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Gil Glaze begann seine Karriere als Teenager in Zürcher Nachtclubs, heute spielt er in den angesagtesten Locations und auf Festivals weltweit. Als DJ, Produzent und Unternehmer hat er so ziemlich alles gelernt, was die Musikbranche mit sich bringt, und arbeitet mit Stars wie Afrojack und den Chainsmokers. Doch Künstler allein wollte Glaze nie sein – und so zeigt sich sein unternehmerischer Drang an den unterschiedlichsten Stellen seines Schaffens.
Es ist ein später Vormittag im Plaza Klub in Zürich. Alles ist hell beleuchtet, was dem Club, der normalerweise von flackernden Stroboskopen und tiefen Bässen dominiert wird, eine ungewohnte Atmosphäre gibt. In einigen Stunden wird der Club bis in die letzte Ecke voll sein, wenn tanz- und feierfreudige Zürcher ihren Feierabend genießen. Genau hier, zwischen Bar und DJ-Pult, machte Gil Glaze seine ersten Schritte als DJ – und kehrt bis heute immer wieder zurück. „Plaza ist für mich wie ein musikalisches Zuhause. Es ist der Ort, an dem ich gelernt habe, eine Crowd zu lesen“, sagt er und lehnt sich entspannt zurück. „Hier kann ich ausprobieren, mich entwickeln – ganz ohne Druck.“
Wenn Glaze im Plaza spielt, ist er aber nicht zum Feiern hier. Er kommt, steckt sein Equipment an, spielt sein Set und geht wieder. Für ihn sind solche Auftritte das, was andere als Bürotage bezeichnen – und die Zürcher Institution ist bei Weitem nicht die einzige Location, in der Glaze seine Kunst zum Besten gibt. Vielmehr „bespielt“ er weltweit Clubs, etwa in New York, Las Vegas, Miami, Singapur oder Indien. Dabei sieht er einen großen Unterschied: Während das Nachtleben und insbesondere die Clubszene in Europa vor großen Herausforderungen stehen, wachsen die Clubs in den USA gefühlt immer weiter.
„Jugendliche trinken weniger Alkohol, und durch Tinder hat auch die Relevanz von Clubs in Sachen Dating abgenommen. In den USA sind Clubbesuche hingegen ein absolutes Spektakel“, sagt Glaze. Das wirkt sich natürlich auf die Preisstruktur aus. „In den USA kannst du als DJ deutlich mehr verlangen als in Europa. Dort sind die Eintrittspreise höher, VIP-Tische kosten ein Vermögen.“ Glaze verdient pro Auftritt eine Gage im mittleren vierstelligen Bereich – an einem guten Wochenende liegen seine Einnahmen im niedrigen fünfstelligen Bereich.
Gigs sind jedoch nicht seine einzige Einkommensquelle – rund 70 % seiner Einnahmen erwirtschaftet er durch Bookings. Ansonsten tragen Streaming, Publishingrechte, Merchandise sowie sein Label Breeze Records dazu bei, den Kuchen für Glaze zu vergrößern. 2024 verdiente er laut eigenen Angaben ein Einkommen, dass auf dem Niveau einer „erfahrenen Führungskraft in der Schweiz“ liege.

Ich habe gerade erst angefangen, es wirklich zu genießen
Gil Glaze
DJs müssen sich heute also etwas einfallen lassen. Die Clubszene hat sich verändert – während DJs früher nur zum Auflegen da waren, müssen sie heute als Entertainer funktionieren. Glaze: „Das klassische DJ-Set stirbt aus. Die Leute wollen mehr sehen als nur einen Typen hinter einem Pult.“ Die Show wird immer wichtiger: „Kygo bringt ein Klavier mit auf die Bühne, die Chainsmokers haben ein ganzes Synthesizer-Set-up. Ich finde das spannend – es hebt uns DJs auf ein neues Level.“ Auch Social Media spielen eine große Rolle; Instagram und insbesondere Tiktok seien für Musiker enorm wichtig, sagt Glaze.
Doch auch abseits der Musik hat er einiges an Aktivitäten: Während der Covid-Pandemie startete er eine nachhaltige Wassermarke, die in Kartons verkauft wird. Das Projekt entstand als Hobby, doch Glaze will in Zukunft stärker daran arbeiten, denn der Trend zu „boxed water“ sei überall sichtbar – nur in Zürich nicht. Auch sein Label soll ausgebaut werden und junge Künstler unterstützen.
Vor allem will Glaze aber seine Karriere weiterentwickeln: Durch glückliche Zufälle und gute Kontakte lernte er die Chainsmokers kennen, die 2019 mit einem Jahreseinkommen von 46 Mio. US-$ von Forbes zu den bestbezahlten DJs weltweit gekürt wurden. Er ging mit ihnen auf Australien- und Europa-Tour; heute arbeitet er zudem eng mit Afrojack zusammen, für den er ebenfalls regelmäßig als Opener auftritt. Die Zusammenarbeit geht aber über künstlerische Aspekte hinaus. Glaze: „Afrojack hat mir gezeigt, wie das Business wirklich funktioniert. Ich habe viel von ihm gelernt – nicht nur musikalisch, sondern auch, wie man eine Karriere strategisch aufbaut.“

Glaze verstand früh, dass er in dieser Branche sein eigenes Glück schmieden muss. Als er anfing, als DJ zu arbeiten, war er erst 16 Jahre alt. Clubs wollten ihn aber nicht engagieren, da niemand ihn kannte. Also fing er an, eigene Events zu veranstalten, wo er gleichzeitig auch als DJ auftrat. So schaffte er es schrittweise, seinen Namen zu etablieren.
Auch in Sachen Vertrieb musste Glaze sich selbst helfen. 2011 gründete er Breeze Records – erneut aus einer Not: „Ich habe mein eigenes Label gegründet, um mich unabhängig zu machen. Ich hatte so viele Songs produziert, aber Labels haben sie einfach abgelehnt. Also dachte ich mir: Wieso warten? Ich veröffentliche sie selbst!“
Seit fünf Jahren ist Glaze bei Sony unter Vertrag, sein Label führt er aber weiter – um junge Künstler zu unterstützen, die ebenfalls am Anfang stehen, aber Potenzial mitbringen. Dass er mittlerweile wieder externe Unterstützung hat – seit Anfang 2025 vertritt das Management von Afrojack seine Interessen –, ist für ihn ungewöhnlich: Er hatte zwar immer wieder Manager, fühlte sich aber die längste Zeit am wohlsten, wenn er die Zügel selbst in der Hand hält. „Ich bin sehr hands-on. Ich habe lange alles selbst gemacht – vom Booking bis zur Organisation meiner Touren.“

Auch wenn ein neues Management am Start ist, will Glaze sich eine gewisse Unabhängigkeit beibehalten: „Ich liebe es, mein eigenes Ding zu machen. Ich will nicht nur Musik spielen, sondern auch gestalten. Musik ist Business, und wer das nicht versteht, hat es schwer in dieser Branche.“
Trotz seines internationalen Erfolgs bleibt Zürich sein Heimathafen: „Ich bin hier aufgewachsen, hier hat alles angefangen.“ Seine Wurzeln sind ihm wichtig, und deshalb investiert er zunehmend in lokale Projekte: „Ich spiele immer noch gerne im Plaza oder bei Events in der Schweiz. Und ich habe Pläne für ein eigenes Gastronomieprojekt in Zürich. Ich habe das Nachtleben in den USA kennengelernt und glaube, dass wir hier noch einiges verbessern können.“
Zu Beginn verfolgte Glaze mit eiserner Disziplin seine Wunschliste. Darauf fanden sich eine Residency in Vegas, ein Deal mit einem Majorlabel und Auftritte bei großen Festivals. All das hat Glaze bereits hinter sich – nur um zu realisieren, dass er einen wichtigen Teil vergessen hatte: „Ich habe gemerkt, dass es nicht nur um das Erreichen von Zielen geht, sondern vor allem auch darum, den Moment zu genießen“, sagt der DJ.
Genau das hat sich Glaze für die Zukunft fest vorgenommen – denn seine Karriere als DJ hätte er eigentlich schon beenden wollen: Sein Cutoff-Point war ursprünglich 30 Jahre. Danach wollte er aufhören. Doch auch dieser Standpunkt hat sich verändert: „Früher dachte ich, mit 30 höre ich auf. Jetzt denke ich: Warum sollte ich? Ich habe gerade erst angefangen, es wirklich zu genießen!“
Gil Glaze wurde in Zürich geboren und fing bereits in seiner Schulzeit an, als DJ zu arbeiten. 2011 gründete er sein eigenes Label Breeze Records, 2021 startete er die nachhaltige Wassermarke Glaze Water.
Text: Klaus Fiala
Fotos: Sören Funk