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Auf einer Argentinien-Reise sind wir der argentinischen Produktion von Soja, Rindfleisch und Wein auf die Spur gegangen.
„Abflug Buenos Aires, 20:55“ zeigt das Schild am Flughafen. Endlich, es kann losgehen. Brille zurechtrücken, zurücklehnen, iPhone zücken. Bereits morgen, Samstag, findet das erste Interview statt – auf der Puente de la Mujer („Frauenbrücke“) am Rio de la Plata. Vor mir liegen drei Wochen voller Interviews, Menschen und kultureller Eindrücke im „Land der Gauchos“. Doch das Allerwichtigste: Vor mir liegt auch ein Kennenlernen unserer Kollegen von Forbes Argentina. Es soll dies die erste von zahlreichen Kollaborationen zwischen den Redaktionen im weltweit 40 Lizenzen umfassenden Forbes-Netzwerk sein. Diese Kooperation, diesen Austausch, von dem nicht nur wir, sondern auch Sie, liebe Leser, profitieren werden, wollten wir sichtbar machen. Und zwar in Form von klassischen Forbes-Geschichten: über die argentinische Wirtschaft, die Kultur und den Lebensstil.
Doch nicht nur wir waren begeistert, diese Kollaboration zu starten. Auch Forbes-Argentina-Redakteurin Delfina Krüsemann war von Anfang an dabei. Da wurden E-Mails und Whatsapp-Nachrichten weit nach Feierabend verschickt. Es gab eine ellenlange Liste an potenziellen Interviewpartnern sowie Hunderte Überlegungen, welche Storys auch für unsere Leser Sinn ergeben. Chefredakteurin Virginia Porcella hat gar einen eigenen Gastkommentar beigesteuert.
Doch gehen wir einen Schritt zurück, denn viele fragten uns ursprünglich: Warum Argentinien? Dafür gab es gute Gründe. Nicht nur, dass das Land mit 40 Millionen Einwohnern durch seinen traditionell starken Agrarsektor das Zehnfache an Menschen ernähren kann, die Branche ist überdies seit einigen Jahren im Wandel: Die kürzlich noch boomende Sojaproduktion ist laut Medienberichten am Schrumpfen, die historische und stolze Rinderzucht seit 20 Jahren in der Krise, der Weinanbau hingegen offensichtlich gerade am Durchstarten. Mit all diesen Dingen hat laut den Medien auch die protektionistische Politik der Kirchner-Regierungen zu tun, die den Unternehmern und Wirtschaftstreibenden – gelinde gesagt – das Leben schwer machten. Politik und Wirtschaft lassen sich selten ganz sauber trennen – in Argentinien schien das besonders stark der Fall zu sein. Doch stimmt all das wirklich? Und wie produzieren kleinere argentinische Bauern heutzutage ihre Güter und bewirtschaften ihr Land? Wo landen die Produkte am Weltmarkt? Wie sieht das Verhältnis zu großen Agrarunternehmen aus, was hat die Zukunft zu bieten? All das galt es, selbst zu erforschen.
Der Zeitpunkt hätte übrigens nicht besser sein können. Denn das Magazin, das Sie in Händen halten, hat für diese Reise den idealen Themenschwerpunkt: „Food“. Also ab ins Flugzeug, das zehn Stunden später am Flughafen Buenos Aires-Ezeiza landet. Frisch angekommen, ist sogleich spürbar, dass etwas Neues in der Luft liegt. Das liegt nicht nur am herzlichen Empfang der argentinischen Kollegen, die ihr Magazin in einem Coworking-Space von Wework produzieren. (Das Cover der Februar-Ausgabe ziert übrigens Donald Trump – wir haben den guten Mann im November auf unser Deckblatt gesetzt). Auch die Umstellung auf die trocken-heiße Luft, der hektische Verkehr und die charmante Architektur von Buenos Aires sind nicht das Neue. Nein, vielmehr ist es eine Energie, die in der Luft liegt – die Wirtschaft Argentiniens erlebt einen Aufschwung. Die Wirtschaftsdaten sprechen dafür, besonders jene im Agrarsektor, und im Gespräch mit den Interviewpartnern ist das Thema stets präsent. Und man merkt den Menschen ebenfalls an, dass sie hungrig sind. Gleichzeitig schwingt aber noch ein Hauch von Verunsicherung mit, das Land muss sich nach Krisenjahren erst einmal stabilisieren.
An einem Mittwoch spricht der „Sojakönig“ Gustavo Grobocopatel in einem kleinen Café im Osten von Buenos Aires bedächtig über sein Geschäft: „Alle multinationalen Unternehmen stammen aus Europa oder den USA. Wir haben in der Mercosur-Region kein einziges. Dabei ist das hier der beste Ort auf der Welt, um etwa Getreide zu produzieren.“
850 Kilometer enfernt, in der Ortschaft Freyre in der Region Córdoba, bäckt Martín Roggero kleinere Brötchen als Grobocopatel. Er ist ein Newcomer in der Sojabranche, zuvor produzierte er mit seiner Familie jahrelang Milch. Die Margen und die Klimabedingungen machen Roggero zwar einen Strich durch die Rechnung, doch er gibt sich kämpferisch: „Argentinische Bauern werden immer überleben, egal ob das Wetter nun gut ist oder die Regierung Exportsteuern erhebt. Das ist das Spezielle an Argentiniern.“ Nur einen Steinwurf entfernt ist sein Cousin Leandro Roggero in der Rinderzucht tätig. Monatlich schickt er einen Lastwagen voll Vieh in ein Schlachthaus. Sein Betrieb befindet sich ebenfalls im Wandel: „Die Öffnung des chinesischen Marktes war eine Art Trendumkehr. Plötzlich will jeder Kühe nach China verkaufen.“ Eines der größten lateinamerikanischen Unternehmen für veterinärmedizinische Produkte, Biogénesis Bagó, ist in Asien bereits vertreten. Vom Werk in Shanghai erwartet sich CEO Guillermo Mattioli satte Zuwächse: „Viele europäische und argentinische Unternehmen wollten in China Impfstoffe gegen Maul- und Klauenseuche produzieren – wir wurden genommen.“ Ein Interview findet sogar auf Deutsch statt: Michael Halstrick, Stiefsohn von Gernot Langes-Swarovski, baut seit fast 30 Jahren Wein in Mendoza an. Seine Ziele mit Bodega Norton sind auf den Weltmarkt gerichtet: „Der Rotwein Malbec ist Teil der argentinischen Identität.“
All diese Porträts lesen Sie auf den folgenden Seiten. Andere folgen im Lauf dieses Jahres; darunter sind etwa der Präsident eines der größten Fußballklubs der Welt oder die Vorsitzende der „Women20“, einer Sparte des G20-Gipfels. Das Fazit? Machen Sie sich selbst ein Bild. Zu guter Letzt noch ein „¡Muchas gracias!“ an das ganze Team von Forbes Argentina: Delfina, Virginia, Luciano, Samanta, Francisco, Natacha, Rosana und Alex. Es war erst der Anfang!
Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2018 „Food“ erschienen.