Keep Cool

Bekim Laski kennt die Finanzwelt in all ihren Facetten. Nach über zwei Jahrzehnten bei UBS und Credit Suisse stellt er sich nun als Chief Investment Officer der smzh ag den Herausforderungen der heutigen Märkte. Ein Gespräch über Investmentstrategien, aktuelle Trends und die Kunst, in turbulenten Zeiten Ruhe zu bewahren.

Bekim Laski steht nicht unbedingt im Verdacht, sich leicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Seit mittlerweile 25 Jahren ist er in der Finanzbranche aktiv und durchlief dabei unterschiedliche Positionen bei den Grossbanken UBS und Credit Suisse. In dieser Zeit hat der Anlageexperte nahezu jeden Zyklus erlebt: Euphorie, Krise, Boom, Crash, Erholung. Seit Dezember 2024 agiert er als Chief Investment Officer der smzh ag, eines unabhängigen Finanzdienstleisters mit Sitz in Zürich. Seine Rolle? Er analysiert die Märkte nüchtern und pragmatisch, um die besten Lösungen für die Kunden zu finden; gleichzeitig ist er auch dafür verantwortlich, die «offene Architektur» weiterzuentwickeln, die die Unabhängigkeit der smzh sichern und Kompatibilität mit allen Akteuren der Finanzbranche gewährleisten soll. Doch welche Strategie hat sich Laski in diesen turbulenten Zeiten an den Märkten zurechtgelegt?

«Ich bin jetzt 25 Jahre lang in der Branche und habe wirklich noch nie ein einziges Jahr erlebt, das einfach gewesen wäre – zumindest nicht aus einer Investmentperspektive», erklärt er. Egal ob Dotcom-Bubble, die Finanzkrise 2008, Eurokrise, Entkoppelung des Mindestkurses des Schweizer Frankens oder die Nullzinspolitik der jüngsten Vergangenheit – Laski hat quasi alles gesehen. Die Volatilität, die die Märkte sich immer wieder zu eigen machen, müsse man nicht nur aushalten, sondern könne sie sogar aktiv nutzen: «Es gibt Anlagestrategien, die genau darauf ausgerichtet sind, von Volatilität zu profitieren», spricht Laski etwa die Strategie von Hedgefonds oder strukturierten Produkten an.

Das birgt jedoch auch Risiken. Daher sieht Laski – im Rahmen seiner Rolle bei der smzh – einen anderen Weg als den richtigen an: Er will robuste, gut strukturierte Portfolios bauen, die «diese Volatilität navigieren können». Dieser Zugang ist laut Laski unabhängig vom Anlagevolumen möglich und machbar. Das ist für ein Unter­nehmen wie smzh insofern wichtig, als das Kundenspektrum enorm ­diversifiziert ist: Insgesamt über 15.000 Kunden betreut die smzh, neben Privatkunden auch Unternehmenskunden quer über die Schweiz. Mit ihrer «Family Office light»-Philosophie setzt smzh auf einen holistischen Ansatz, der den gesamten Lebenskontext und dabei sowohl die «Bankable»- sowie «Non-bankable»- Vermögenswerte ihrer Kundschaft einbezieht, unabhängig von der effektiven Vermögensgrösse. «Dadurch werden sowohl BerufseinsteigerInnen als auch Unternehmen individuell beraten. Die Dienstleistungen gehen über die tra­ditionelle Vorsorge- und Vermögens­beratung hinaus und umfassen auch Immobilienberatung – inklusive Hypotheken und Finanzierungslösungen – sowie Versicherungs-, Steuer- und Rechtsdienstleistungen über unser Netzwerk von Partnern», so Laski.

Für Laski gilt es also, Lösungen zu finden, die allen in diesem Spek­trum entsprechen – wobei der individuelle Rendite-Risikoappetit natürlich endgültig entscheidet, welche Assetklassen im Portfolio wie stark gewichtet sind. «Am Ende entscheidet immer der Kunde, welches Risiko er eingehen möchte. Wir stehen beratend zur Verfügung, aber beeinflussen sollten wir diese grundlegende Entscheidung nie», so Laski.

Trotz aller Abgeklärtheit ist die aktuelle Situation, insbesondere die Aktivitäten von US-Präsident Donald Trump, auch für Laski ungewohnt. Seit Beginn der zweiten Amtszeit von Trump haben politische Entscheidungen spürbaren Einfluss nicht nur auf die Volatilität der Finanzmärkte, sondern auch auf die Investitions­entscheidungen der Unternehmen, was zu weitreichenden wirtschaft­lichen Implikationen führt. «Die Märkte reagieren zunehmend auf politische Entscheidungen», sagt Laski. Insbesondere stellen Trumps unvorhersehbare und wankelmütige Handlungen und Rhetorik die Markterwartungen auf die Probe – die Marktteilnehmer müssen lernen, mit politischen Unsicherheiten umzugehen und ihre Strategien entsprechend anzupassen.

Für Anleger bedeutet dies vor allem eines: erhöhte Aufmerksamkeit und Diversifikation. «Solche Entwicklungen zwingen Anleger dazu, inter­national selektiver und diversifizierter zu investieren», betont Laski. Die Zeiten, in denen man globale politische Entwicklungen weitgehend ignorieren konnte, sind definitiv vorbei. Stattdessen müsse die Finanzbranche heute mehr denn je geopolitische Faktoren in ihre Analysen und Entscheidungen einbeziehen, um langfristig stabile Renditen erzielen zu können.

Volatilität ist unvermeidlich – sie kann aber gezielt als Chance genutzt oder durch eine breite Portfoliodiversifikation reduziert werden.

Bekim Laski

Bekim Laskis Karriere begann 1999 bei der UBS, wo er zunächst fünf Jahre lang im Client Relationship Management und Active Advisory tätig war. Dabei betreute er Schweizer und internationale Privatkunden und sammelte umfangreiche Erfahrungen im Portfoliomanagement sowie in der Aktienauswahl für paneuropäische Equity-Portfolios. Anschliessend war er als Portfolio Manager im Bereich Global Active Advisory tätig, wo er Strategien für globale Aktienportfolios entwickelte und umsetzte.

Im Jahr 2011 wechselte Laski zur Credit Suisse, wo er zunächst als Senior Investment Consultant für vermögende Privatkunden tätig war und massgeschneiderte strategische sowie taktische Anlageempfehlungen über alle Assetklassen hinweg erbrachte. Später leitete er die Bereiche Tactical Investment Solutions und Bespoke Mandates für externe Vermögens­verwalter, bevor er schliesslich die Rolle als Head IS&S Investment Advisory übernahm. Dort verantwortete er unter anderem den Aufbau eines zentralen Kompetenzzentrums im CIO-Geschäftsbereich, um Portfolio- und taktische Investitionsdienstleistungen bereitzustellen, wie Modell-Portfolios, Trading-Ideen, Portfolio Consulting und «outsourced CIO services» für externe Vermögensverwalter.

In diesem Vierteljahrhundert ergaben sich tiefgreifende Veränderungen an den Märkten. Die Nullzinspolitik machte Anleihen in vielen Regionen der Welt deutlich weniger attraktiv. Der bis dahin klassische Ansatz, wonach ein Portfolio ausreichend balanciert ist, wenn es 60 % Aktien und 40 % Anleihen umfasst, geriet somit ordentlich unter Druck. «In einem Tiefzinsumfeld, wie wir es in der Schweiz haben, bieten diese klassischen 60/40-Portfolios kaum noch echte Diversifikationseffekte», erklärt Laski. Gerade klassische festverzinsliche Anlagen («Fixed Income») könnten ihre traditionelle Rolle, Portfolios in Krisenzeiten zu stabilisieren, nicht mehr erfüllen, da deren Renditen in den vergangenen Jahren sowohl nominal als auch real kaum attraktiv oder oft negativ waren.

Stattdessen gewinnen alternative Anlageklassen, darunter Private Equity und Private Debt, zunehmend an Bedeutung, betont Laski. Diese sogenannten «Private Markets» seien eine attraktive Alternative, da sie Ineffizienzen in Privatmärkten ausnutzen können und dadurch langfristig attraktive Renditen versprechen könnten. Er betont jedoch die Wichtigkeit, die Natur dieser Anlagen zu verstehen: «Anlagen im Privatmarkt sind per Definition illiquide – und das sollte auch so bleiben.» Anleger müssten daher bereit sein, längerfristig zu denken und die geringere Liquidität dieser Investments bewusst in Kauf zu nehmen.

Auch der Trend hin zu ETFs, also passiven Vehikeln, die gegen geringe Gebühren breite Indizes oder spezifische Aktienkörbe nachbilden, sei eine Entwicklung mit viel Relevanz. «Das ist absolut legitim. Es gibt so viel empirische Evidenz, die klar aufzeigt, dass es insbesondere in effizienten Märkten wie dem US-Aktienmarkt extrem schwierig ist, mit aktiven Fonds eine Mehrrendite gegenüber der Benchmark zu erzielen. Zwischen 70 und 90 % der aktiven Fonds­manager schaffen es nicht, ihre Benchmark langfristig zu schlagen.» Daher sieht Laski ETFs durchaus po­sitiv, aber differenziert je nach Welt­region: «Je effizienter der Markt ist, desto stärker setzen wir auf passive Lösungen – sprich ETFs –, insbesondere im US-Aktienmarkt. In weniger effizienten Märkten, etwa Emerging Markets oder teilweise europäischen Märkten, können aktive Fonds durchaus noch Mehrwert bieten.»

Seine differenzierte Analyse zieht Laski auch bei einem neuen Instrument durch, das in Anlegerkreisen hochgradig umstritten ist: Krypto­währungen. Während Fans glauben, dass Bitcoin, Ether und Co die Zukunft gehört, sind prominente Investoren, darunter etwa Warren Buffett, äusserst skeptisch, was die Coins angeht. Laski versteht die Argumentation, die etwa Buffett anführt, nämlich dass der fehlende intrinsische Wert die Marktbewegungen nur schwer nachvollziehbar macht. Doch der Finanzexperte befasste sich intensiv mit der Frage, welchen Wert Krypto­währungen für ein diversifiziertes Portfolio haben können – und da sieht er durchaus eine «Daseinsberechtigung», wie er sagt. «Bereits eine geringe Beimischung von Bitcoin oder Ether könnte das Renditeprofil substanziell verbessern, jedoch um den Preis einer ebenfalls substanziell höheren Volatilität. Die Vorteile überwiegen jedoch auch trotz des erhöhten Risikos, wenn die gestiegene Volatilität im Verhältnis zur höheren Rendite betrachtet wird, beispielsweise durch die Analyse der Veränderungen der Sharpe-Ratios.» Zuletzt war es für Kryptowährungen wieder etwas nach unten gegangen, Bitcoin gab nach kurzzeitigem Durchbrechen der magischen Schwelle von 100.000 US-$ im Januar zuletzt um fast 20 % nach. Zuletzt lag der Preis bei knapp 83.000 US-$. Der Ether-Kurs gab gegenüber Anfang Januar sogar fast 50 % nach.

Den aktuell wohl grössten Hype an den Märkten – künstliche Intelligenz – betrachtet Laski aus zwei Blickwinkeln: intern und extern. «Für uns selbst ist KI definitiv sehr positiv. Sie hilft uns, repetitive Prozesse zu automatisieren und Skaleneffekte zu schaffen, um gleichzeitig Raum für persönliche Kundenbetreuung zu gewinnen. Wir werden dennoch nie zu einem Robo-Digital-Advisor werden; die menschliche Interaktion bleibt für uns zentral.»

Die Investitionen in KI sind in den letzten Jahren exponentiell ­gestiegen: 110 Mrd. US-$ wurden 2024 laut Tech­crunch in Technologien rund um künstliche Intelligenz investiert –

im Jahr 2015 lag dieser Wert bei lediglich zwölf Mrd. US-$. «Unternehmen stehen bei der Monetarisierung dieser Investitionen vor erheblichen Herausforderungen, was dazu führt, dass Investoren deren Aktien derzeit zunehmend meiden», ergänzt Laski die Sicht aus Investmentperspektive.

Einen deutlich anderen Blickwinkel als viele Marktbeobachter hat Laski indes, was die Rolle Europas angeht. Während bei Investoren hier in der Regel Pessimismus herrscht, ist Laski mittlerweile bullish: «Europäische Aktien wurden lange mit Bewertungsabschlägen gehandelt» – doch das könnte sich aufgrund der neuen Investitionsprogramme, die in vielen Ländern geplant sind, ändern. Insbesondere Deutschlands Vorhaben, die Schuldenbremse zu lockern, sei historisch. «Das könnte durchaus ein ‹Gamechanger› für Europa sein. Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung werden die Wirtschaft stimulieren und Europa wieder stärker auf den Radar internationaler Inves­toren bringen.»

Eine kurzfristige Betrachtung scheint Laskis Position zu unter­streichen: Seit Jahresbeginn haben die US-Indizes S&P 500 und Dow Jones ein Minus von 4,5 % bzw. 2,4 % geschrieben, der deutsche DAX liegt Year-to-date (YTD) hingegen 12,5 % im Plus, für den Euro Stoxx 50 ging es 8,5 % nach oben, der SMI hat um 10,6 % zugelegt. Das ist zugegebenermassen ein kurzer Zeitraum, könnte aber den Beginn einer neu gefundenen Stärke Europas signalisieren.

Im Gespräch zeigt sich, dass Laskis Position einen gewissen Luxus mit sich bringt: Weil die smzh unabhängig agiert, kann der Chief Investment Officer seine Einschätzungen teilen, ohne ständig auf die eigene Produktpalette blicken zu müssen. Diese Strategie sei eine Grundsatzentscheidung, die sich auch nicht ändern wird: «Im Gegensatz zu traditionellen Finanzinstituten bieten wir keine eigenen Anlage­produkte an. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung eines robusten Anlage­konzepts – unsere ‹House View›, welche die Grundlage für all unsere Beratungsaktivitäten bildet. Dies hilft uns, Perspektiven zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse un­serer Kundschaft zugeschnitten sind», erklärt Laski. In Kombination dazu setzt smzh auf eine «Open Architecture», die es ermöglicht, kundenorientiert und unabhängig aus den besten am Markt verfügbaren Produkten und Lösungen auszuwählen.

Frei von Volatilität werden die nächsten Jahre an den Finanzmärkten sicher nicht sein – doch Bekim Laski weiss offenbar genau, was in solchen Situationen zu tun ist.

Bekim Laski ist Chief Investment Officer bei der smzh ag und blickt auf über 25 Jahre Erfahrung bei UBS und Credit Suisse zurück. Er bringt umfassendes Wissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Wealth & Investment Management ein und ist spezialisiert auf robuste Anlagestrategien, Risikomanagement und alternative Investments.

Fotos: Mara Truog

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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