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Als das Kerngeschäft des bayerischen Mittelständlers Celebrate Company in der Pandemie über Nacht um 90 % einbrach, mussten die Gründer und das Management des Kartenmachers und Print-Diensts kreativ werden. Mit Erfolg: Das einst angeschlagene Start-up steigt aktuell zum europäischen Branchenprimus auf.
Patrick Leibold, Co-CEO von Celebrate Company, hat sich am Freitagnachmittag Zeit für ein Interview genommen. Draußen wird es bereits dunkel und hinterher geht’s zum Laternenumzug mit seinen Kindern – Familie ist Leibold und seinem Co-CEO Steffen Behn wichtig, deshalb teilen sie sich die Rolle. Aber angefangen hat alles mit den Behns: Das Gründer-Ehepaar Christoph und Jennifer Behn konnte zur Geburt ihres Babys keine schönen Grußkarten finden – 2010 gründeten sie ergo die „Kartenmacherei“ für personalisierte Grußkarten.
Zwölf Jahre später heißt das einst kleine Familienunternehmen Celebrate Company und wird einen Umsatz von etwa 120 Mio. € machen, sagt Leibold. „Als ich kam, waren es 30 Millionen € Umsatz im Jahr“, erinnert er sich. Christoph Behn stieg 2020 aus dem operativen Geschäft aus und gründete den Angel Investor Better Ventures, aber mit Bruder Steffen Behn als einem von zwei CEOs bleibt das Geschäft sozusagen in der Familie. Leibold kann sich „kein besseres Team vorstellen, um durch eine Krise hindurchzugehen“ – und die hat das Unternehmen heute, im Jahr 2022, hinter sich. Am Freitag, dem 13. März 2020 brach ein rabenschwarzer Tag über das digitale Print-Unternehmen (und natürlich viele, viele weitere Unternehmen) herein. Das Unternehmen lebte damals rein von Hochzeiten, Geburtstagen und anderen Ereignissen, für die es Einladungen oder Dankeskarten produzierte. All das musste im März 2020 pandemiebedingt weitgehend eingestellt werden.
Leibold erinnert sich: Im ersten Management-Call seien Tränen geflossen. Grund dafür „waren der Druck, die Unsicherheit und das Pflichtgefühl gegenüber dem Team“. Leibold und Behn haben damals schnell Prioritäten gesetzt: „Wir werden niemanden kündigen.“ Stattdessen legten sie alles vor dem Team offen – die Ratlosigkeit, die Sorge, sogar die Zahlen: „Das ist der Kassenstand, und der wird uns je nachdem so oder so lange durchbringen.“ Damals schickten Behn und Leibold alle in Kurzarbeit, unabhängig von der Position – am Ende schaffte es Celebrate Company, seinen Umsatz in der Pandemie um 30 % zu steigern, auf über 53 Mio. €.
Dabei war und ist der Markt gesättigt, denn innovativ ist das Geschäftsmodell nicht. Über einen Onlineshop können Kunden Gruß- und Einladungskarten persönlich gestalten – genau das machen auch Cewe, Planet Cards und sogar Aldi. Was macht Celebrate Company also so erfolgreich? Gründer Christoph Behn sagte 2021 im Interview mit Gründerszene.de: „Wir haben bessere Designs und besseres Kundenservice. Und wir haben es geschafft, eine Marke aufzubauen, was heute enorm wichtig ist.“
Celebrate Company hat 500 Mitarbeiter an fünf Standorten und verkauft 40 Millionen Karten und eine sechsstellige Anzahl von Fotobüchern im Jahr. Das Umsatzwachstum in der Pandemie hat das Unternehmen nicht nur durch Kostenreduzierung erzielt, sondern auch, indem es sein Portfolio um einige Bereiche erweitert hat.
„Plötzlich war da eine unglaubliche Nachfrage nach Fotobüchern, weil die Menschen zu Hause saßen und sortiert haben“, so Leibold. Er und Behn haben die Produkte dann sehr schnell in den Markt gebracht. Das hat nicht ausgeglichen, was aus dem Kerngeschäft weggebrochen war, aber es sind bis heute noch Produkte, die einen großen Beitrag liefern. „Das hat uns da erheblich geholfen, Substanz zu erhalten“, so Leibold. Dann sollte der nächste Schritt kommen: die Expansion. Um Zukäufe zu finanzieren, holte man Private Equity (PE) an Bord, denn „da fehlte uns dann doch der Mut, immer wieder mit unserem eigenen Geld dranzugehen“, so Leibold. Natürlich kommt gerade eine PE-Beteiligung in der Regel nicht ohne Preis – PE-Investoren sind bekannt dafür, Kosten zu reduzieren und das Unternehmen dann wieder abzustoßen. Leibold und Behn aber wollten jemanden, der langfristig dabeibleibt. PE-Traumkandidat war für die Gründer und das Management jemand, der kulturell passte.
„Es ging uns darum, dass es jemand ist, der an unsere Werte glaubt – People first“, so Leibold. Gefunden hat man diesen Kandidaten im französischstämmigen Private-Equity-Fonds EMZ Partners, der heute 34 % hält. „Wir waren ja durchaus ein coronageschädigtes Geschäft. Wir haben aber gesagt: ‚Machen wir es doch gerade deswegen!‘“, so Leibold. Der Plan habe schon länger bestanden – danach folgten Ankäufe, unter anderem jener des französischen Wettbewerbers Atelier Rosemood. Für den Deal zahlten die Celebrate Company einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. So wuchs aus der 2010 vom Ehepaar Behn gegründeten „Kartenmacherei“ die Muttergesellschaft Celebrate Company, die sechs Marken beherbergt, unter anderem eine Druckerei. Damit haben Leibold und Behn ihr Portfolio auch vertikal integriert.
Was auffällt, ist die Unternehmenskultur. Die Sorge um die Mitarbeiter zieht sich wie ein roter Faden durch die Unternehmensgeschichte. Celebrate Company wurde 2021/2022 für seine Umsetzung des Konzepts New Work mit dem Bayerischen Mittelstandspreis in der Sonderkategorie „New Work, New Pay“ ausgezeichnet – ein Konzept, das Wert auf Führung auf Augenhöhe und Wertschätzung legt.
Leibold erklärt, warum auch für sie mitarbeiterzentriertes Arbeiten und Führen der richtige Weg ist: „Es geht uns vor allem um Menschen. Das ist der Antrieb.“ Außerdem wird New Pay umgesetzt: Die Bezahlung ist unabhängig von der Hierarchie und die Gehälter werden in offenen Prozessen verhandelt. „Wenn ich Leadership auf Augenhöhe will, dann muss ich auch Abstand nehmen von Punkten, über die viele ihre Macht ausleben, etwa das Gehalt“, sagt Leibold. Es zähle nur, welchen Nutzen jemand erwirtschafte. „Das ist eine unangreifbare, maximal transparente Basis und ich finde das gerecht, da wir das ganze subjektive Machtspielchen rausnehmen.“ Wenn es bei Celebrate Company geschafft werde, ein Umfeld zu kreieren, in dem die Mitarbeiter zufrieden nach Hause gehen, „dann ist man Teil von Veränderungen“, so Leibold. Er kennt Unternehmenskultur auch ganz anders – er kommt aus dem Private-Equity-Bereich: „Ich habe mir irgendwann die Frage gestellt, was meine Kinder später über mich denken, und dann festgestellt, dass ich etwas machen will, wo es um den Menschen und nicht um einen kurzfristigen Business-Case geht. Genau das mache ich jetzt.“ Celebrate Company will europäischer Marktführer werden – „wir wollen zeigen, dass wir so auch das wirtschaftlich erfolgreichere Unternehmen bauen.“ Einen Monat vor Weihnachten ist Hochsaison. Aber Behn und Leibold unterstützen einander: Sie arbeiten mit einem Coach. „Dann kann man auch im Weihnachtsgeschäft zum Martinsumzug mit den Kindern.“
Fotos: Thomas Dashuber