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Die Raumsonde „Lucy” soll dorthin fliegen, wo noch keine Sonde zuvor war: zu den Jupiter-Trojanern. Als „Fossilien der Planetenentstehung” enthalten die Jupiter-Trojaner wichtige Hinweise auf die Geschichte und die Entstehung des Sonnensystems. Innerhalb der nächsten zwölf Jahre soll die NASA-Sonde sieben Asteroiden auf der Umlaufbahn des Jupiters erforschen.
Lucy ist am 16.10.2021 mit einer ULA Atlas V 401 Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida, USA) in Richtung der Asteroiden des Planeten Jupiter gestartet. Die schmetterlingsförmige Raumsonde wurde von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA mit dem Auftrag gestartet, einen der Asteroiden im Hauptgürtel des Sonnensystems und sieben Jupiter-Trojaner anzufliegen. Die Sonde soll Informationen über die Geologie, Farbe und Zusammensetzung der jeweiligen Oberflächen sammeln. Sie wird die Zusammensetzung der Böden untersuchen, Massen und Dichten bestimmen und Satelliten der Trojaner-Asteroiden identifizieren, das ist der Plan.
Lucys Ziel, die Jupiter-Trojaner, gehören zu jenen zwei Gruppen von Asteroiden, die sich in der Nähe stabiler Gravitationspunkte, auf der Umlaufbahn des Planeten um die Sonne befinden. Diese stabilen Punkte werden Lagrange-Punkte genannt. (Dabei steht der Punkt L4 für 60° vor Jupiter in seiner Umlaufbahn und der Punkt L5 für 60° hinter ihm). Jupiter-Trojaner verteilen sich in zwei Regionen rund um die Gravitationspunkte und sind seit Milliarden von Jahren auf stabilen Umlaufbahnen gefangen. Das macht sie zu Fossilien der Planetenbildung.
Forscher behaupten, dass die Trojaner Informationen über die frühe Geschichte unseres Sonnensystems liefern können und somit eine Reise in die Zeit vor 4 Milliarden Jahren ermöglichen. Vor Lucy, konnten Forscher Informationen über die Trojaner nur von erdumkreisenden Teleskopen sammeln. Daher wusste man sehr wenig über den Asteroidenschwarm. Auch wenn mehrere Jahre vergehen werden, bis Lucy den ersten Asteroiden erreicht, „sind diese Objekte wegen ihres immensen wissenschaftlichen Wertes das Warten und den ganzen Aufwand wert. Sie sind wie Diamanten am Himmel", sagt Harold Levison, Planetenwissenschaftler am Southwest Research Institute in Colorado, USA.
Der erste Jupiter-Trojaner wurde 1906 vom deutschen Astronomen Max Wolf in der Nähe von L4 gesichtet. Seitdem wurden, nach Angaben der International Astronomical Union, insgesamt 10.553 Trojaner identifiziert.
Neben dem Aspekt, dass es möglich sein könnte, so 4 Milliarden Jahre in die Vergangenheit - zur Entstehung unseres Sonnensystems - zurückzureisen, gibt es noch eine Reihe weitere Aspekte, die das „Projekt Lucy“ zu einer der bahnbrechenden Weltraummission machen könnten: ihr Name, ihre Plakette und ihre elegante Route.
Der Name Lucy stammt von dem versteinerten Skelett eines Hominiden, das auf die Zeit vor 3,2 Millionen Jahren datiert wird und 1974 von Donald Johanson in Afrika gefunden wurde. Interessant ist auch, dass eine der acht Asteroiden-Destinationen von Lucy nach dem berühmten Paläoanthropologen benannt ist: 52246 Donaldjohanson, ein kleines astronomisches Objekt mit einem Durchmesser von nur 4 km. Die NASA sagt, dass Lucy unser Wissen über die Entstehung des Sonnensystems revolutionieren soll. Genauso wie Lucy, das Fossil, einzigartige Erkenntnisse über die menschliche Evolution lieferte; daher der Name. Das Fossil wurde wiederum nach dem Beatles-Song "Lucy in the Sky with Diamonds" benannt. Der Song spielte zufällig während einer Teamveranstaltung, was das Expeditionsmitglied Pamela Anderman auf die Idee brachte, den Namen "Lucy" für ihre jüngste Entdeckung zu verwenden.
Die Sonde Lucy, wird eine Plakette mit ins All nehmen. Dies ist keine neue Praxis der NASA. Pioneer 10 und 11 trugen auch Plaketten. Die Raumsonden Voyager 1 und 2 trugen Golden Records (Anm. Datenplatten mit Bild- und Audiodaten) mit sich. Diese sollten als Botschaften an außerirdische Zivilisationen dienen, die eines Tages mit dem Raumschiff auftauchen könnten. Lucy's Plakette ist anders. Da sie in unserem Sonnensystem bleiben wird, sind die Botschaften, die sie trägt, für künftige Generationen von Menschen bestimmt: Sie dient als Zeitkapsel. Die Kapsel enthält Botschaften von prominenten Mitgliedern der Gesellschaft, die beauftragt worden sind, „Worte des Rates, der Weisheit, der Freude und Worte der Inspiration für diejenigen, die diese Tafel in ferner Zukunft lesen werden“, zu liefern.
Die NASA-Sonde wird zu sieben trojanischen Asteroiden und einem weiteren Asteroiden im Hauptgürtel fliegen und damit einen Meilenstein in der Geschichte setzen. Keine andere Weltraummission hat so viele Ziele angeflogen, die unabhängig voneinander um die Sonne kreisen. Nach dem bereits erfolgten Start wird Lucy zweimal an der Erde vorbeifliegen – einmal im Jahr 2022 und ein zweites Mal im Jahr 2024 –, um Schwerkraftunterstützung zu erhalten, bevor sie zum Asteroidenschwarm aufbricht. Das erste Ziel ist der Hauptgürtel-Asteroid Donaldjohanson, an dem Lucy im Jahr 2025 vorbeifliegen wird. Dann wandert sie weiter: Eurybates und Polymele im Jahr 2027, Leucus und Orus im Jahr 2028, und als letztes das binäre Asteroiden-Paar Patroclus und Menoetius im Jahr 2033.
Am Ende ihrer Mission wird Lucy, der NASA zufolge, mindestens Hunderttausende, wenn nicht Millionen Jahre lang, in der Umlaufbahn zwischen Trojanern und der Erde bleiben.
Fotos: NASA, Southwest Research Institute
Text: Ekin Deniz Dere