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Magdalena Miedl liebt es, den richtigen Menschen zu finden. 2020 gründete sie das Personalmanagement-Unternehmen Talent Sourcing, mit dem sie jährlich „sehr hohe“ sechsstellige Umsätze generiert. Ihr Geheimnis? „Recruiting muss Spaß machen“, so Miedl. Im Interview mit Forbes erzählt die Personalberaterin, warum sie sich selbstständig machen wollte und wie sie Talent Sourcing aufgebaut hat. Und sie teilt ihre Meinungen über KI und Erfahrungen aus ihrem „Doppelleben“ als Mutter und Unternehmerin.
Frau Miedl, Sie haben acht Jahre lang in renommierten Recruiting-Beratungsunternehmen, insbesondere im Executive Search, und in Recruiting-Abteilungen verschiedener Unternehmen gearbeitet, bevor Sie sich 2020 selbstständig gemacht und Talent Sourcing gegründet haben. Was hat Sie dazu bewegt?
Ich wollte Personalberatung neu denken und neu leben. Die meisten großen Recruiter haben alte, starre Strukturen und ein striktes Top-down-Management. Ich habe selbst gesehen, dass das dazu führt, dass der Mensch nicht mehr im Fokus steht, sondern der Profit – obwohl Menschen vermittelt werden. Ich möchte es anders machen und meine Personalberatung „cool“ betreiben. Das macht nicht nur mehr Spaß – mir und meinen Kunden –, sondern ermöglicht es mir, langfristig inspirierende Beziehungen aufzubauen.
Gerade am Anfang hat es mir geholfen, dass ich schon lange in diesem Feld arbeite. Ich hatte meine ersten Kontakte bereits, bevor ich gegründet habe. Eigentlich wollte ich nach meinem letzten Projekt – das war für einen der größten Immobiliendienstleister in der Schweiz – eine Karrierepause machen. Aber dann kam bald die erste Anfrage herein und ich habe nicht lange gezögert und sofort losgelegt.
Zu Ihren Kunden zählen Hermès, Burberry, die Richemont-Gruppe und Akris. Liegt Ihr Fokus im Bereich Luxury Retail oder täuscht dieser Eindruck?
Ich arbeite im Bereich Executive Search, also in der Suche nach Fach- und Führungskräften, und kann für Unternehmen aller Art die passenden Arbeitskräfte finden. Dabei arbeite ich immer nach dem Active-Sourcing-Ansatz; das heißt, ich suche gezielt Menschen, von denen ich glaube, dass die Stelle zu ihnen passt, und gehe dann proaktiv auf sie zu.
Luxury Retail ist aber ganz klar mein Steckenpferd. Ich teile den hohen Qualitätsanspruch dieser Branche und habe selbst ein Faible für hochwertige Ästhetik. Auch wenn die Erwartungen in diesem Bereich außergewöhnlich anspruchsvoll und herausfordernd sind, spornt mich gerade diese Aufgabe an. Ich habe festgestellt, dass hinter dem äußeren hervorragenden Erscheinungsbild einer Luxusmarke ein eindrucksvolles Wertebewusstsein steckt, das mit viel Einsatz, Leidenschaft und Liebe entwickelt worden ist. Das verdient in meinen Augen volle Achtung und Anerkennung. Mich begeistert diese Mischung aus Leistungsbereitschaft, Servicementalität und einem Sinn für Exzellenz – das Exquisite, Feine und Schöne. Da ziehe ich immer wieder den Hut und bin hoch motiviert, Mitarbeiter zu finden, die das zu schätzen wissen. Finden Sie mal Angestellte, die auch am Wochenende arbeiten und um 18 Uhr noch freundlich auf anstrengende Kunden reagieren! Das ist nicht leicht, muss aber im Luxusbereich so sein.
Was unterscheidet Ihr Angebot von dem anderer Recruiter?
Bei mir bekommen Kunden die Dienstleistung eines erstklassigen Executive-Search-Unternehmens, aber ich arbeite nicht auf Mandatsbasis, sondern rein auf Erfolgsbasis – das heißt, ich werde nur bezahlt, wenn ich die Position auch fülle. Für Unternehmen kann das unglaublich wertvoll sein, weil sie dadurch flexibel bleiben. Ich kenne keinen anderen Recruiter, der das so macht.
Was mich noch unterscheidet: Ich stelle den Menschen ganz ins Zentrum. Denn sind wir mal ehrlich: Eine langfristige positive Beziehung ist doch die Basis, Freude und Achtung im Miteinander sind ein echter Motor. Ich habe lange in der Maschinerie großer Recruiter gearbeitet und habe miterlebt, wie das Menschliche oft in den Hintergrund gedrängt wird. Wenn solche Unternehmen Recruiting so machen wollen, dann ist das für mich in Ordnung – das ist deren Business Model. Aber ich bin überzeugt, dass es auch anders geht, und mein Erfolg gibt mir recht: 90 % meiner Kunden sind wiederkehrende Kunden. Das freut mich ganz besonders, weil es zeigt, dass sie mit meiner Dienstleistung zufrieden sind. Bei mir muss neben der fachlichen Expertise das Herz am rechten Fleck sein.
Und noch ein dritter Aspekt unterscheidet mich von anderen Unternehmen meiner Branche: Ich möchte eine coole und authentische Personalberaterin sein. In meinem Kopf schwirren viele kreative Ideen umher und die Selbstständigkeit gibt mir die Chance, diese auszuleben. Ich möchte in den sozialen Medien sichtbar sein und mit hilfreichen oder einzigartigen Themen informieren und begeistern. Ein Beispiel: Ich habe eine Interview-Serie namens „Drei Fragen an …“ herausgebracht. Ich habe hier beispielsweise mit der Human-Resources-Managerin des Zirkus Roncalli darüber gesprochen, ob es auch in der Zirkus-Branche einen Fachkräftemangel gibt und wie ein Zirkus heutzutage Angestellte findet. In einem anderen Gespräch habe ich Prof. Dr. med. Heribert Kentenich interviewt – er ist Reproduktionsmediziner und Mitglied der Ethikkommission der Ärztekammer Berlin. Ich habe ihn gefragt, was er davon hält, dass Firmen wie Salesforce und Facebook ihren Mitarbeiterinnen Geld zur Verfügung stellen, damit diese ihre Eizellen einfrieren können, um sich so lange wie möglich der Karriere zu widmen und die Familiengründung auch noch später zu planen. Solche Projekte waren mit ein Grund, warum ich mein eigenes Unternehmen gründen wollte.
Sie haben es nicht so gemacht wie gerade für Facebook und Co geschildert, sondern beschlossen, ein Kind zu bekommen. Viele Unternehmensgründer, mit denen wir sprechen, sagen, dass ein Unternehmer zu 100 % hinter seinem Unternehmen stehen muss und dass neben der Arbeit wenig Zeit bleibt. Wie teilen Sie sich Ihren Tag ein?
Ich bin sehr organisiert und diszipliniert. Wenn meine Tochter im Kindergarten ist, dann arbeite ich; und wenn meine Tochter abends im Bett ist, dann arbeite ich auch. Wochenenden sehen für mich ähnlich aus.
Aber mir ist es auch wichtig, Zeit mit meinem Kind und meinem Mann zu verbringen. Dann versuche ich, ganz präsent zu sein. Wenn ich Zeit mit meiner Tochter verbringe, widme ich ihr meine volle Aufmerksamkeit. Da lege ich mein Handy weg und bin ausschließlich Mama. Ich muss schon manchmal über mich selbst lachen: Am Vormittag bin ich Businesswoman, am Nachmittag laufe ich manchmal im Feenkostüm und mit Glitzer-Zauberstab herum. Für mich bedeutet beides Herzensengagement.
Für mich war es wichtig, zu erkennen, dass es keine Balance gibt. Wenn meine Tochter krank ist, muss ich meinen Alltag komplett umkrempeln. Am Anfang hat mich das oft gestresst – ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber das kann man lernen. Wichtig ist auch, dass ich mir regelmäßig Zeit für mich selbst nehme: Nur wenn meine Batterien voll geladen sind, kann ich für meine Familie da sein. Was meine persönliche Energie zündet, ist mein Hobby, das Surfen. Ich gehe regelmäßig wellenreiten – und komme entspannt und mit neuer Kraft zurück zu meinen Kunden und meiner Familie.
KI verändert viele Branchen grundlegend – auch die Recruiting-Branche?
KI spielt bereits jetzt eine wichtige Rolle, aber diese Rolle wird noch viel größer werden. In einigen Jahren wird KI Lebensläufe von Bewerbern automatisch aussortieren; zum Teil passiert das jetzt schon. KI wird auch während Vorstellungsgesprächen zum Einsatz kommen. Für Bewerber heißt das, dass sie in Zukunft zum Beispiel noch mehr darauf achten müssen, erstklassige Bewerbungsunterlagen zu haben – und dass sie in ihren Lebensläufen bestimmte Keywords verwenden müssen, um nicht automatisch aussortiert zu werden.
Dieser Trend bedeutet auch, dass die emotionale Intelligenz von Bewerbern wichtiger wird. Die emotionale Intelligenz ist die Superkraft der heutigen Zeit und ich achte sehr auf sie: Ist jemand neugierig? Sind sie sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst? Solche inneren Qualitäten kann eine KI schwer messen. Es liegt deshalb an den Recruitern, ein Auge und ein Ohr für die emotionale Intelligenz von Bewerbern zu entwickeln – und das geht meiner Meinung nach nur, wenn man bei der Arbeit auch Freude hat und Sinnhaftigkeit im Spiel ist. Menschlichkeit ist ein Wert, den wir bewusst achten und unbedingt hochhalten müssen.
Magdalena Miedl wurde in Bayern geboren, wuchs in Regensburg und später in Zürich auf. Sie arbeitete acht Jahre lang bei verschiedenen Personalberatungen, bevor sie sich 2020 selbstständig machte und Talent Sourcing gründete. Miedl besuchte die EHL Swiss School of Tourism & Hospitality und absolvierte 2012 ein Bachelorstudium in International Hospitality Management an der Queen Margaret University in Edinburgh, UK.
Fotos: Emmy Zimmermann