Keine Panik

Das Linzer Unternehmen Emporia liegt auf Platz drei des österreichischen Mobiltelefon-Markts und macht damit den internationalen Spielern Konkurrenz. Bekannt geworden durch seine Seniorenhandys mit integrierten „No-Panic-Knöpfen“ will das Unternehmen mit seinem neuesten Modell nun auch eine jüngere Zielgruppe ansprechen, getreu dem Motto von Emporia-Eigentümerin Eveline Pupeter: „Digitalisierung für alle.“

Eveline Pupeter, Geschäftsführerin und Eigen­tümerin von Emporia Telecom, legt beim Interview zuallererst ihr Handy auf den kleinen Kaffeetisch. Es ist, wie könnte es anders sein, ein Smartphone aus dem eigenen Haus. „Ich hatte noch nie ein anderes Handy als die Emporia-Smartphones“, so die Unternehmerin. Auf den ersten Blick wirkt das Mobiltelefon wie ein herkömmliches Smartphone, das auch von einem großen internationalen Mobiltelefonhersteller kommen könnte: ein großer, flacher Touchscreen, einige Knöpfe an der Seite und eine Kamera mit mehreren Linsen. Auf den zweiten Blick fällt jedoch sofort der große, herzförmige Knopf ­unter der Kamera auf: Der sogenannte „No-­Panic-Knopf“ hat sich immer mehr zum Marken­zeichen von Emporia entwickelt. Drückt man den Knopf drei Sekunden lang, tönt nicht nur ein unangenehmes, lautes Geräusch aus den Telefon-Lautsprechern, es wird auch zeitgleich die Not­rufzentrale angerufen und sowohl der Laut­sprecher als auch die Kamera des Telefons aktiviert.

Doch nicht nur an der Hardware feilte das Designteam von Emporia, auch die Software auf Pupeters Smartphone wurde möglichst einfach gestaltet, um den Umgang mit dem Telefon für die Hauptzielgruppe des Unternehmens – Senioren – so einfach wie möglich zu halten. Auf der Hauptseite sieht man nur die wichtigsten Funk­tionen möglichst groß platziert: das Telefon, die Kamera, die Galerie und Whatsapp; wobei jeder Nutzer frei einstellen kann, welche Apps und Programme auf der Startseite sichtbar sind. „Unsere Smartphones sind nicht nur für Senioren, es gibt viele Leute, so wie ich, die einfach eine möglichst simple Bedienung ihres Telefons bevorzugen“, erklärt die 63-jährige Pupeter.

Eigentlich wurde Emporia 1991 von Pupeters Ex-Mann Albert Fellner als eine Art Funkwerkstatt in der Garage seines Elternhauses in Linz gegründet. Fellner importierte Festnetztelefone, Anrufbeantworter und Faxgeräte aus dem Ausland und verkaufte diese an Elektronik­fachgeschäfte in Österreich weiter. Schon damals legte der Unternehmer Wert auf eine möglichst ein­fache Bedienbarkeit seiner Elektro­geräte. Als in den frühen 2000er-Jahren das (zunächst sehr klobige) Mobiltelefon den Markt eroberte und Anrufbeantworter und Faxgeräte immer mehr obsolet wurden, musste auch Albert Fellner umdenken. Um diese Zeit herum wurde auch Pupeter Teil von Emporia Telecom. Die Unternehmerin war zuvor Geschäftsführerin von diversen

Ver­lagen und Medienhäusern, wie dem Veritas-Verlag oder der Oberösterreichischen Rundschau – Emporia war ihr Einstieg in die Tele­kommunikation. „Wir waren damals auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal in der Telekommunikation, und dabei ist uns auf­gefallen, dass die damaligen Marktführer ihre Mobiltelefone immer kleiner bauten. Diese Klapp­handys waren dann irgendwann so klein, dass die Mutter von Albert Fellner mit den neuen Geräten nicht mehr umgehen konnte“, erinnert sich Pupeter zurück.

So brachte Emporia 2004 das erste Senioren­handy auf den Markt. „Die Entwicklung dieses Telefons hat insgesamt drei Jahre ge­dauert, weil wir großen Wert auf die Markt­forschung gelegt und während der Entwicklung eng mit unserer zukünftigen Zielgruppe zu­sammengearbeitet haben“, erklärt die Unter­nehmerin. Zehn Jahre später verließ Fellner das Unternehmen zur Gänze und seine Ex-Frau übernahm die alleinige Führung.

Heute fertigt Emporia neben dem Tastenhandy, das etwa die Hälfte des Unternehmensumsatzes (36 Mio. € im Jahr 2023) ausmacht, auch Smartphones, Tablets, Smartwatches, Zubehör und medizinische Produkte. Obwohl Pupeter verstärkt die Zielgruppe einer jüngeren Generation (ab 45) ansprechen möchte, bleiben Senioren weiterhin die Hauptzielgruppe von Emporia. „Wir haben einfach die loyalste und treueste Zielgruppe, die zudem einen bedeutenden Teil der österreichischen Bevölkerung ausmacht“, erklärt Pupeter.

Während fast 98 % der Österreicher im Alter von 15 bis 29 Jahren ein Smartphone besitzen, leben hierzulande derzeit 1,8 Millionen Senioren, von denen rund 800.000 kein Smartphone oder Tablet besitzen. EU-weit sind es sogar 48 Millionen Menschen, die kein Smartphone besitzen – dadurch sind sie größtenteils von digitalen Anwendungen wie Internetbanking, E-Behörden­gängen, dem Onlinekauf von zum Beispiel Zug­tickets oder kontaktlosem Bezahlen im Supermarkt ausgeschlossen.

„Menschen ohne Smartphones sind leider eine vernachlässigte Gesellschaftsgruppe. Die Digitalisierung schreitet rasch voran, und viele Zahlungen und Reservierungen werden nur noch über Apps abgewickelt. Das mag für viele praktisch sein, stellt jedoch für Menschen ohne Smartphone ein erhebliches Hindernis dar“, betont Pupeter – und fügt hinzu: „Die großen Mobiltelefonhersteller zeigen oft kein Interesse an den Bedürfnissen von Senioren.“

Doch oft reicht es nicht aus, nur ein Smartphone zu besitzen; man muss auch wissen, wie man es benutzt. Deshalb arbeitet Emporia eng mit Verkaufspersonal zusammen und bietet Gutscheine für die Einrichtung und den Service von Mobiltelefonen an. Zusätzlich bietet das Unternehmen einen umfassenden Reparatur­service an. So werden jährlich rund 12.000 Geräte von Emporia repariert. „Die Langlebigkeit und die Reparaturfähigkeit unserer Produkte sind ent­scheidend, da es Senioren oft schwerfällt, sich von ihren alten Emporia-Telefonen zu trennen und neue zu kaufen“, erklärt Pupeter.

Die Langlebigkeit und die Reparaturfähigkeit unserer Produkte sind entscheidend, da es Senioren oft schwer­fällt, sich von ihren alten Emporia-Telefonen zu trennen und neue zu kaufen.

Eveline Pupeter

Seit 20 Jahren stellt Emporia nun schon Mobiltelefone mit dem berühmten Notfall-Knopf her. „Wir sind aber mehr als nur ein Handy mit einem Panik-Knopf“, fügt Pupeter hinzu. Tatsächlich konnte mittlerweile auch die Palette an nützlichen Zusatzfunktionen in den Linzer Mobiltelefonen erweitert werden: So sind viele der Telefone mit Hörgeräten kompatibel, sodass es beim Telefonieren zu keinen unangenehmen Geräuschen kommt, und auch die Smartwatch hat eine eingebaute Sim-Karte und besitzt eine Tracking-Funktion. „Es gibt Demenzpatienten, die manchmal ‚verloren gehen‘, da ist es für die Verwandten hilfreich, sie über die Uhr wieder ausfindig machen zu können“, erklärt Pupeter.

Mittlerweile ist die sechste Smartphone-Generation auf dem Markt, mit der auch die 45-plus-Generation angesprochen werden soll; die Geräte werden für rund 300 € verkauft. „Technisch ist diese Generation auf dem neuesten Stand, die Benutzerfreundlichkeit steht aber immer noch an erster Stelle“, so die Unter­nehmerin. Vor allem jüngere Menschen, die bisher Probleme hatten, mit dem Digitalisierungstrend mitzuhalten, zählen zur Hauptzielgruppe für dieses Telefon. „In der noch jüngeren Gesellschaftsgruppe der 15- bis 29-Jährigen wird es für uns schwierig, da diese Gruppe mit Smartphones aufgewachsen ist und Marken wie Samsung und Apple für sie fast schon wie eine Religion sind“, sagt Pupeter.

Dennoch konnte das Linzer Unternehmen 2023 einen Umsatz von 36 Mio. € erzielen.Ins­gesamt konnte Emporia bisher rund 17 Millionen Handys und zwei Millionen Festnetztelefone in der gesamten EU und Großbritannien verkaufen. In Österreich ist Emporia dabei mit einem Marktanteil von 8 % hinter Samsung (60 %) und Apple (30 %) auf dem dritten Platz. Insgesamt be­schäftigt das Unternehmen 115 Mitarbeiter aus 25 verschiedenen Nationen; Firmensitze gibt es in Linz, Brüssel, Frankfurt, Helsinki, London, Mailand, Paris und Shenzhen. 80 % der Wertschöpfungskette – darunter das Management, Marketing, Buchhaltung, Werkstatt, Lager und die Logistik – befinden sich in Europa. Die Pro­duktion der Elektrogeräte erfolgt in Shen­zhen in China.

Seit 2014 ist Pupeter zudem die alleinige Eigentümerin von Emporia Telecom. Im Verlauf ihrer Karriere als Geschäftsführerin erhielt sie unter anderem die Auszeichnung als „Unter­nehmerin des Jahres 2022“ sowie das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Ihre wichtigste Auszeichnung sei aber das Feedback ihrer Kunden: „Wenn mir ein altes Ehepaar entgegenkommt, das mir erzählt, dass es mit Emporia-Telefonen regel­mäßig mit den Enkelkindern im Ausland video­telefoniert, oder sich eine jüngere Dame mit dem ‚No-Panic-Knopf‘ am Handy am Heimweg sicherer fühlt, ist das das beste Feedback für mich.“

Für die Zukunft plant Pupeter vorerst keine Expansion in andere Länder, sondern konzen­triert sich stattdessen darauf, die jüngere Zielgruppe weiter zu erschließen. „Obwohl Tastenhandys immer noch die Hälfte unserer Verkäufe ausmachen, beobachten wir, dass immer mehr Menschen vom Tastenhandy zum Smartphone wechseln möchten“, erklärt sie. Daher wird Emporia in den kommenden Jahren daran arbeiten, seine Präsenz auf dem Markt außerhalb Österreichs zu festigen und sich gleichzeitig technologisch weiterzuentwickeln. „Unser Ziel ist und bleibt es, dass wirklich jeder irgendwann Zugang zu einfach bedienbaren Mobiltelefonen hat“, betont Pupeter abschließend.

Eveline Pupeter ist Geschäftsführerin und seit 2014 alleinige Eigentümerin von Emporia Telecom. Das Unternehmen stellt einfach bedienbare elektronische Geräte für Senioren und Personen über 45 Jahren her.

Lela Thun,
Redakteurin

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