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A-connect hilft Unternehmen weltweit, Mitarbeiter auszuleihen, statt sie zu besitzen. Die auf unabhängigen Beratern basierende Strategie klingt abenteuerlich, macht in der modernen Arbeitswelt aber Sinn.
„Unser Anspruch war immer: Qualität geht über Quantität. Wir wollen nicht die meisten Berater haben, sondern die besten“, sagt Geschäftsführer Bernhard Stadler. Mit 22 Jahren hat er bei A-connect angefangen und „so ziemlich jede Abteilung durchlaufen“. Er baute das Büro in Singapur auf, rekrutierte Mitarbeiter in Zürich, übernahm die Rolle des CFO und kümmerte sich um juristische Belange. Im Unternehmen wird er liebevoll „Bernie“ genannt und ist mit dafür verantwortlich, dass der Name A-connect inzwischen weit über die Grenzen der Schweiz bekannt ist.
Die Berater zu den Kunden
Das Kerngeschäft des Unternehmens besteht darin, unabhängige Berater – intern „Independent Professionals“ (IPs) genannt – mit den richtigen Kunden zusammenzubringen. Die Zahl dieser IPs ist seit der Gründung von A-connect im Jahr 2002 auf rund 2.000 gewachsen. Dabei ist das entscheidende Kriterium relevantes Fachwissen. Die Hälfte der Berater hat bei großen Unternehmensberatungen wie McKinsey, Bain und Boston Consulting Group (BCG) gearbeitet. Auch viele der 16 A-connect-Mitarbeiter in Zürich sind ehemalige McKinsey-Partner. So wechselte beispielsweise Robert Berendes vom Agrochemiekonzern Syngenta im Jahr 2014 zu A-connect. Zuvor war er bei McKinsey tätig.
Hanne de Mora, eine gebürtige Norwegerin, hat die Firma 2002 mitgegründet. Sie war Finanzanalystin bei Procter & Gamble, bevor sie zu McKinsey kam. Ein eigenes Start-up zu gründen lag nahe, sagt sie rückblickend: „Ich war schon immer unternehmerisch unterwegs und habe meine erste Firma mit 26 Jahren in Barcelona gegründet.“ Gemeinsam mit Nils Hagander hat sie das Risiko gewagt, mit McKinsey und Co. in Konkurrenz um die besten Berater zu treten. Besonders stolz ist sie darauf, dass sie das aus eigener Kraft geschafft hat – ohne Venture Capital, ohne Business Angels, ohne Darlehen oder Bankkredit. Am Anfang gab es nicht einmal einen Businessplan.
Weltweit und ohne rote Zahlen
Stattdessen setzten sich de Mora und ihr Mitgründer Hagander zwei Ziele: Erstens schnell in die schwarzen Zahlen zu kommen – bereits nach sechs Monaten konnten sie sich das erste Gehalt ausbezahlen –, und sich zweitens in ihrem operativen Geschäft nicht nur auf Deutschland und die Schweiz zu beschränken, sondern global zu agieren. So eröffnete A-connect 2004 Niederlassungen in Boston und Hongkong. Inzwischen sind sechs weitere hinzugekommen: Stockholm, London, München, São Paulo, Singapur und Princeton.
Anfangs haben de Mora und Hagander Land für Land nach Beratern gesucht, Absolventen von Eliteuniversitäten persönlich angeschrieben, Alumni-Netzwerke genutzt. „Das war echte Knochenarbeit“, so de Mora rückblickend. Heute bekommt sie täglich Bewerbungen von unabhängigen Beratern weltweit, sodass der Kreis der IPs jährlich um 300 Personen wächst. Der größte Vorteil für die Berater ist, dass sie keine Zeit damit verbringen müssen, Kundenakquise zu betreiben – das nimmt A-connect ihnen ab. „Ein guter Berater will große, spannende Kunden und Geld; beides können wir ihm liefern“, so de Mora.
A-connect's Berater
Viele Berater sind geografisch auf ihren Heimatmarkt beschränkt. Durch A-connect bekommen sie plötzlich Zugang zu Kunden weltweit. Dabei basiert das Geschäftsmodell auf Tagespauschalen zwischen 800 und 2.000 € – je nach Erfahrungshintergrund. A-connect verrechnet seinen Kunden zusätzlich eine Gebühr von etwa einem Drittel. Bernhard Stadler spricht bewusst nicht von „Provision“. Er betont, das eigene Geschäftsmodell basiere nicht darauf, „Menschen zu vermitteln“, sondern den besten Fit herzustellen. Das Besondere: A-connect bleibt während des gesamten Beratungsprozesses eng involviert. Auch das schätzten die Berater. „Denn die meiste Zeit sind sie allein unterwegs und genießen es, zwischendurch auch mal einen Sparringspartner in einer der Niederlassungen zur Seite gestellt zu bekommen“, so Stadler.
Die meisten Beratungsmandate sind in drei Monaten abgewickelt, manche bereits in zwei Wochen, andere dauern bis zu ein Jahr. Das Gute daran: Es handelt sich um ein „süchtig machendes Produkt“, wie es Bernhard Stadler bezeichnet: „Wenn wir einem Kunden den richtigen Berater zur richtigen Zeit zur Verfügung stellen, verliebt er sich.“ Soll heißen: Der Kunde ist bemüht, den Berater länger zu behalten als ursprünglich vorgesehen, weil er immer wieder neue Einsatzbereiche für ihn findet. „Und genau hier kommt das Modell der Sharing Economy ins Spiel: Ich besitze die Arbeitskraft nicht, sondern ich leihe sie mir und setze sie im passenden Moment ein“, sagt Stadler. Das klassische Modell der Personalabteilung habe demnach ausgedient: Es gehe nicht mehr darum, Menschen anzustellen, sie zu entwickeln und irgendwann zu kündigen – stattdessen werden viele Bereiche laut Stadler in Zukunft flexibler gestaltet. Der Wunsch, „Menschen zu besitzen“, werde demnach kontinuierlich abnehmen.
Auf Zeit
Dass global tätige Firmen Peak-Zeiten durch Zeitarbeiter abfedern, ist schon lange gang und gäbe – in Deutschland gab es etwa im Jahr 2002 laut der Bundesagentur für Arbeit rund 300.000 Leiharbeiter, 2017 war es schon eine gute Million. Die Zahl hat sich damit innerhalb von 15 Jahren mehr als verdreifacht. Der Vorteil liegt auf der Hand: Zeitarbeit ermöglicht Unternehmen, ihren Personalbedarf zügig an Auftragsschwankungen anzupassen. In Zukunft werde das auch im Bereich Wissenstransfer noch stärker der Fall sein, ist de Mora überzeugt.
Bernhard Stadler (links)
studierte Betriebswirtschaftslehre in St. Gallen und fing 2004 bei dem damals noch recht jungen Beratungsunternehmen a-connect in Zürich an. 2008 schloss er sein MBA-Studium an der Insead ab und nahm seitdem unterschiedliche Funktionen bei a-connect ein. Seit zwei Jahren ist er Geschäftsführer. Der 36-Jährige ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder.
Hanne de Mora (rechts),
gebürtige Norwegerin, war als 15-Jährige das erste Mal in der Schweiz und hat sich damals ganz klischeehaft vor allem in die Berge verliebt. Später hat sie in Lausanne Betriebswirtschaftslehre studiert und in Luxemburg, Barcelona und Stockholm gearbeitet. 1995 ging sie nach Genf, seit 1998 lebt sie in Zürich. 2002 gründete de Mora a-connect. Sie ist 58 Jahre alt und ledig.
Teilen ist alles
Denn der Grundgedanke der Sharing Economy dringt in immer mehr Lebensbereiche vor – „junge Leute kennen nichts anderes, als dass man ein Auto mit anderen teilt“, so de Mora. Es gehe demnach darum, immer genau das Richtige auszuleihen. Stadler ergänzt: „An einem Tag will ich mit meiner Frau Cabriolet fahren, an einem anderen brauche ich einen Kleinbus für meine vierköpfige Familie, um in die Skiferien zu düsen – beides kann ich nicht gleichzeitig haben.“ Deshalb seien die spezialisierten Berater auch so wichtig: um genau das zu liefern, was in dem Moment gefragt ist. Durchschnittlich bringen sie 15 Jahre Berufserfahrung mit. Am Anfang habe man den Fehler gemacht, vor allem erfahrene Leute mit vielen Kontakten einzustellen. „Allerdings dauert es ewig, bis die gut unterwegs sind“, gibt de Mora zu. Deshalb hätte man stattdessen mehr „Bernies“ einstellen sollen – Ökonomen mit Fachexpertise, frisch von der Universität, hungrig, etwas zu lernen, und hoch motiviert. „Diese Leute wollen sich gemeinsam mit uns etwas aufbauen.“ Bernhard Stadler erklärt freimütig, dass es ihn 2004 mehr gereizt habe, etwas Neues zu kreieren, als beim Platzhirsch McKinsey anzuheuern.
Die größte Herausforderung war für A-connect nicht, relevante Kunden an Land zu ziehen oder einen Beraterpool aufzubauen. „Es war viel schwieriger als gedacht, die richtigen Mitarbeiter für unser Headquarter in Zürich zu finden“, so de Mora. Idealerweise sollten diese ebenfalls unternehmerisch denken und gerne Kundenakquise betreiben. Dabei sind die beiden größten Märkte Europa und die USA. Die Schwerpunktbereiche sind derzeit Biowissenschaften, die Agrarwirtschaft, Lebensmittel, Chemikalien und Private Equity. Der Finanzdienstleistungssektor hat am Anfang – vor allem in Asien – eine große Rolle gespielt, wird aber für das Gesamtportfolio immer unwichtiger.
A-connect's Angebot
Konkrete Kunden nennen Bernhard Stadler und Hanne de Mora lieber nicht. Nur so viel: „Sie können sich sicher sein, dass alle großen international tätigen Konzerne mit uns zusammenarbeiten.“ Auf der Homepage findet man anonymisierte Case Studies. Bei einem heißt es zum Beispiel, dass der Kunde einen unrentablen Geschäftsbereich hatte. A-connect half dem Unternehmen dabei, die Produktpalette zu erweitern, die Logistikkosten zu senken und den Einkauf effizienter zu gestalten. Das führte dazu, dass das Unternehmen Kosten von bis zu vier Millionen € im Jahr einsparen konnte und mittelfristig wieder in die schwarzen Zahlen kam. Klassische Felder für IPs sind: Übernahmen abzuwickeln, Outsourcing zu organisieren, Umstrukturierungen vorzunehmen, neue Technologien einzuführen oder langfristige Strategien zu entwickeln.
Durch das Internet kann heutzutage jeder Berater sehen, welche Projekte es überhaupt im Markt gibt. Auf der anderen Seite kann sich der Kunde aussuchen, ob er lieber einen Berater aus der Schweiz oder einen aus Spanien anheuert, der im Zweifelsfall günstiger und motivierter ist. „Wir erwarten mit Spannung, was der Brexit mit sich bringt“, erklärt Stadler. Im schlimmsten Fall müssten seine Fachleute mehrere Wochen auf eine Arbeitserlaubnis warten, was den Beratungsprozess unnötig in die Länge ziehen würde.
Der Weg zum Ziel
Fragt man de Mora, welches Mindset sie von McKinsey zu A-connect mitgebracht habe, antwortet sie: „Erstens den Fokus auf Qualität, zweitens die interne Leistungsbewertung – und drittens muss das Resultat stimmen.“ Das heißt, die Verträge halten von Anfang an fest, welches Produkt am Ende abgeliefert wird. Das Risiko dafür liegt bei A-connect. Als die Firma 2002 gegründet wurde, war ein Börsengang fester Bestandteil des Businessplans. Vor einigen Jahren ist das Thema aber ad acta gelegt worden. Der Grund: Die Firma braucht kein externes Geld, sondern kann organisch wachsen, um weiter zu investieren.
„Ehrlicherweise haben wir gedacht, wir würden schneller wachsen“, sagt de Mora, „aber wir haben erkannt, dass es eher darauf ankommt, die richtigen Leute in unserem Netzwerk zu haben.“ Die Idee eines Börsengangs habe anfangs trotzdem enorm geholfen, weil „alle Prozesse und das Risikomanagement sauber sind“, was auch PricewaterhouseCoopers (PwC) durch seine Wirtschaftsprüfung Jahr für Jahr aufs Neue bestätigt.
Über den Jahresumsatz wollen Stadler und de Mora lieber nicht sprechen. Stattdessen verweisen sie darauf, dass der Bedarf an externen Fachleuten in Zukunft in jedem Fall steigen wird: „Das hat weniger mit den komplexen Abläufen zu tun als mit projektbasiertem Arbeiten.“ Die Frage laute demnach immer häufiger: Will ich das mit eigenen Bordmitteln umsetzen oder ist ein unabhängiger Berater – zumindest für einen gewissen Zeitraum – nicht sinnvoller? Nach der Erfahrung von A-connect tendieren immer mehr Firmen bei dieser Fragestellung dazu, zum externen Spezialisten zu greifen.
Text: Pauline Tillmann
Fotos: Mara Truog