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Als Filmproduzent arbeitet er in London, Berlin und Wien an Filmen in ganz Europa. Doch damit nicht genug: Nun möchte Johannes Schubert auch weltweit die Kinosäle erobern.
Es ist spät nachts, die Straßen von New York in den 30er-Jahren sind nur schummrig beleuchtet, als sich plötzlich zwei Autos dicht an dicht eine rasante Verfolgungsjagd liefern. Bereits nach den ersten Sekunden kann der Zuschauer aber erkennen: Diese Szene spielt sich nicht im echten New York ab – sondern in einem aufwendig kreierten Set aus Pappe.
Die Szene ist ein Ausschnitt aus dem Gangsterfilm „Mascarpone“, der weltweit auf 80 Filmfestivals vorgeführt wurde und über 20 Preise abgeräumt hat – unter anderem in den Kategorien „Best Action“ (am HollyShorts Film Festival in Los Angeles) oder „Best Animated Film“ (am Zsigmond Vilmos Film Festival in Ungarn). Fünf Kurzfilme und zwei Dokumentarfilme sind es insgesamt, die Nachwuchsfilmproduzent Johannes Schubert mitsamt den Teams in den vergangenen drei Jahren produziert hat. Das Ziel, das er dabei mit all seinen Filmen hat, bleibt stets dasselbe: Geschichten erzählen, die Menschen unterhalten, aber gleichzeitig zum Nachdenken bringen. „Unsere Zuschauer sollen das Kino im besten Fall als andere Menschen mit neuen Vorstellungen und Perspektiven verlassen“, sagt er.
Dass er tatsächlich einmal Filmproduzent wird, war für Schubert zunächst aber eher ein Wunschtraum. Im Alter von fünf Jahren wurde bereits seine Leidenschaft zum Film geweckt, bei einem Kinobesuch von „König der Löwen“. Ihn fasziniert vor allem die Vielfältigkeit des Mediums: „Ich kenne fast kein anderes Medium, das so viele verschiedene Disziplinen kombiniert“, erklärt er. Zugleich soll ein Film laut Schubert auch inhaltlich immer etwas Neues aufzeigen, das man in der Form so noch nicht gesehen hat oder das einen besonderen Zugang zu einem Thema darstellt. Dieses Streben nach neuen Perspektiven zeigt sich unter anderem im Dokumentarfilm „Germania“, für den Schubert mitsamt dem Team eine schlagende Münchner Studentenverbindung begleitet hat. Oder in „Una Primavera“, ebenso ein Dokumentarfilm, der die Geschichte einer Mutter zeigt, die nach 40 Jahren gewalttätiger Ehe ihren Ehemann verlässt und von Italien nach Berlin zieht. „Der Film sagt ganz viel darüber aus, wie wir miteinander umgehen“, sagt Schubert. Nach Vorführungen auf zehn Dokumentarfilmfestivals kommt „Una Primavera“ am 22. November auch österreichweit in die Kinos.
Aufgrund seiner -Faszination für die Kombination verschiedener Elemente war Schubert auch bereits in einer völlig anderen Domäne erfolgreich: dem Kombinationssport Racketlon, der aus vier Sportarten (Tischtennis, Badminton, Squash und Tennis) besteht. Schubert war U16-, U21-, Team- und Mixed-Doppel-Weltmeister und sogar Nummer zwei auf der Herren-Rangliste weltweit. Auch heute spielt er von Zeit zu Zeit noch Racketlon, legt jedoch seinen Fokus lieber auf die Produktion seiner Filme.
Als Produzent agiert Schubert vor allem im Hintergrund – und ist in sämtliche Schritte involviert: von der gemeinsamen Ausarbeitung eines Projekts mit den Regisseuren über die Entwicklung, die Pre-Production (Drehvorbereitung), den Dreh an sich, die Postproduktion (Schnitt) bis zur Auswertung des Films (Distribution). Während ein Regisseur einen Film inhaltlich umsetzt, ist Schubert als Produzent also vor allem dafür verantwortlich, dass alles funktioniert.
Johannes Schubert
... absolvierte an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf seinen Bachelor in Film and Television Production. Derzeit ist er an der National Film and Television School in London für den Master in Producing eingeschrieben und hat bereits fünf Kurzfilme und zwei Dokumentarfilme produziert – für „Mascarpone“ erhielt er 20 Auszeichnungen.
Das bedeutet auch, dass er sich um die Finanzierung eines Films kümmert. Diese gestaltet sich in der Filmproduktion gar nicht so einfach – denn während sich Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunksender tendenziell durch Werbeanzeigen und Gebühren finanzieren, ist ein Film rein auf Investoren, Verkaufszahlen, Lizenzen und Förderungen angewiesen. Laut Produzentenstudie 2018 der Hamburg Media School liegen die Kosten für einen deutschen Kinofilm ohne ausländische Koproduktion im Schnitt bei 2,8 Millionen €. Im Vergleich zum recht großen Markt in Deutschland sei es in Österreich noch viel schwieriger, ein Filmprojekt zu finanzieren, so Schubert. Förderungen seien deshalb überaus wichtig. Wie wichtig, verdeutlicht die Produzentenstudie der Hamburg Media School: Erhält ein Film eine Förderung, können damit durchschnittlich 45 % der Kosten gedeckt werden. Schuberts bisherige Filme spielen sich noch im Low-Budget-Bereich ab und sind zum Großteil im akademischen Rahmen entstanden. Außerhalb davon ist es wesentlich schwieriger, Filme zu finanzieren – weil man sich erst einmal einen Ruf in der Branche erarbeiten und für die Beantragung großer Fördertöpfe schon eigene Filme vorlegen müsse, um überhaupt ernst genommen zu werden, so Schubert. Seine bisherigen Produktionen könnten ihm dies nun ermöglichen. „Ich möchte damit weiterhin Filme mit einer starken inhaltlichen Aussagekraft produzieren, über eine gute Finanzierung aber ein noch breiteres Publikum erreichen“, sagt Schubert.
Bis er aber in der Filmindustrie Fuß fasste, dauerte es seine Zeit. So arbeitete Schubert mit 19 Jahren zunächst einmal für ein paar Monate als Manegenrequisiteur beim Circus Roncalli. Wenige Monate später begann er beim Österreichischen Rundfunk (ORF) ein Praktikum – gefolgt von einer Anstellung als Regieassistent und Redakteur. Nach mehreren Jahren und Projekten beim ORF, der deutschen Produktionsfirma ITV und später auch bei BBC fasste Schubert dann den Entschluss, sich für die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam zu bewerben – mit Erfolg. Die Universität gilt als älteste Filmhochschule Deutschlands und ist die erste mit Universitätsrang; außerdem liegt sie direkt neben dem Studio Babelsberg, dem größten Filmstudio Europas.
Zurzeit ist Schubert neben seinem Dasein als Produzent nach wie vor Student – mittlerweile aber an der National Film and Television School (NFTS) in London, wo er seinen Master in Producing absolviert. Laut dem Observer ist die NFTS als beste Filmschule der Welt gelistet – zu ihren Absolventen zählt unter anderem „Harry Potter“-Regisseur David Yates. Parallel dazu produziert Schubert eigenständig Filme mit unterschiedlichen Teams in Deutschland, Italien oder anderen Teilen Europas. Schuberts Leben spielt sich dabei vor allem an der Route London – Berlin – Wien ab: London wegen des Studiums, Berlin wegen der Kontakte und Wien, weil er sich immer noch mit der Stadt verbunden fühlt.
Nun arbeitet Schubert auf sein nächstes Ziel hin: Zukünftig möchte er bei einer internationalen Koproduktion mitwirken, durch Kooperationen mit etablierten Produzenten seine Karriere weiter vorantreiben und somit seine Position als unabhängiger Produzent ausbauen. Doch wie schwierig es ist, in der Filmbranche erfolgreich zu sein, zeigt etwa der Forscher Sergio Sparviero in der Fachzeitschrift Media Industries Journal – 80 % aller Filme sind demnach nie profitabel. Mit seinen bisherigen Erfolgen scheint Schubert wohl aber auf einem guten Weg zu sein. „Man sollte als Filmemacher dennoch nicht vergessen, zu leben“, erklärt er. „Denn Geschichten kommen aus dem Leben. Und wenn man nur in diesem Hamsterrad der Arbeit läuft, rauschen das Leben und somit auch die Geschichten an einem vorbei.“ Das dürfte Schubert wohl aber ohnehin nicht passieren. Jeder seiner Filme erzählt eine Geschichte auf eine andere Weise und behandelt Themen von verschiedenen Blickwinkeln aus – stets mit dem Ziel, Menschen zu berühren und zu unterhalten.
Text: David Hanny
Johannes Schubert ist Mitglied der Forbes DACH 30 Under 30-Liste 2019. Mehr über Johannes Schubert lesen.
Der Artikel ist in unserer Juni-Ausgabe 2019 „30 Under 30“ erschienen.