Goldgräberstimmung

Florian Siegfried hat es mit seinem Fonds Precious Capital Global Mining & Metals auf den ersten Platz im Forbes-Ranking der besten Fondsmanager im DACH-Raum geschafft. Was ist sein Erfolgsgeheimnis?

Von der Pleite von General Motors (GM) – dem damals weltgrößten ­Autohersteller, einer Institution des amerikanischen Kapitalismus – hörte Florian Siegfried das erste Mal im Jahr 2004. Was erstaunlich ist, denn in die Krise trudelte das Unternehmen hinter den Marken Chevrolet und Cadillac erst 2008. Die Zahlungsunfähigkeit meldete es schließlich 2009 an. Doch schon Jahre zuvor bekam Siegfried einen Anruf eines Studienkollegen, den er zunächst nicht ganz ernst nahm: „Er hat mir gesagt, ein Kanadier sei in Zürich gewesen, der einen Bankrott von GM vorhergesagt habe. Ich habe geantwortet, das sei dummes Zeug, GM gehe niemals bankrott“, erzählt Siegfried. Doch der Studienkollege ließ sich nicht beirren: In absehbarer Zeit werde eine globale Finanzkrise über die Welt hereinbrechen, prophezeite er, als Absicherung solle man sich Gold zulegen. Trotz seiner anfänglichen Skepsis begann Siegfried, sich mit den Themen Verschuldung und Edelmetalle auseinanderzusetzen – und war zunehmend fasziniert davon.

2008, die globale Finanzkrise begann sich gerade abzuzeichnen, geriet GM plötzlich tatsächlich ins Straucheln. Siegfried war längst tief in die Materie eingetaucht – und trat im November, zwei Monate nach der Pleite von Lehman Brothers, einen Job als Manager eines Fonds an, der in Goldaktien investiert. Es war der richtige Zeitpunkt: Das Wirtschaftssystem schien am Abgrund zu stehen, Banken wurden verstaatlicht oder mit Milliardenbeträgen gerettet und die Aktienmärkte rasselten in den Keller. Das Vertrauen in das Finanzsystem war weg – davon profitierte ein Asset, das als „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten gilt: Gold. Der Preis des Edelmetalls schoss durch die Decke. Wenig später geriet Griechenland ins Straucheln, in den Folgejahren kam es zur Eurokrise. Gold blieb stark nachgefragt.

Erst 2014 drehte der Markt. Die Anleger wurden wieder zunehmend risikofreudiger, das Edelmetall kam aus der Mode. „Die Erholungen geschahen auf der Basis, dass die Zinsen immer tiefer sanken und der Ölpreis niedrig war“, sagt Siegfried. „Doch man muss sich vor Augen halten, dass die globale Verschuldung mit 230 Billionen US-$ so hoch ist wie noch nie zuvor.“ Würden nun die Zinsen steigen, sei das Gift dafür. Und genau das zeichnet sich seit Monaten ab: Für zehn Jahre laufende US-Staatsanleihen bekommen Investoren mittlerweile wieder Zinsen von deutlich über drei Prozent – so viel wie zuletzt im Jahr 2011. Als die Aktienmärkte Mitte Oktober abstürzten, zog der Goldpreis plötzlich wieder an; Siegfrieds Edelmetallfonds profitierte. Der Schweizer investiert dabei nicht direkt in das Edelmetall, sondern in Aktien von Unternehmen, die Gold abbauen. Sein Fokus liegt aber nicht auf den großen Namen – er ist auf kleinere und mittelgroße Gesellschaften spezialisiert. Und sein Konzept geht auf: Im Forbes-Ranking der besten Fondsmanager Deutschlands, Österreichs und der Schweiz landete Siegfried mit seinem Fonds Precious Capital Global Mining & Metals auf dem ersten Platz. In den fünf Jahren zwischen Ende September 2013 und Ende September 2018 erzielte er eine jährliche Rendite von 14,8 Prozent und erreichte damit eine Outperformance gegenüber seinem Sektor von 16,8 Prozentpunkten.

Doch was ist sein Erfolgsgeheimnis? Und wie konnte er sich in dem schwierigen Markt der vergangenen Jahre behaupten? „Ein Konzept, das viele Goldinvestoren haben und das eben nicht funktioniert in einem schwachen Markt, ist, dass man Gold­aktien als Hebel auf den Goldpreis kauft“, sagt Siegfried. Diese Strategie funktioniere, solange der Goldpreis steigt. „Das Einfachste ist, in einen positiven Markt investiert zu sein.“ Doch wenn die Stimmung dreht, sieht es anders aus: „Wenn man auf Titel setzt, die von der Bilanz und Kosten­struktur zweifelhaft sind, verlieren die auch sehr schnell an Wert.“

Florian Siegfried
studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich. Nach zwei Jahren als CEO der Private-Equity-Gesellschaft Shape Capital wechselte er 2008 in den Edelmetallbereich und übernahm bei der Investmentfirma Precious Capital den Precious Capital Global Mining & Metals Fund. 2014 wechselte er mit dem Fonds unter das Dach des Vermögensverwalters Aganola, bevor er 2017 erneut übersiedelte und nun für SSI Asset Management in Liechtenstein investiert.

Siegfried hat klare Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit er in ein Unternehmen investiert. Am wichtigsten ist ihm etwa das Management: „Ein gutes Management bringt viel mehr zustande als ein schlechtes oder ein mittelmäßiges. Ein gutes Management kann auch eine Mine betreiben, die von der Qualität her nicht zu den Top Ten gehört“. Es habe einerseits ein besseres technisches Verständnis – aber auch die nötige Reputation, um sich selbst in einem schwierigen Marktumfeld Kapital beschaffen zu können. Nummer zwei ist die Qualität der Goldvorkommen. „Ganz wichtig sind heutzutage die einzelnen Länder, in denen man tätig ist“, führt Siegfried aus. Derzeit fließe viel Kapital in „sichere Länder“. Das seien vor allem Kanada, Australien, Neuseeland und teilweise auch west­afrikanische Staaten. Dort müsse man als Geldgeber aktiv sein. „Es hat keinen Sinn – auch wenn es noch so billig ist –, in Venezuela investiert zu sein, wenn es keine Aussicht gibt, eine Genehmigung zu bekommen oder sein Geschäft weiter betreiben zu können.“ Siegfried reist häufig direkt zu den jeweiligen Goldminen, um sich vor Ort ein Bild zu machen.

Zu seinem Geschäft gehört aber auch eine gewisse Geduld. Sein Portfolio schichtet der Fondsmanager eher selten um. In manchen Titeln bleibt er drei, vier Jahre oder noch länger investiert. „Man muss sich vor Augen halten, dass Goldmining eine langfristige Angelegenheit ist“. Bis ein Minenprojekt tatsächlich produziert, können zehn bis 15 Jahre vergehen. „Man kauft eine Gesellschaft, die heute Cash verbrennt und investiert. Bis man eine angemessene Marktkapitalisierung erreicht, kann es drei Jahre dauern“, erklärt Siegfried. Das Risiko in der Branche sei zudem enorm hoch: Lediglich eines von zehn Minenprojekten würde sowohl den Zeitplan als auch das Budget einhalten.

Um die guten Projekte heraus­zufiltern, braucht es eine gründliche Analyse: Wer ist das Management, wie finanziert sich das Projekt, welche Kosten hat es, wo ist die Mine? Gerade bei kleinen und mittleren Gesellschaften müssen diese Fragen genau geklärt werden, sonst sei das Risiko zu groß, sagt Siegfried. „Man hat vielleicht fünf Kriterien und vier sind erfüllt, aber das fünfte kann der Killer sein für das Projekt – etwa, wenn man keine Lizenz bekommt.“ Ein Kleinanleger, der Siegfrieds Strategie kopieren will, muss also bereit sein, neben Geld auch viel Zeit zu investieren.

Für den Goldmarkt als Ganzes ist Siegfried nach einigen schwierigen Jahren wieder zuversichtlich: „Kurzfristig hängt immer viel vom Dollar und den Zinsen ab, aber langfristig wird es positiv verlaufen, weil die Bewertungen mittlerweile einen Punkt erreicht haben, an dem der Markt in der Vergangenheit immer gedreht hat.“ Auch wegen zunehmender Unsicherheit – sowohl geopolitisch als auch bei den Anleihen – könnten dem Goldpreis nun einige gute Jahre bevorstehen, glaubt der Fondsmanager. Positiv wertet er auch die Restrukturierung der Goldminen-Gesellschaften: „Anders als in der Gesamtwirtschaft ist die Verschuldung in diesem Sektor stark gesunken und die Unternehmen stehen viel solider da als noch vor fünf Jahren.“ Vielleicht kommt also in den nächsten Jahren doch wieder ein kleiner Hauch von Goldgräberstimmung auf.

Dieser Artikel ist in unserer Oktober-Ausgabe 2018 „Handel“ erschienen.

Dominik Meisinger

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