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Vor 8 Jahren präsentierte Elon Musk seine Vision für Hyperloop, eine Technologie mit dem Potential, Reisen und Transport zu revolutionieren. Während das Medienecho mittlerweile etwas verhallt ist, werden die internationalen Forschungsanstrengungen stetig verstärkt. Heute wird in vielen Ländern weltweit an der Technologie getüftelt, führende Forscherteams sitzen in Kalifornien, China und Europa, auch die Europäische Kommission investierte kürzlich erstmals in den Bereich. Die Erwartungen sind ebenso groß wie die Herausforderungen, aktuell ist eine Marktreife noch in weiter Ferne.
Es ist eine Technologie, die in den letzten Jahren vor allem durch Elon Musk internationale Beachtung fand. 2013 veröffentlichte er ein unter Mithilfe seiner Techniker bei Tesla und SpaceX entstandenes Whitepaper, in dem er die Grundidee einer neuen Transporttechnologie skizzierte: Hyperloop. Die Form ist dabei namensgebend, schließlich sollen sich Kapseln in einer - sehr großen - Schleife, also einer Loop bewegen. Sie sollte allen bestehenden Fortbewegungsmitteln weit überlegen sein, so schnell wie ein Flugzeug, gleichzeitig emissionsarm, sicher und deutlich billiger. Interessant wäre so eine Technologie, die - wenn es nach Elon Musk geht - ein neues Zeitalter moderner Infrastruktur einläuten soll, insbesondere für die Mittel- und Langstrecke.
Doch wie sieht die Hyperloop-Technik nun genau aus? Das System besteht aus einer Röhre, in der sich Kapseln mit sehr hoher Geschwindigkeit bewegen. Die Kapseln sollen Passagiere sowie auch Güter transportieren können, die angepeilten extremen Geschwindigkeiten von über 1000 km/h erreicht man durch eine Minimierung des Luftwiderstandes, da im Inneren der Röhre ein Vakuum herrscht. Der Antrieb geschieht kontaktlos, bei den meisten heute existierenden Konzepten gerät ein Schwebesystem zur Anwendung.
Die potentiellen Vorteile eines solchen Systems liegen auf der Hand: Reisezeiten zwischen Ballungszentren könnten deutlich verkürzt werden. Durch den elektrischen Betrieb wäre die Technologie auch deutlich umweltfreundlicher als der Flugverkehr, im angestrebten Idealfall sogar klimaneutral. Weiters könnten neben dem Passagiertransport auch Güterzüge und LKW-Routen entlastet werden.
Die Versprechen der Hyperloop-Vision waren und sind nach wie vor groß. Die zugrundeliegende Technik ist revolutionär und auf den ersten Blick leicht nachvollziehbar, sie birgt aber zahlreiche Schwierigkeiten und ist in der Umsetzung höchst komplex. Nicht zuletzt deshalb war es auch Elon Musks Idee, mit dem White Paper einen Anstoß zu liefern und, dem „Open Source”- Gedanken folgend, eine weltweite offene Kooperation der besten Köpfe anzuregen.
Neben Musks eigenen Technikern von Tesla und SpaceX arbeiten mittlerweile zahlreiche Unternehmen und Forscherteams weltweit an einer Weiterentwicklung der Hyperloop-Technologie. Mit Hyperloop Transportation Technologies (HTT) und Virgin Hyperloop One sind zwei davon in Kalifornien ansässig. Beide sind US-amerikanische Unternehmen, Virgin Hyperloop One hat dabei die von Richard Branson geleitete Virgin Group als Geldgeber mit an Bord. Europäische Player finden sich unter anderem in den Niederlanden (Hardt Hyperloop) oder Polen (Nevomo), auch in China wird die Forschung an der Technologie mit Hochdruck vorangetrieben. Erst kürzlich sprach die Europäische Kommission Hardt Hyperloop im Rahmen des EIC Accelerator-Programms eine Unterstützung in Höhe von 15 Millionen Euro zu, sie soll unter anderem dazu dienen, in Groningen den Bau des „European Hyperloop Centre” voranzutreiben.
Für Furore sorgte in den letzten Jahren vor allem auch ein an der Technischen Universität München beheimatetes Forscherteam. TUM Hyperloop war ursprünglich ein 2015 ins Leben gerufenes Projekt der Studenteninitiative WARR (Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt) und hieß damals noch WARR Hyperloop. Das Ziel war die Teilnahme an dem von Elon Musk aufgerufenen internationalen Wettbewerb „SpaceX Hyperloop Pod Competition”. Der Bewerb sollte Forschern aus aller Welt eine Plattform bieten, den Ideenaustausch anregen und Synergien generieren.
Musk’s Firma SpaceX baute zu diesem Zweck in der Nähe seines Hauptsitzes in Hawthorne, Kalifornien eine 1,2 Kilometer lange Vakuumröhre und lud Forscherteams aus aller Welt ein. Im Laufe der kommenden Jahre gewann das Team von TUM Hyperloop den Wettbewerb vier Mal en suite und stellte im Zuge dessen 2019 mit dem „Pod Four” auch den heute noch gültigen Geschwindigkeitsrekord von 482 km/h auf. Das Gewinner-Modell der Münchner überzeugte mit beeindruckender Leistung und seinen technischen Daten, war mit einer Masse von 69 kg freilich aber noch weit entfernt vom Traum der Revolution des Passagierverkehrs. Doch die Entwicklung schreitet voran: Aktuell baut TUM Hyperloop einen Demonstrator in Originalgröße. Dieser nächste Schritt bei der Entwicklung eines passagierfähigen Hyperloop-Modells umfasst eine Kapsel, die für den Transport von Menschen groß genug ist, sowie eine 24 Meter lange Röhre. TUM Hyperloop möchte damit die Skalierbarkeit seiner Technologie unter Beweis stellen.
Der visionäre Unternehmer Musk geizte 2013 wie so oft nicht am Umfang seiner Vision und bezeichnete Hyperloop als möglichen fünften Transportmodus nach Schiffen, Flugzeugen, Autos und der Bahn. Tatsächlich sind die Herausforderungen aber noch gewaltig. Neben der technischen Umsetzung und potentiell astronomischen Kosten für den Bau einer mehrerer hundert Kilometer langen Hyperloop-Strecke liegen sie vor allem auch in der Systemsicherheit. Eine Strecke aus Röhren, die über weite Distanzen ein Vakuum aufrechterhalten müssen, ist ungleich angreifbarer für diverse Umwelteinflüsse als ein konventionelles Schienennetz. Musk selber nennt in seinem White Paper an dieser Stelle vor allem Wettereinflüsse und Erdbeben als zentrale Risikofaktoren.
Text: Silvan Mortazavi
Fotos: Hyperloop