werden. Nun ist aber alles anders: Die Buwog wird, sollte alles glattgehen, mit ihrem Deutschland-Portfolio in die Vonovia übergehen, das Österreich-Portfolio des Konzerns also der Restbestand der Conwert geht wiederum in die Buwog über. Die erhofften Effizienzsteigerungen durch die Übernahme schätzt Vonovia auf 30 Millionen €, zudem holt man sich mit der Buwog eine Kompetenz ins Haus, die fehlt: Development. Daniel Riedl scheint zufrieden mit dem Angebot und gibt dem Zustandekommen des Deals eine „hohe Wahrscheinlichkeit“. Ob es tatsächlich funktioniert, entscheidet sich erst: Nach Legung des offiziellen Angebots haben die Aktionäre bis 16. März Zeit, über die Annahme zu entscheiden.
Wie kam es zum Übernahmeangebot durch Vonovia?
Flapsig gesagt ist uns der eigene Erfolg zum unter Anführungszeichen Verhängnis geworden. Wir haben mit der Buwog seit 2013 im österreichischen und deutschen Immobiliengeschäft einen substanziellen Player aufgebaut. Ziel war von Anfang an, das Unternehmen an der Börse zu platzieren als Teil der deutschen Peer Group. Daher ging die Buwog auch in Frankfurt an die Börse (im April 2014 ging der Titel als Spin-off der Immofinanz an die Börse, Anm.). Wir sind also bei Investoren und in der Branche als einer der großen Player im deutschen Wohnimmobiliengeschäft akzeptiert. Die logische Weiterentwicklung: Wenn man in einem Markt, der aktuell konsolidiert, attraktiv ist, wird man früher oder später zum Übernahmeziel. Das geht dann relativ schnell, im aktuellen Fall mit einem Anruf am Freitagabend, intensiven Verhandlungen über das gesamte Wochenende und der Verlautbarung am Montagmorgen. Und so kam es Ende Dezember letztendlich auch zur Ankündigung des Übernahmeangebots mit einem Preis, der für unsere Aktionäre attraktiv ist, sowie einem Konzept, das für Vonovia sehr und für die Buwog in Teilen reizvoll ist. Denn es gibt keine Übernahme ohne Kollateralschäden: In Teilen unserer Strukturen werden Mitarbeiter unter der Übernahme leiden müssen, was ohne Zweifel der Wermutstropfen des Ganzen ist.
Was interessiert einen deutschen Milliardenkonzern an der österreichischen Buwog?
Es sind wohl drei Gründe, wobei jeder die Prioritäten anders reihen würde. Erstens: Vonovia übernimmt mit uns, sofern die Aktionäre das Angebot annehmen, rund 27.000 Wohnungen in Deutschland. Es gibt sonst aktuell durch Portfoliozukäufe keine Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland für Vonovia, schon gar nicht in dieser Dimension. Und die Standorte unseres deutschen Bestandsportfolios decken sich zu fast 90 Prozent mit Standorten der Vonovia. Zweitens: Das Unternehmen kauft mit uns eine Development-Pipeline und Know-how im Bereich Wohnungsneubau. Mehr als 10.000 Wohnungen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund drei Milliarden €, wo die Grundstücke bereits vorhanden sind, befinden sich bei uns bereits in Bau oder in Planung. Und der dritte Grund: Vonovia hat beschlossen, international aktiv zu werden, und beschäftigt sich mit den Nachbarn, etwa Frankreich. In Österreich hatte man mit dem Conwert-Zukauf einen ersten Berührungspunkt und erweitert diesen nun. Nichts an diesem Deal passt nicht zu Vonovia ein guter Match.
Die Übernahme ergibt bezogen auf Deutschland natürlich Sinn. Vonovia will seit geraumer Zeit in Deutschland wachsen, ist aber an der Übernahme von Deutsche Wohnen gescheitert. Etwas weniger Sinn ergibt der Kauf mit Blick auf Österreich, denn da wollte sich Vonovia eigentlich vom Restbestand der Conwert-Transaktion trennen. Wie passt das zusammen? Und: Wird die Buwog das Conwert-Portfolio mitverwalten?
Bezogen auf Conwert und Vonovia ist die Aussage wohl richtig Österreich war sicher nicht der Grund, warum diese Übernahme damals stattgefunden hat. Jetzt in Österreich ein Portfolio zu verkaufen und in Zukunft irgendwann die Buwog zu übernehmen ergibt wenig Sinn. Vonovia löst mit der Übernahme also das „Conwert-Problem“, indem der österreichische Bestand nicht verkauft, sondern in die Buwog integriert wird.
Von beiden Seiten ist regelmäßig von Effizienzsteigerungen zu hören. Wie können diese aussehen?
Sofern die Übernahme durchgeht, soll in den Ländern nach entsprechenden Synergien gesucht werden. Der deutsche Buwog-Bestand soll in die Vonovia integriert, der Österreich-Bestand der Vonovia also der Restbestand von Conwert in die Buwog überführt werden. Nicht geplant sind hingegen große, grenzüberschreitende Synergien. Die österreichische Buwog soll nicht aus Bochum gesteuert, sondern als unabhängige Tochter positioniert werden; in etwa so, wie die Buwog auch zehn Jahre lang unter der Immofinanz erfolgreich geführt wurde.
Wie hoch sind die Einsparungen konkret?
Vonovia rechnet mit rund 30 Millionen € Einsparungen pro Jahr und für beide Märkte. In Österreich wird ein bisschen, aber nicht viel Einsparungspotenzial zu holen sein, denn der Restbestand des Conwert-Portfolios beträgt lediglich 2.500 bis 3.000 Einheiten. Die großen Synergien kommen also aus der Integration in Deutschland, etwa durch noch größere Einkaufsvolumina. Auch Finanzierungssynergien werden am Rande eine Rolle spielen. Wir verfügen zwar, worauf wir sehr stolz sind, trotz Development über das gleiche Kreditrating wie Vonovia, BBB+, und können uns daher bereits jetzt schon sehr günstig finanzieren. Der Zugang zu Kapital ist aber dennoch auch eine Frage der Größe. Und es hilft im Development, wo es uns noch größere Möglichkeiten eröffnet. Wir gehen bereits jetzt als Buwog mit rund 1,5 Milliarden € Eigenkapital im Hintergrund zu den Banken, wenn es um Projektfinanzierungen geht, und in einer neuen Konstellation mit der Vonovia steigt der Eigenkapitalvorrat noch einmal beträchtlich.
Sie ziehen, sollte der Deal durchgehen, in den Vonovia-Vorstand ein und lassen die Buwog somit zurück?
Ich würde das nicht als „zurücklassen“ empfinden. Der Käufer hat es zur Bedingung gemacht, dass ich an Bord bleibe und die Themen Österreich und Development im Vonovia-Vorstand verankere. Ich bleibe also für Österreich und die Buwog zuständig, es gibt keinen Abschied. Ob ich auch in der Buwog im Vorstand aktiv bleibe oder ausschließlich im Vorstand der Vonovia tätig sein werde, wurde bisher noch nicht diskutiert.
Was umfassen diese Vorstandsaufgaben Österreich und Development konkret?
Das trifft in Bezug auf Österreich die Bereiche Development und Bestandhaltung, in Deutschland vor allem das Thema Deveopment. Vonovia ist ein sehr wertschöpfungskettenorientiertes Unternehmen. Da geht es um Kundenorientierung, aber auch um das Abdecken der gesamten Kette bis hin zur eigenen Handwerkerorganisation. Was aber bislang fast vollständig fehlt, ist der Neubau. Wenn hier aber Know-how vorhanden ist und man Bereiche entsprechend skalieren und Risiken managen kann, ist Development eines der ertragreichsten Felder. Der Plan ist also, die Development-Struktur der Buwog in Deutschland, die in Berlin ansässig ist, als Basis dafür zu verwenden, im Wohnungsbau in Deutschland weiter zu expandieren
Sie haben bereits zu Beginn des Gesprächs gesagt, dass nicht alle Mitarbeiter zu halten sein werden. Gibt es da schon konkrete Zahlen?
Nein, noch nicht. Das Vonovia-Angebot ist Stand heute ja noch nicht einmal veröffentlicht. Es kommt am 6. Februar, am 16. März werden wir dann wissen, ob es angenommen wird. Wir können und wollen uns mit Vonovia zum aktuellen Zeitpunkt über solche Fragen also nicht unterhalten, denn das Unternehmen ist derzeit noch unser Mitbewerber. Das ist gerade eine schräge Konstellation: Auf der einen Seite haben wir ein unterstützendes, freundliches Verhältnis, um den Deal anzutreiben. Auf der anderen Seite wissen wir aber nicht, ob die Übernahme zustande kommt. Für uns gilt also das Motto „Alles beim Alten“. Wir müssen so tun, als gäbe es dieses Angebot gar nicht. Und letztendlich dürfen wir es auch gar nicht anders handhaben, denn wir wissen ja nicht, ob unsere Aktionäre am Ende verkaufen oder nicht.
Sie persönlich haben relativ schnell gesagt, dass Sie Ihre Aktien verkaufen wollen. Auch der restliche Vorstand und der Aufsichtsrat unterstützen das Angebot. War es jemals ein Thema für Sie, nicht zu verkaufen?
Wir haben das über das Wochenende, als die Übernahme aufkam, intensiv diskutiert. Vonovia hat gefordert, dass bei Unterstützung der Transaktion sowohl der Aufsichtsrats- als auch der Vorstandsvorsitzende ihre Aktien einbringen. Wir halten das Angebot aber finanziell für so interessant, dass wir zugestimmt haben. Der Preis von 29,05 € pro Aktie lag ja rund 18 Prozent über dem damals letzten Schlusskurs, das sind 450 Millionen € mehr für unsere Aktionäre. Wir können so auch Einfluss auf die Bedingungen der Übernahme nehmen. Hätten wir das Angebot hingegen nicht unterstützt, hätte es zu einem feindlichen Angebot kommen können gänzlich ohne unsere Einflussnahme.
Fast 20 Prozent Aufschlag wirken überzahlt. Welcher Anteil dieser Prämie liegt überhaupt an der Attraktivität der Buwog und welcher Anteil ist dem Willen von Vonovia geschuldet, unbedingt wachsen zu wollen?
Ich gehe fest davon aus, dass die Buwog das Angebot wert ist. Das ist finanziell attraktiv, die Buwog kann in dieser Konstellation aber auch eine Basis für weitere Expansionen sein. Eine solche Struktur kann Vonovia nicht einfach aus dem Boden stampfen Stichwort Development-Plattform. Und wenn es am Ende dann keine Win-win-Situation sein sollte, wird die Transaktion auch nicht zustande kommen.
Welche Wahrscheinlichkeit geben Sie dem Zustandekommen des Deals?
Ich kann und will da keine konkrete Prozentzahl nennen. Ich glaube aber, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Deal durchgeht, relativ hoch ist.
Sowohl Buwog als auch Vonovia sind stark in „Luxusstädten“ wie Berlin, Wien oder Hamburg vertreten. Sollen gemeinsam auch B- und C-Städte erschlossen werden?
Darüber ist noch nicht gesprochen worden, das müssen wir in Ruhe ansehen. Für uns als Buwog hat es sich bisher ausgezahlt, uns auf ganz große Städte zu fokussieren, auch aufgrund unserer Strategie „Bau für den Verkauf“. Wir bauen zwei Drittel für den sofortigen Verkauf, ein Drittel für den Bestand. Wir sind nun mal Spezialist dafür, Objekte bzw. ganze Quartiersentwicklungen zu bauen, die zwischen 200 und 1.500 Wohnungen umfassen. Bei kleineren Projekten legen sich unsere Kosten einfach nicht um. Da haben wir auch Schwierigkeiten in der Grundstücksakquisition, denn Geld ist nicht das Problem dieses Marktes. Wenn wir ein Projekt mit zehn, 20 oder 50 Wohnungen ankaufen wollen, gibt es in Städten wie Wien oder Berlin 100, 200 oder gar 300 Konkurrenten. Da mischen Vermögensverwalter, private Käufer oder Stiftungen mit. Bei Grundstücken zwischen 30 und 100 Millionen € gibt es hingegen vielleicht drei bis fünf Player, die eine solche Dimension stemmen können. Dafür benötigen wir aber auch noch keine Finanzierung, das schaffen wir aus unserer Liquidität.
Anders gefragt: Wenn Sie persönlich eine Stadt aufgrund des Bewertungsniveaus wählen könnten, welche wäre das?
Man muss da die Bereiche Bestandsmanagement und Neubau unterscheiden. Rein im Bereich Development halte ich grundsätzlich jene Städte, in denen wir aktiv sind Berlin, Wien, Hamburg weiterhin für attraktiv. Die Einstiegspreise sind dort zwar nicht billig, auch die Preisentwicklung der letzten Jahre war substanziell. Dennoch sprechen wir hier von den drei größten deutschsprachigen Städten, die nachhaltigen Zuzug haben und in denen keine Spekulationsblasen herrschen. Der Nachfrageüberhang führt zu dieser Preisentwicklung ich wüsste nicht, was die Nachfrage so deutlich reduzieren sollte. Doch es gibt natürlich auch andere Städte, die interessant sind etwa Leipzig oder Dresden. Die einzige Stadt, mit der ich mir aufgrund von Marktlage und Preisdynamik schwer tue, ist München. Dort jetzt im Development einzusteigen ist schwierig. Denn es gibt dort hohe Eintrittsbarrieren und teure Grundstückspreise sowie langfristige Baugenehmigungsverfahren.
Der Markt ist in den letzten Jahren gut gelaufen. Geht das so weiter? Wo stehen wir im Zyklus?
Es gibt ja nicht den „einen“ Zyklus. Im Bestandsimmobiliengeschäft sind wir sicher relativ weit. Aber wer weiß, was mit den Zinsen passiert und welche Auswirkungen die Zinsen dann auf die Nachfrage haben? Ich glaube nicht, dass Wohnimmobilien plötzlich nicht mehr nachgefragt werden. Gleichzeitig lassen sich mangelnde Wachstumschancen aber mit Development ersetzen. Wir haben in den letzten Jahren ja deswegen viel selbst gebaut, weil uns der Kauf von Bestandsobjekten zu teuer geworden ist. Das ist zwar nicht so skalierbar, denn 20.000 Wohnungen kann ich in drei Monaten zwar kaufen, aber nicht bauen. Doch Neubauten erzielen höhere Mieterlöse, sind effizienter und verursachen durch die Neubauqualität viel weniger Instandhaltungskosten vielleicht benötige ich also nur die Hälfte der Objekte, um die gleichen Erträge wie in einem Altbaubestand zu erzielen.
Wie schwierig wird das Umfeld für Sie, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) anfängt, den Leitzins zu erhöhen?
Wir denken, dass die Zinsen steigen werden. Doch wir haben uns unsere Zinsen extrem langfristig gesichert im Schnitt zu 1,79 Prozent mit einer durchschnittlichen Laufzeit der Finanzverbindlichkeiten von knapp elf Jahren. Damit haben wir diese Frage im Bestandsmanagement für einige Jahre vom Hals. Und der Bereich Development ist nicht besonders zinssensibel, denn die Grundstücke werden eigenfinanziert. Und dann haben wir so früh Anzahlungen von Kunden, dass wir von der Bankfinanzierung nicht viel mitbekommen.
Die Zinsen treffen aber auch die Nachfrage. Bei nachhaltig niedrigen Zinsen flüchten Investoren oft in Immobilien …
Das betrifft die Flucht ins Betongold, doch das ist nur ein Teil der Nachfrage. Jene Leute, die nach Wien, Berlin oder Hamburg ziehen, benötigen ja weiterhin Wohnungen. Ich denke nicht, dass die Nachfrage weiterhin so stark zinsstimuliert ist. Vernünftige Interessenten, die sich eine Eigentumswohnung kaufen wollen, rechnen vermutlich nicht mit einem Prozent Zinssatz für die nächsten 30 Jahre. Da wird mit 2,5 bis 3,0 Prozent gerechnet. Zinssteigerungen betreffen also eher klassische Investoren als jene, die sich nach einer Eigentumswohnung sehnen. Das Grundbedürfnis nach Wohnen und auch nach Eigentum wird meines Erachtens davon nicht stark beeinflusst.
Packen Sie schon Ihre Koffer für Bochum?
Nein. Vonovia sitzt zwar in Bochum, einen gewissen Teil meiner Zeit werde ich also dort verbringen. Mein operatives Geschäft, meine Verantwortung liegt aber nicht in Bochum. Daher werde ich meine Zeit wohl zwischen Wien, Berlin und Bochum aufteilen.
Dieser Artikel ist in unserer Januar-Ausgabe 2018 „Forecasting“ erschienen.