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Entertainerin, Unternehmerin, Designerin: Victoria Swarovski trägt viele Hüte. Dabei war ihr stets wichtig, sich etwas Eigenes aufzubauen, statt sich auf ihrem Familiennamen auszuruhen. Und doch weiß Swarovski genau, wann sie ihre Herkunft nutzen muss, um Türen zu öffnen. Durchgehen will sie dann aber selbst – denn die Unternehmerin hat auf die harte Tour gelernt, dass nur viel Arbeit zum Erfolg führt.
Kurz vor dem Start des Interviews kommt der Manager in den Raum: Es gibt eine kleine Verzögerung mit dem Outfit. Geplant ist für das anstehende Fotoshooting ein schwarzer Smoking mit – wie könnte es anders sein? – einer diamantbesetzten Fliege. Um die Zeit zu überbrücken, kommt die Frage auf, ob wir das Interview vorziehen können; und ob es denn in Ordnung sei, wenn wir das Gespräch „in Räuberzivil“ führen? Und so sitzt Victoria Swarovski, die bei Auftritten in der Öffentlichkeit fast ausschließlich bis ins letzte Detail durchgestylt unterwegs ist, kurze Zeit später mit großen Lockenwicklern und in löchriger Jeans vor uns – und erzählt ihre Geschichte. Die Entertainerin, die von Boulevardmedien wegen ihres Nachnamens gerne als „Kristallerbin“ bezeichnet wird, spricht über ihre Anfänge als Musikerin, ihren bekannten Namen, der je nach Situation Fluch und Segen sein kann; über den immer präsenten Wunsch, ihren eigenen Weg zu gehen, sowie über ihre Reise als Unternehmerin und darüber, was sie in den nächsten Jahren noch so plant.
Wichtig ist ihr, dass sie hinter dem, was sie tut, voll stehen kann: „Wenn ich etwas mache, muss es mir auch selbst gefallen.“ Das ist der Fall bei ihrem Job als Moderatorin der deutschen Fernsehshows „Let’s Dance“ und „Das Supertalent“, ebenfalls bei ihrer Kooperation mit Krüger, wo sie als Dirndldesignerin eigene Kollektionen entwickelt, und auch bei ihren Deals als Testimonial. Ganz besonders „dahinterstehen“ kann Swarovski aber hinter ihrer ganz eigenen Marke, der veganen Kosmetiklinie Orimei. 2021 gegründet produziert Orimei Skincare-Produkte, die „den perfekten Glow“ ermöglichen sollen. „Ich habe immer gesagt, ich möchte auch irgendetwas Eigenes machen. Und was passt am besten zu mir? Natürlich Make-up“, so die 31-Jährige. Dass Swarovski, die schon in frühen Jahren viel gearbeitet hat, in ihrer Reise als Unternehmerin die größten Herausforderungen zu meistern hatte, gibt sie unumwunden zu: „Ich hatte dabei so viele Ups and Downs wie noch nie.“
Doch sie scheint dennoch auf den Geschmack gekommen zu sein – denn die unternehmerischen Projekte sollen erweitert werden. Orimei soll auch in die dekorative Kosmetik expandieren, zudem tüftelt Swarovski an einem medizinischen Produkt. Und sie will auch eine ganz neue Marke etablieren und damit in den Homeware-Markt vorstoßen. Inwiefern sich die durchaus zeitintensive Rolle als Unternehmerin mit ihrem „Hauptjob“ als Entertainerin, bei dem sie Woche für Woche vor einem Millionenpublikum auftritt, langfristig vereinen lässt, ist aktuell noch offen.
Und dann ist da natürlich noch das Familienunternehmen: Der weltbekannte Hersteller von Kristallglas aus Wattens in Tirol gilt als österreichischer Vorzeigebetrieb. Doch zuletzt trafen wirtschaftlich anspruchsvolle Zeiten auf Meinungsverschiedenheiten in der Familie. Eigentlich gilt der Clan als äußerst verschwiegen, Victoria Swarovski wählte jedoch schon früh den Weg ins Rampenlicht. Doch wie legt Victoria Swarovski ihre Rolle im Familienunternehmen mittel- und langfristig an? Auch das ist aktuell nicht klar, denn Swarovski ist darauf fokussiert, weiterhin eigenständig zu agieren: „Ich wollte schon immer meinen eigenen Weg gehen.“
Wer mehrere intensive Jobs unter einen Hut bringen muss, braucht ein gutes Zeitmanagement. Dabei gilt es im ersten Schritt, überhaupt richtig einzuschätzen, was wie viel Zeit braucht. Für ihren „Brotjob“ als Moderatorin muss Swarovski nämlich schon ordentlich Zeit blocken: „Die Zeit, die Fernsehproduktionen wie ‚Let’s Dance‘ in Anspruch nehmen, ist enorm. Man unterschätzt oft, wie viel Vorbereitung dazu gehört“, betont sie. Während der Aufnahmewochen von „Let’s Dance“ verbringt Swarovski beispielsweise Mittwoch bis Samstag vor Ort, wobei sie quasi durchgehend an ihrer Moderation arbeitet. Viel Zeit für anderes bleibt da nicht.
Doch die Zeit ist aus Sicht von Swarovski sehr gut investiert – denn in Sachen Reichweite muss sich die Moderatorin, der auf Instagram rund 540.000 Menschen folgen, jedenfalls nicht beschweren: Im Schnitt verfolgten zuletzt fast vier Millionen Menschen die Tanzshow im Fernsehen, was zwar einen Rückgang an absoluten Zusehern bedeutete, insgesamt aber dennoch höhere Marktanteile (rund 17,5 % beim Gesamtpublikum) brachte. „Moderation ist meine Basis, und darauf baue ich alles andere auf.“ Sobald die Kamera ausgeht und die Sendung „im Kasten“ ist, stehen bei Swarovski in der Regel aber wieder die anderen Projekte an. So etwa Orimei: „Wir sind voll im Start-up-Modus.“ Dass ihr Pensum schon mal viel werden kann, gibt sie zu: „Ich bin alleinige Geschäftsführerin in meinem Unternehmen, da komme ich schon an meine Grenzen mit all den Dingen, die ich sonst noch so mache.“
Deshalb traf die Österreicherin auch die Entscheidung, Anfang 2025 einen zweiten Geschäftsführer ins Boot zu holen. „Eine Firma wie Orimei braucht jemanden, der die ganze Zeit da und immer erreichbar ist.“ Im Januar 2025 kam daher Oliver Ritter zusätzlich zu Swarovski in die Geschäftsführung – denn das Unternehmen, das Skincare-Produkte wie etwa eine CC Cream über den eigenen Onlineshop, aber auch Einzelhändler wie Douglas vertreibt, soll deutlich wachsen. 2025 steht für das Start-up, das laut Swarovski schon bald siebenstellige Umsätze erzielen soll, die Expansion in dekorative Kosmetik auf dem Plan; eine erste Capsule Collection ist für Mitte des Jahres geplant.
Den Bereich hatte Swarovski eigentlich schon ganz zu Beginn ins Auge gefasst, als ihr die Idee zum eigenen Unternehmen erstmals kam. Sie ließ damals kalkulieren, was es kosten würde, eine qualitativ hochwertige Produktpalette mit einer neuen Marke in den Markt zu bringen. „Da wäre ein siebenstelliges Investment nötig gewesen. Ich habe mich damals dann aus wirtschaftlichen Gründen für Skincare entschieden“, so Swarovski. Nun sei es aber an der Zeit, zu expandieren – denn dekoratives Make-up würde ihren Markenkern nochmals ein Stück weit besser treffen: „Ich stehe viele Wochen zur Primetime mit vollem Make-up im Fernsehen vor der Kamera, das macht einfach Sinn.“
Neben Make-up will Swarovski aber noch eine weitere Produktpalette starten: Unter dem Namen Orimed soll eine medizinische Creme in den Handel kommen – „es handelt sich dabei um ein Produkt, das bei Schuppenflechte, Neurodermitis oder Verbrennungen hilft“. Swarovski betont aber, dass medizinische Produkte noch mal ein anderes Kaliber sind, besonders in Fragen der Qualitätssicherung: „An unserer Orimei-CC-Cream haben wir drei Jahre gearbeitet; an der medizinischen Creme für Orimed sind wir jetzt bereits fünf Jahre dran – und noch nicht fertig!“
Auch abseits von Orimei stehen die Zeichen auf Expansion. Unter einer neuen, eigenständigen Marke will Swarovski auch in den Bereich Homeware einsteigen. „Da geht es um Home-Accessoires, Vasen, Tischsets, Untersetzer, Kerzenhalter, Serviettenringe und so weiter.“ Der Start ist wohl für 2025 geplant, auch wenn Swarovski kein genaues Launchdate nennen will. Auch sonst hält sie sich mit Details zur neuen Idee bedeckt – sie sagt aber, dass die Produkte im Premium-Bereich angesiedelt sein sollen: „Ich möchte Designs anbieten, die es so noch nicht gibt.“
Und dann ist da noch ein jüngeres Projekt, das erst kürzlich ins Portfolio gekommen ist: die Rolle als Prokuristin in der House of Arts GmbH. Gemeinsam mit Doris Penning führt Swarovski das Unternehmen, das Vernissagen für zeitgenössische, internationale und aufstrebende Künstler organisiert. Bisher fanden diese Ausstellungen stets im Hangar-7 Museum in Salzburg statt, nun könnten auch andere Locations für die Vernissagen infrage kommen. So gab es etwa eine Ausstellung im Tiroler Nobelhotel Stanglwirt, da der Hangar-7 über die Weihnachtsfeiertage geschlossen hatte. Geld verdient das Unternehmen über den An- und Verkauf von Werken aufstrebender Künstler, wobei Swarovski betont, dass die Künstler selbst dabei immer profitieren: „Red Bull fördert Nachwuchssportler stark; House of Arts soll etwas Ähnliches in der Kunst tun.“
Der Vergleich ist insofern spannend, als die Rolle Swarovskis erste offizielle Verbindung in den Red-Bull-Kosmos ist. Die House of Arts GmbH steht nämlich im Besitz von Mark Mateschitz, mit dem Swarovski seit 2023 liiert ist. Der 32-jährige Mateschitz ist als Miteigentümer des Red-Bull-Imperiums mit einem Nettovermögen von rund 38 Mrd. € der aktuell reichste Österreicher.
Ihren Start hatte Swarovski als Sängerin. Mit 16 Jahren unterzeichnete sie ihren ersten Plattenvertrag, wenig später war sie Opening Act bei der Stadiontour des deutschen Comedians Mario Barth. „Da lernt man dann, was Disziplin heißt. Ich war ja noch in der Schule und gleichzeitig auf Tour.“ Nach dem Schulabschluss wollte sie dann „all-in gehen“ und ihr Glück als Sängerin in Los Angeles versuchen. Swarovskis Vater war dagegen. „Er war sehr stur und hat gesagt: ‚Wenn du das tun willst, dann machst du das alleine!‘“ Swarovski überlegte kurz – und nutzte 2012 ein Familienerbstück als Sicherheit für einen Kredit in Höhe von 100.000 €, um sich ihren Start in Los Angeles zu finanzieren.
Dort lernte sie früh die Komponistin Diane Warren kennen, die Hits für Cher, Celine Dion oder Aerosmith komponiert hatte. Swarovski fing an, für Warren die Demos einzusingen – und befand sich plötzlich mitten im Zentrum des US-Musikgeschäfts. „Bei Diane Warren sind natürlich Leute ein- und ausgegangen, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Das war sehr cool.“ Sie verbrachte zwei Jahre in der Stadt an der US-Westküste, einfach war die Zeit aber nicht – ihr Name half ihr in L. A., wo es von Weltstars nur so wimmelt, nichts. „Ich habe wie eine Blöde gearbeitet und es dann auch geschafft, den Kredit innerhalb von drei Jahren zurückzuzahlen.“ Dann folgte eine Richtungsentscheidung: Swarovski erhielt Ende 2015 das Angebot, als Kandidatin bei „Let’s Dance“ mitzumachen – sie wusste, dass eine Zusage das Ende ihrer Zeit in den USA bedeuten würde.
„Ich war sehr unsicher. Dann hat mein Daddy (Swarovskis Stiefvater, Anm.) gesagt, dass ich gewinnen werde.“ Swarovski nahm das Angebot an – und gewann 2016 tatsächlich die neunte Staffel der Show. Schlagartig war sie in Deutschland einem Massenpublikum bekannt. Das Angebot, „Let’s Dance“ zu moderieren, folgte bald – und mit ihm ein herber Rückschlag.
Denn Swarovski, die damals 24 Jahre alt war und nie gelernt hatte, professionell zu moderieren, erhielt für ihre Auftritte in den ersten Shows ordentlich Gegenwind. „Ich wurde in den Medien und im Netz über Wochen stark kritisiert. Das steckt man dann nicht so locker weg.“ Doch Swarovski erhielt etwas unerwartet eine zweite Chance und durfte eine weitere Staffel moderieren. Sie arbeitete sich intensiv in die Materie ein und steigerte ihre Leistungen – heute ist sie vor Sylvie Meis die längstdienende Moderatorin in der Geschichte von „Let’s Dance“. „Irgendwann haben die Medien aufgehört, über mich zu schreiben. Das war für mich der Beweis, dass ich es ganz gut gemacht habe.“
„Ich möchte etwas schaffen, das Bestand hat – auch unabhängig von meiner Person.“
Victoria Swarovski
Doch Swarovski wollte auch ihren Traum von „etwas Eigenem“ Realität werden lassen. Die Idee hatte sie schon länger, bereits 2019 wollte die heute 31-Jährige mit einer eigenen Kosmetikmarke an den Start gehen. Und Swarovski hatte auch einen klaren Plan, wo das passieren sollte: in China. „Meine Idee war: In China könnte ich mit dem Namen Swarovski viel erreichen und relativ schnell Umsatz machen.“ Die Vorbereitungen liefen bereits; alle, mit denen sie in Gespräche ging, waren begeistert. „Dann kam Covid – und das Thema war erledigt.“ Einzig der Name blieb – auf Chinesisch heißt Orimei „wahre Schönheit“.
Endgültig gegründet wurde das Unternehmen, die VS Cosmetics GmbH, schließlich 2021. Wenn das Etappenziel siebenstelliger Umsätze erreicht ist, überlegt sich die Unternehmerin, einen zusätzlichen Partner an Bord zu holen. „Wenn wir diese Benchmark erreicht haben, kann ich mir vorstellen, Anteile abzugeben. Die Mehrheit am Unternehmen will ich aber immer behalten.“
Die VS Cosmetics GmbH ist eine 100-%-Tochter der Victoria Swarovski GmbH, die als Vehikel für alle wirtschaftlichen Aktivitäten von Swarovski dient. 2023 beliefen sich die Einnahmen des Unternehmens, das neben Orimei auch Testimonial-Deals, Moderationen etc. umfasst, auf über 2,8 Mio. €. Die Bilanzsumme aller Aktivitäten von Swarovski beträgt 4,5 Mio. €.
Doch wer mit Nachnamen Swarovski heißt, kann sich auch dem Schicksal des Familienunternehmens nie ganz entziehen. Der Betrieb aus Wattens, der neben Kristallglas und Strass auch Werkzeuge, Ferngläser und Teleskope produziert, durchlebt insgesamt betrachtet eine schwierige Zeit: Lagen die Gesamtumsätze vor der Pandemie noch bei 3,5 Mrd. €, fielen diese seit 2020 stark. Für 2024 werden 1,9 Mrd. € Umsatz erwartet, was ein leichtes Wachstum zum Vorjahr bedeuten würde.
Neben einem schwierigen Umfeld und Stellenabbau brachten dem Unternehmen in den letzten Jahren vor allem Streitigkeiten innerhalb der Familie einige Schlagzeilen ein. Das liegt auch an den Eigenheiten des Konzerns: Gründer Daniel Swarovski ließ in der Familienverfassung festschreiben, dass nur Nachfahren seiner drei Söhne Anteile halten dürfen, dass das Unternehmen stets von einem Familienmitglied geführt werden muss und dass wichtige Beschlüsse Einstimmigkeit erfordern. Das kann – bei heute über 80 Gesellschaftern wenig überraschend – zu ordentlichen Reibungen führen.
Bis heute kämpfen unterschiedliche Teile der Familie – insbesondere auch zwischen Österreich und der Schweiz – um die Deutungshoheit im Konzern. Eine Regel des Gründers wurde aber aufgehoben: Seit 2022 führt mit Alexis Nasard ein externer Manager das Unternehmen – und siehe da, für 2024 wurden erstmals seit fünf Jahren wieder Gewinne angekündigt.
Doch die jüngste Vergangenheit hinterließ ihre Spuren, viele Familienmitglieder halten sich bedeckt. Auch Victoria Swarovski geht auf Distanz: „Für mich war es keine Option, ins Familienunternehmen einzusteigen. Da treffen einfach so viele Meinungen aufeinander; ich wollte meine Energie in etwas anderes stecken.“ Doch zum Schluss des Gesprächs macht sie sich ein wenig die Hintertür auf: „Am ehesten wäre ich wahrscheinlich im Marketing tätig, aber auch nur, wenn mir keiner reinredet. Aktuell kann ich es mir gar nicht vorstellen. Aber vielleicht in 20 Jahren, wer weiß?“
Fürs Erste hat Swarovski mit ihren eigenen Projekten aber sowieso alle Hände voll zu tun. Ein berühmter Name alleine sei ihr nie genug gewesen: „Ich möchte etwas schaffen, das Bestand hat – auch unabhängig von meiner Person.“
Victoria Swarovski wurde 1993 in Innsbruck geboren. Mit 16 Jahren unterzeichnete sie einen Plattendeal bei Sony, mit 19 Jahren ging sie nach Los Angeles. 2016 nahm sie an der Fernsehshow „Let’s Dance“ teil, die sie seit 2018 moderiert. 2021 gründete sie die vegane Kosmetiklinie Orimei.
Fotos: Peter Rigaud