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Drei praktische Tipps für Führungskräfte: Ein Gastkommentar von Stefan Groß-Selbeck, globaler CEO von Boston Consulting Group Digital Ventures.
Die Führungspersönlichkeiten, die ich im Laufe meiner beruflichen Laufbahn am meisten bewundert habe, hatten ein paar Eigenschaften gemein: Sie waren bereit, Neues zu lernen und sich selbst in Frage zu stellen; sie waren stets offen für Feedback und für die Ideen anderer; und sie waren beseelt von einer Vision - einer Idee, die größer war, als sie selbst. Mit anderen Worten: Sie waren demütig. Seit Langem bin ich davon überzeugt, dass Demut eine wichtige Eigenschaft guter Führungskräfte ist.
Jetzt bin ich auf Forschungsergebnisse gestoßen, die handfeste Beweise und Daten für meine Beobachtung liefern und meine Intuition bestätigen: Untersuchungen zeigen, dass Demut ein besserer Indikator für akademischen Erfolg ist, als der IQ-Wert. Zudem seien demütige Menschen zielorientierter und eher dazu bereit, Neues zu lernen und ihre eigenen Annahmen in Frage zu stellen. Es hat sich außerdem gezeigt, dass Unternehmen mit CEOs, die ihre Demut offen zum Ausdruck bringen, über Managementteams mit einer erfolgreicheren Zusammenarbeit und Kommunikation verfügen und letztlich höhere Gewinne erzielen. Demut macht erfolgreich.
Ich bin überzeugt, dass Demut im Zusammenhang mit den jüngsten gesellschaftlichen Ereignissen weiter an Bedeutung gewinnt - zum Beispiel im Zusammenhang mit Corona. Um die enorme Unsicherheit angesichts der globalen Pandemie zu bewältigen, müssen wir akzeptieren, dass bestimmte Dinge außerhalb unserer Kontrolle liegen. Uns bleibt nichts übrig, als dem Unbekannten mit Zuversicht zu begegnen und uns mehr denn je auf unsere Netzwerke und den Rat von Experten zu stützen.
Stefan Groß-Selbeck
... ist globaler CEO von Boston Consulting Group Digital Ventures. Bevor er zu BCGDV kam, war Groß-Selbeck CEO der XING AG sowie in leitenden Funktionen bei eBay tätig, unter anderem als VP und Geschäftsführer von eBay Deutschland, dem größten eBay-Markt außerhalb der USA. Er war außerdem Geschäftsführer der ProSieben Digital Media GmbH und Projektleiter bei der Boston Consulting Group GmbH.
Aber auch bei Diskussionen zu Rassismus, Ausgrenzung und “Cancel Culture” hilft eine Portion Demut. Für viele von uns heißt das, die Grenzen unserer eigenen gelebten Erfahrung anzuerkennen, auf andere zu schauen, um neues Wissen und Verständnis zu erlangen, kognitive Voreingenommenheit zu begreifen und unsere eigenen Annahmen in Frage zu stellen.
Demut in Organisationen zu kultivieren erfordert Arbeit. Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen, aber auch ihre Teams und Unternehmen ermutigen, ihrem Beispiel zu folgen. Diese drei Schritte helfen dabei, Demut innerhalb des Unternehmens zu fördern:
“Psychological Safety” gewährleisten
Der erste Schritt besteht darin, die ein Klima der psychologischen Sicherheit (“psychological safety”) in Teams zu gewährleisten. Was selbstverständlich klingt, ist in der Realität leider eher Ausnahme als die Regel: Unabhängig von Hierarchie oder Disziplin sollte sich jede*r Mitarbeiter*in dazu befähigt und ermutigt fühlen, Ideen zu teilen und Meinungen frei äußern zu können. Die Förderung einer Kultur der Offenheit und Sicherheit lässt die besten Ideen entstehen und schafft Raum, in dem alle experimentieren, lernen und wachsen können.
Feedback und persönliches Wachstum ermöglichen
Um eine Kultur der Demut zu fördern, spielen Feedback und persönliches Wachstum eine zentrale Rolle. Regelmäßiges, offenes Feedback übt darin, einen ehrlichen Blick auf den Status quo zu wagen und konstruktive Kritik als Gelegenheit zu nutzen, Dinge zu verändern und zu verbessern. Unternehmen, die über strukturierte Entwicklungszyklen verfügen und Feedback wertschätzen und fördern, werden beim Übergang zu einer Kultur, in der Demut gelebt wird, positive Ergebnisse sehen.
Achtsamkeit fördern
Ein weiterer Mechanismus, der dabei hilft, Demut in unserem alltäglichen Verhalten zu kultivieren, ist Achtsamkeit. Wir können Achtsamkeitstechniken einsetzen, um Verhaltensweisen, Muster oder Denkweisen zu erkennen, die uns daran hindern, Demut zum Ausdruck zu bringen. Ein zusätzlicher willkommener Effekt der Achtsamkeit ist ihr Wirken im Umgang mit Stress, Ängsten und anderen mentalen Problemen in einer Zeit, die uns alle vor besondere Herausforderungen stellt.
Besonders herausfordernde Zeiten, wie wir sie gerade erleben, bieten besondere Chancen für Weiterentwicklung und Wachstum - sowohl für Organisationen als auch für Individuen. Die Forschung zeigt, dass Demut helfen kann, wenn wir diese turbulenten Zeiten durchleben. Nicht nur Führungskräfte, sondern jeder einzelne kann daran arbeiten, Demut zu entwickeln, denn sie kann einen positiven Einfluss auf unsere Unternehmen, unsere Mitarbeiter und jeden Einzelnen von uns haben.
Text: Stefan Groß-Selbeck
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