Lektionen aus der Krise für das Supply-Chain-Management

Covid-19 hat die Bedeutung des Supply-Chain-Managements für den Unternehmenserfolg verdeutlicht. In der Krise wurden Stärken, aber auch Schwächen existierender Lieferketten und mögliche Ansätze zur Verbesserung aufgezeigt.

Die globalen Netzwerke an Unternehmen, die für die Herstellung von Gütern notwendig sind, beinhalten oft eine sehr große Zahl an Akteuren in verschiedenen Teilen der Welt. Beim Aufbau dieser Lieferketten wurde in der Vergangenheit teils ein zu starker Fokus auf die Kostenoptimierung gelegt. Covid-19 hat die ungenügende Transparenz der Lieferketten, fehlendes Wissen um die Engpässe, starke Abhängigkeiten von einzelnen Akteuren sowie fehlende Flexibilität transparent gemacht – man denke hier nur an die Auswirkungen geschlossener Häfen in China, das Problem der fehlenden Containerkapazitäten, stark steigende Rohstoffpreise aufgrund mangelnder Verfügbarkeit und fehlende Computerchips. In Zukunft wird es wichtig sein, in allen Bereichen an flexibleren Lösungen zu arbeiten. So sollten im Einkauf strategisch wichtige Inputs besser durch Maßnahmen wie eine Erweiterung der Lieferantenbasis, verbesserte Beziehungen mit Lieferanten und strategische Lager abgesichert werden.

Univ.-Prof. Tina Wakolbinger
... ist Professorin für Supply Chain Services and Networks am Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien.

Die Krise hat verdeutlicht, wie stark die Verzahnung zwischen verschiedenen Elementen der Lieferketten ist; selbst bei Elementen, die auf den ersten Blick unabhängig voneinander wirken. So führten die reduzierten Passagierflüge zu verminderten Transportkapazitäten für Güter, da diese auch im Rumpf der Passagierflugzeuge mitgeführt werden. Es hat sich auch gezeigt, dass es Teil der Lösung sein kann, fehlende Kapazitäten in einem Bereich (z. B. Beatmungsgeräte) durch zusätzliche Kapazitäten aus anderen Industrien (z. B. Automobilindustrie) ergänzen zu können. Auch die Bedeutung des Kundenverhaltens sowie die Notwendigkeit ausreichender Fähigkeiten, dieses vorherzusagen, wurden in der Krise verdeutlicht. So haben Lieferengpässe oder vermutete Lieferengpässe oft zu Hamsterkäufen geführt, die die schon sehr stark beanspruchten Lieferketten vor noch mehr Herausforderungen gestellt haben. Diese Entwicklungen vorherzusehen und durch gezielte Informationskampagnen besser zu steuern wird notwendig sein.

Die Krise hat die Bedeutung gut ausgebildeter und motivierter Mitarbeiter in den Fokus gerückt. Nicht ausreichend vorhandene Mitarbeiter sind in der Pandemie und danach ein großes Hindernis, wie z. B. der Mangel an Lkw-Fahrer in Großbritannien verdeutlicht. Hier ist es gerade für die Logistik eine Herausforderung, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Nachhaltigkeit ist ein Trend, dem sich derzeit kein Unternehmen entziehen kann. Nachhaltigkeitsinitiativen stehen nicht im Widerspruch zu Resilienz, sondern gehen in vielen Bereichen mit dieser Hand in Hand. So ist soziale Nachhaltigkeit der Fokus der Lieferkettengesetze, die darauf abzielen, größere Transparenz in den Lieferketten zu erzielen, was auch in Bezug auf das Risikomanagement zu Verbesserungen führen kann.

Gastkommentar: Tina Wakolbinger
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.

Dieses Gastkommentar erschien in unserer Ausgabe 9–21 zum Thema „Handel“.

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