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In meinen vergangenen drei Jahren als Vollzeit-Reisebloggerin hatte ich die Möglichkeit, auf Hawaii mit Haien zu schwimmen, Pferde auf Ecuadors Vulkanen zu reiten und traditionelle Tajines in den geschäftigen Straßen von Marrakesch zu essen. Besonders tief in meinem Herzen sind aber die Menschen, denen ich begegnen durfte – ihre Hilfsbereitschaft und Offenherzigkeit hat mich immer wieder aufs Neue verblüfft.
So denke ich an die Dame aus Costa Rica zurück, die mich im Taxi bis zu meiner Destination begleitete, damit ich auch ja sicher ankomme (Spanisch konnte ich damals noch nicht), oder an den griechischen Mann, der mir erlaubte, den Abend mit ihm in seinem Restaurant zu verbringen und auch dort zu schlafen, weil ich keine Unterkunft hatte; und die unzähligen Wanderungen, die ich über mehrere Tausend Kilometer in über zehn Ländern absolvierte. Eine Person, die mir besonders stark in Erinnerung geblieben ist, heißt Ginny: Im März 2023 spazierte ich durch die kleine Stadt Makawao auf der hawaiianischen Insel Maui. Es war ein sonniger Tag und ich war auf dem Weg zum Strand, als ich mit dieser älteren philippinischen Dame ins Gespräch kam.
Sie verkaufte Blumen und Avocados – und so kamen wir ins Plaudern. Eine Stunde später saßen wir in ihrem Haus, tranken Tee und träumten gemeinsam über unsere zukünftigen Reisen auf den Philippinen. Ginny und ich teilen eine grundlegende Philosophie in unserem Leben: „Strangers are just friends you haven’t met yet.“ Schlussendlich zog ich quasi am nächsten Tag in ihr Haus und teilte eine Woche lang die Freuden des Lebens. Oft verbrachten wir die Nachmittage damit, Obst und Gemüse aus ihrem Garten zu pflücken und damit Essen zuzubereiten. Ich lernte ihren Mann, ihre Mutter und die gesamte Nachbarschaft kennen – egal was wir machten, wir hatten immer Freude dabei.
Das Reisen lehrte mich, Vorurteile abzulegen. Es zeigte mir auch, dass oft jene Menschen, die am wenigsten haben, am meisten geben. Die Offenheit und das Vertrauen, mit dem mir Menschen begegnet sind, inspirieren und berühren mich zutiefst. In verschiedensten Ländern wurde ich von Familien wie eine Tochter aufgenommen. Die Welt fühlt sich dann auf einmal wie ein großes Zuhause an.
Ich konnte über die Jahre viele Orte sammeln, von denen ich weiß, dass ich immer willkommen sein werde – egal wie viele Jahre unsere Begegnung zurückliegt. Über Social Media konnte ich Menschen treffen, die mich von Instagram kannten und mich in ihren vier Wänden aufgenommen haben.
Wenn ich nach Wien zurückkehre, merke ich oft, wie distanziert wir heutzutage in diesem Land leben. Den Mangel an Gemeinschaft finde ich schade – Nachbarn reden nicht mehr miteinander und das Misstrauen der Menschen ist groß gegenüber jedem, der nicht in ihrem beständigen Kreis ist. Freundlichkeit wird häufig schräg beäugt, Hilfeleistung und Zivilcourage sind viel zu selten zu erleben. Das ist schade.
Durch das Reisen habe ich gelernt, dass ich mir diese Gemeinschaft selbst schaffen kann, egal wo auf der Welt ich bin. Ich wünschte, dass wir alle wieder mehr zu einem gemeinsamen statt einsamen Lebensstil zurückkehren würden – und dass wir in Begegnungen mit fremden Menschen diese einfach als Freunde sehen, die wir noch nicht getroffen haben.
Leonie Buchegger ist eine Travel-Influencerin und Fotografin aus Österreich.
Text: Leonie Buchegger
Illustration: Marlene Zumpf