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Wie der US-Schokoladenhersteller allen Widrigkeiten der Branche trotz.
Für viele begann die Craft-Chocolate-Bewegung vor rund 20 Jahren. Damals brachte Scharffen Berger seine Bean-to-Bar-Schokolade – von der Kakaoernte bis zur fertigen Schokolade liegt alles in den Händen des Chocolatier – auf den Markt. Die Tafeln punkteten mit einem Hauch Exklusivität – der Preis lag bei zehn US-$. Doch Gary Guittard, Präsident von Guittard Chocolate, gefiel die Ankunft von Scharffen Berger weniger. „Das roch nach Gefahr für uns“, sagt er.
Scharffen Berger wälzte mit hoher Handwerkskunst und seltenen Kakaobohnen die Branche um. Der Markt reagierte darauf mit unverhohlenem Enthusiasmus und der heute 71-jährige Guittard dachte sich: „Ich muss Änderungen einführen, um zu überleben.“ Er experimentierte vier Jahre lang – was ihm nahezu den Kopf kostete. Doch Guittard besann sich auf die alten Rezepte des Unternehmens, das 1868 unter dem Namen E. Guittard & Co. Chocolates & Cocoa von Guittards Urgroßvater in San Francisco gegründet wurde. Guittard: „Ich musste zurückkehren zu der Art, wie wir Schokolade vor 100 Jahren gemacht haben.“
Der langen Rede kurzer Sinn: Guittard fand die süße Mitte, indem er Bohnenarten verwendete, die sein Unternehmen seit Jahrzehnten nicht mehr einsetzte. Gemischt mit alten Familienrezepten und neuen Verarbeitungsmöglichkeiten stellt er so nicht nur qualitativ bessere Schokolade her als „die Großen“ – er tut es auch in Dimensionen, mit denen „die Kleinen“ nicht mithalten können. Im 22,4 Milliarden US-$ umfassenden US-Markt für Schokolade erzielt Guittard rund 100 Millionen US-$ Jahresumsatz. Damit liegt er weit hinter Riesen wie Hershey und Mars, die zusammen rund drei Viertel des US-Marktes abdecken, doch Guittard setzt deutlich mehr um als kleine Konkurrenten wie Askinosie oder Madécasse. Scharffen Berger wiederum wurde 2005 für rund 50 Millionen US-$ von Hershey gekauft, als der Craft-Chocolate-Pionier rund zehn Millionen US-$ umsetzte.
Somit ist Guittard wohl der größte Schokoladehersteller der USA, den keiner kennt. Seit vielen Jahren aber beliefert Guittard Unternehmen wie See’s Candies, dem im Besitz von Warren Buffetts Berkshire Hathaway stehenden Konditoreiunternehmen. In den 1930er-Jahren begann Guittard, mit See’s zusammenzuarbeiten – bis heute. Brad Kinstler, CEO von See’s: „Unsere spezifische Schokolade, die von Guittard produziert wird, ist für unseren Geschmack unablässlich. Wir haben ganz bestimmte Anforderungen, und sie können diese erfüllen.“ Und auch der österreichische Starkoch Wolfgang Puck verwendet die Süßigkeit – für seine Mini-Oscars im Anschluss an die Academy Awards. Zu den langjährigen Kunden von Guittard gehören aber auch Schwergewichte wie Mrs. Fields’ Cookies und der Kaffeeriese Starbucks. An seiner Kleinheit stört Guittard sich nicht: „Wenn unsere Kunden Erfolg haben, haben auch wir Erfolg.“
Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2018 „Food“ erschienen.
Text: Stacy Perman
Übersetzung: Klaus Fiala