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Die Coronakrise hat einen Effekt mit sich gebracht, mit dem wohl die wenigsten gerechnet hätten: Rohstoffe feiern preislich ein Comeback. Aktien von Unternehmen ausdem Bereich Ressourcen rücken für Anleger in den Fokus.
Der Ölpreis lag am Boden und nur die wenigsten hätten angesichts der weltweiten Dekarbonisierungsbestrebungen mit einer Wiederauferstehung gerechnet. Doch Corona macht’s möglich – und so legte zum Beispiel die Nordseeölklasse Brent während der letzten zwölf Monate um mehr als 80 % zu. Ähnlich lief der Anstieg bei Erdgas und – dadurch befeuert – auch bei Strom.
Aber rund um den Globus verteuerten sich auch fast alle anderen Rohstoffe. Ein Ende des Trends ist noch nicht abzusehen, denn der weltweite Ressourcenverbrauch hat sich seit 1970 laut einer im Fachblatt Nature Sustainability publizierten Studie in etwa vervierfacht. Obwohl sich die Entwicklung seit dem Jahr 2014 etwas einbremste, sei in den nächsten Jahrzehnten mit keiner Abnahme des weltweiten Rohstoffhungers zu rechnen, so die Autoren einer weltweiten Forschergruppe.
Die Vervielfachung des Ressourcenverbrauchs seit den 1970er-Jahren bis 2019 ist weltweit gesehen vor allem auf die sich wirtschaftlich rasant entwickelnden Länder in der asiatisch-pazifischen Region zurückzuführen, so die Forscher in der Arbeit. In vielen Ländern im mittleren Einkommenssegment schließe der Ressourcenverbrauch rasch zum Niveau der klassischen Industrieländer auf.
Ein wichtiger Treiber sind große Infrastrukturprojekte – in China stieg der Material-Fußabdruck von 1990 bis 2015 um saftige 434 %. In Deutschland betrug die Steigerung hingegen nur knapp 12 %. In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich der Fußabdruck im Vergleich zu 1990 bis 2015 fast versiebenfacht.
Auf einer völlig anderen Ebene ist ein Rohstoff wieder in den Fokus gerückt, den viele eigentlich lieber in der Mottenkiste gesehen hätten: Uran ist plötzlich wieder gefragt, und das aus einem Grund, dessen Plausibilität sich einem nicht gleich erschließen will. Es ist nämlich der Klimaschutz, der Uran wieder heiß macht – und die erwähnten Dekarbonisierungsbestrebungen. Und obwohl in Deutschland Ende 2022 die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen, könnte die Atomkraft in der EU eine Renaissance erleben. Atomenergie emittiert laut der EG-Richtlinie IPPC deutlich weniger CO2 als fossile Brennstoffe wie Kohle und Gas – und so wollen Befürworter wie Frankreich die Kernenergie gar als „grüne Energie“ einstufen; EU-Förderung inklusive.
Für Anleger, die nicht auf ESG-Standards achten, ist diese Debatte rein akademisch – denn der Uranpreis zieht wieder nach Norden. Auch Bill Gates und Warren Buffett steigen in die Kernenergie ein, um den Klimawandel zu bekämpfen: Die beiden Milliardäre wollen Hunderte Atomkraftwerke bauen, um den Ausstoß von Kohlendioxid global zu reduzieren. Der neue Uran-Superzyklus, meinen manche, habe begonnen. Der Rohstoff ist heuer eines der heißesten Assets und hat in wenigen Wochen satte 50 % Kursanstieg auf 50 US-$ pro Pfund hingelegt. Uran-Analysten erwarten vor diesem Hintergrund für die kommenden Jahre wieder dreistellige Uranpreise. Perspektivisch ist für Analysten auch das Erreichen des Allzeithochs von 140 US-$ pro Pfund aus dem Jahr 2007 möglich.
Damit rückt auch Uranium Energy in den Blickpunkt der Investoren. Die Aktie des US-Unternehmens legte während des letzten Jahrs um mehr als 60 % an Wert zu und notierte zuletzt bei knapp 2,30 €. Zuvor war Ende Januar im Zuge einer klassischen Schulter-Kopf-Schulter-Formation am Chart ein All-Time-High von 2,65 € erreicht worden. Mit Hauptsitz im texanischen Corpus Christi ist Uranium Energy auf die US-Bundesstaaten Texas, Wyoming, New Mexico, Arizona und Colorado konzentriert. Die Chancen des Unternehmens werden als sehr gut eingeschätzt – vor wenigen Wochen trieben Unruhen im größten uranproduzierenden Land der Welt, Kasachstan, den Uranpreis weiter nach oben. Charttechnisch wahrscheinlich wird ein erneuter Anstieg in Richtung 5,768 US-$, meint Aktienexperte Harald Weygand von Godmode Trader. Das wären umgerechnet rund 5,16 €.
Mit weit weniger umstrittenen Rohstoffen verdient man sein Geld bei Nestlé – oder besser gesagt: mit den daraus hergestellten Produkten. Der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern ist gleichzeitig das größte Industrieunternehmen der Schweiz. Mit einem Umsatz von 90,8 Mrd. US-$ (bei einem Gewinn von 8,7 Mrd. US-$ und 273.000 Mitarbeitern rund um den Globus) steht Nestlé laut der „Forbes Global 2000“-Liste auf Platz 42 der weltgrößten Unternehmen.
Während der letzten drei Jahre stieg der Kurs um fast 40 % auf zuletzt 118 CHF (alle Zahlen wie immer Stand Redaktionsschluss), und die Aussichten werden von Analysten in durchwegs rosaroten Farben gemalt: So hat die US-Investmentbank Goldman Sachs die Einstufung für Nestlé auf „Buy“ (mit einem Kursziel von 140 CHF) belassen.
Noch höher sieht Konkurrent JP Morgan die Nestlé-Aktie fliegen, nämlich bei 145 CHF mit Einstufung „Overweight“. Das brächte einen Kursgewinn von 21 %. Den Daumen weiter nach oben zeigte auch die Schweizer Großbank UBS mit einem erhöhten Kursziel für Nestlé (von 135 auf 140 CHF) und Empfehlung auf „Buy“. Kurspotenzial: plus 16 %.
Und schließlich hat die Privatbank Berenberg das Kursziel für Nestlé von 130 auf 140 CHF angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Der Inflationsdruck könnte zunächst noch größer werden, sollte aber im Verlauf des Jahres 2022 nachlassen, was für die Branche der Lebensmittel-, Körperpflegeprodukte- und Reinigungsmittelhersteller (HPC) dann eine positive Trendwende bedeuten würde, schrieben die Analysten.
Auf deutlich härtere Rohstoffe setzt man bei der deutschen Salzgitter AG. Die Gruppe mit Hauptsitz in der gleichnamigen Stadt im Südosten des Landes Niedersachsen besteht aus mehr als 100 einzelnen Unternehmen, darunter die Salzgitter Flachstahl GmbH, die Ilsenburger Grobblech GmbH, die Peiner Träger GmbH sowie die Mannesmannröhren-Werke. Die Gruppe beschäftigt weltweit über 24.000 Mitarbeiter, ist in den Bereichen Flach- und Profilstahl der fünftgrößte europäische Hersteller
und machte 2021 mehr als 9,5 Mrd. € Umsatz und ein EBT
von 788 Mio. €.
Die Aktie des Unternehmens legte in den letzten zwölf Monaten um fast 40 % auf rund 30 € zu. Finanzexperten zeigen gemischte Gefühle in Bezug auf das Unternehmen: So hat die Baader Bank das Kursziel für die Salzgitter AG von 35 auf 45 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen; zudem bekräftigte Analyst Christian Obst die Aktie des Stahlherstellers auf der „Top Pick“-Liste der Bank. Seine Empfehlung basiere auf einer Mischung aus guten Fundamentaldaten und einer vernünftigen Unternehmensstrategie, die die Erträge auf ein höheres Niveau heben sollte, so Obst.
Anders der Ausblick der Morgan-Stanley-Experten: Sie haben das Kursziel der Niedersachsen in einem Ausblick auf das vierte Quartal 2021 von 30,70 auf 30,10 € gesenkt und die Einstufung auf „Underweight“ belassen. Edelstahl werde nach wie vor Karbonstahl vorgezogen, wobei Letztgenannter auf eine Preiswende warte, meinte Analyst Alain Gabriel in einer Branchenstudie zu europäischen Stahlherstellern. Für Salzgitter rechnet er im Quartalsvergleich mit einem Rückgang des operativen Ergebnisses. Stützend dürften zugleich unerwartete Gewinne im Handelsbereich wirken.
Und die Deutsche Bank hat die Aussichten der Aktie der Salzgitter AG in einem Ausblick auf die Zahlen zum vierten Quartal des Stahlherstellers von 33 auf 35 € angehoben, aber die Einstufung auf „Hold“ belassen. Man rechnet mit einem weiteren starken Quartal
und verwies auf steigende Margen im Stahlgeschäft.
Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 1–22 zum Thema „Ressourcen“.