GRÜN FÖRDERN

Jährlich werden in Deutschland mehrere Milliarden € an Fördermitteln für klimaschonende Bau- und Sanierungsprojekte ausgeschrieben. Um an das Geld zu kommen, braucht es aber Expertise. Mit ihrem Jung­unternehmen Deepgreen Funding wollen die Gründer Leopold Anklam, Ben Barenhoff und Johannes Thalhammer klimaschonendes Bauen leistbarer machen.

Der Bahnhof Zehlendorf im ­Südwesten von Berlin ist Sinnbild für die Architektur der deutschen Hauptstadt: grauer Backstein, ­Graffiti an den Wänden – so kennt man Berlin. Doch bald soll in ­unmittelbarer Nähe des Bahnhofs eine grüne Oase entstehen: der Greenovation Campus, ein Niedrig­energiekomplex mit Büros, Werkstätten, Wohnungen und Fitnessräumen. Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr, das Heizen und Kühlen der ­Räumlichkeiten – all das soll miteinander verknüpft werden, um den CO2-Fußabdruck des Komplexes zu senken. „Der Schlüssel einer Smart City ist genau diese Vernetzung verschie­dener Komponenten: dezentrale Energieerzeugung, die mit Mobi­litätslösungen verknüpft wird, verschiedene Quartiere, die Energie­ströme untereinander austauschen können, und soziale Angebote, die sich gegenseitig ergänzen“, sagt Ben Barenhoff, Mitgründer und CTO des Jungunternehmens ­Deepgreen ­Funding, das als Partner den Green­ovation Campus unterstützt. Das Start-up spezialisiert sich auf das Beschaffen von Fördermitteln mit dem Fokus auf klimaneutrales Bauen und begleitet seine Partnerprojekte durch alle Stadien. „Der Wille, umweltbewusst zu bauen, ist da, die Fördermittel gibt es; man muss nur wissen, wie man sie bekommt“, sagt Co-Founder und CEO Leopold Anklam.

Dritter Mitgründer ist ­Johannes Thalhammer, der als CFO des Start-ups agiert. 25,1 % des erst 2021 gegründeten Jungunternehmens wurden im Juli vom deutschen ­Infrastrukturdienstleister IGP ­Advantag AG erworben.

Die Fördermittel sind tatsächlich da. Laut dem letzten ­Monitoringbericht des deutschen Umweltbundesamtes zur Klima­entwicklung wurden zwischen 2006 und 2017 von der deutschen Bundesregierung insgesamt rund 300 Milliarden € für das klima­wandelangepasste Bauen und Sanieren in Deutschland zur Verfügung gestellt. Was heißt aber klimawandelangepasstes ­Bauen? Dazu zählen etwa der Schutz vor Überwärmung – diesen kann man mittels durchdachter Platzierung von Glasflächen sowie Benutzung bestimmter Baumaterialien erzielen –, Resistenz gegen Extrem­wetterereignisse wie starken Hagel, Überflutungen oder Tornados sowie besseres Abdichten, um den Energiebedarf fürs Heizen im Winter zu reduzieren. Die schon erwähnten 300 Milliarden ­beziehen sich nur auf die Bundesebene. Dazu kommen laut den Gründern noch Fördermittel, die von der EU, von Bundesländern sowie Städten ausgeschrieben ­werden. „Die Bau­herren haben normaler­weise alle Hände voll zu tun, wodurch sie keine Zeit haben, sich gründlich mit der Förderlandschaft auseinanderzusetzen“, so ­Thalhammer. Oft werde laut dem Mitgründer eingespart, was den ökologischen Faktor anbelangt – an dieser Stelle steigt Deepgreen Funding ein. ­Sobald Fördermittel im Spiel sind, kann der Bauherr neue Ideen bezüglich erneuerbarer Energie, Elektro­mobilität und vieles mehr an­denken.

Leopold Anklam (links), Ben Barenhoff (Mitte) und Johannes Thalhammer gründeten 2021 das Jungunternehmen Deepgreen Funding.

Die Dienstleistungen des Jungunternehmens beschränken sich aber nicht auf die Förderungsbürokratie: „Wir begleiten die Projekte vom Anfangs- bis zum End­stadium, also von der Konzeptfindung und Identifizierung potenzieller Fördermittel über die Einreichung und das Management der Förderungen bis hin zur klima­effizienten Bauplanung und zur Zertifizierung, etwa von der Deutschen Gesellschaft für Nach­haltiges Bauen (DGNB, Anm.)“, erklärt ­Barenhoff.

Die Konzepte von ­Deepgreen Funding sind aber ­weiter ­gedacht als bis zur reinen An­passung an neue Klimarealitäten: „Wir wollen State-of-the-Art-Projekte begleiten, die Vorreiter in Sachen Klima­neutralität, aber auch bei sozialer Nachhaltigkeit sind“, so Thal­ham­mer. Damit ist ein weiteres ­Projekt von Deepgreen Funding gemeint: der 120 Millionen € schwere Mauritius Health & Care Campus in Steinfurt. Ein Quartier, das jahrzehntelang brachlag, soll künftig zu einem 25.000 m2 großen grünen und lebhaften Gesundheitscampus werden. Durch die effiziente Platzierung von Pflegeanstalten, Rehastation und Pflege­schule nebeneinander können Zeit und Transportkosten gespart werden. Bei solchen Projekten geht es laut Barenhoff um viel mehr als ein Haus oder ein Quartier: „Beim Mauritius Campus sind wir mit der Stadt ständig in Kontakt, da ­Themen wie erneuerbare Energie nur Hand in Hand mit der lokalen Regierung umgesetzt werden können.“ Da kann Deepgreen Funding gleich ansprechen, welche Bestandsgebäude noch mit neuen Energiequellen verknüpft werden könnten. Somit kommt laut ­Baren­hoff am Ende oft ein größerer Impact heraus, der sich nicht nur auf ein Quartier oder Gebäude bezieht.

Ben Barenhoff (25)
...studiert derzeit im Master Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Berlin

Johannes Thal­hammer (23)
...studiert im Bachelor International Management an der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft.

Leopold Anklam (22)
...ist seit seinem Abitur in der Start-up-Szene aktiv.

Denn Deepgreen Funding ist über den Umfang der ­Projekte zum Spezialisten im Bereich klima­schonendes Bauen geworden. Die Gründer sehen einige Herausforderungen für deutsche ­Bauherren. Als größte Hürde für die Umsetzung vernetzter und klimaschonender Bauprojekte nennt Anklam vor allem die erhöhten Kosten, die mit dem Anspruch der Klimaneutralität einhergehen: Andere Länder ­seien da laut Thalhammer besser aufgestellt als Deutschland. Wenn es um innovative urbane Lösungen geht, seien etwa die Niederlande mit Städten wie Rotterdam weit vorne. Indem Deepgreen Funding es für Bauunternehmen leichter macht, an Fördergelder zu kommen, versucht das Jungunternehmen, die erhöhten Kosten, die mit klimaschonendem Bauen einhergehen, als negativen Faktor zu eliminieren. „Denn wir wollen nicht, dass diese Gelder ungenutzt bleiben“, sagt ­Anklam. Das sei eine Art Mission des Unternehmens.

Deepgreen Funding zu gründen war eine schnelle Entscheidung. Aus ihren Festanstellungen heraus entstand die Idee, sechs Monate später gründeten sie das Start-up. „Wir hatten vom ersten Tag an schon Kunden“, sagt ­Thalhammer; so groß sei die Nachfrage nach ­solchen Leistungen gewesen. Derzeit beschäftigt das Unternehmen zwölf Mitarbeiter mit Sitz in Berlin und München und betreut ­Projekte mit rund 53.000 m2 an Nutz- und Wohnfläche. Auch wenn Deepgreen Funding erst 2021 ­gegründet wurde, hat das Start-up schon Anfragen aus benachbarten ­Ländern bekommen. Derzeit fokussiert sich das Unternehmen noch auf Deutschland, schließt aber eine Expansion in andere Länder nicht aus: „Unser Ziel als Firma ist es, das ­Bauwesen zu ‚vergrünen‘ sowie ­nachhaltiger zu gestalten – und das über die Grenzen Deutschlands hinaus“, sagt Anklam.

Text: Sophie Spiegelberger
Fotos: Deepgreen Funding

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 7–21 zum Thema „Smart Cities“.

Sophie Spiegelberger,
Redakteurin & Head of Digital

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