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Neuburger ist Fleischliebhabern ein Begriff: Das gleichnamige Familienunternehmen agiert seit über 100 Jahren als Fleischproduzent. Seit Kurzem stellen die Geschäftsführer Hermann Neuburger und Thomas Neuburger mit „Hermann“ jedoch auch fleischlose Alternativen her. Doch damit nicht genug: Vater und Sohn stehen erst am Beginn der Vision, ihre gesamten Tätigkeiten klimapositiv und kreislaufoptimiert auszurichten – für eine lebenswerte Zukunft.
Hermann Neuburger hat die Geschicke seines Familienunternehmens nicht zum ersten Mal einem grundlegenden Wandel unterzogen: Ehemals als Metzgerei bekannt, transformierte er die Marke Neuburger 1986 zu einem Fleischhersteller im großen Stil – und das mit Erfolg. Das Leberkäseprodukt Neuburger gibt es mittlerweile in allen führenden Lebensmittelgeschäften in Österreich – von Billa über Interspar bis hin zu Merkur – sowie in etwa 7.000 Filialen in Deutschland zu kaufen. Wurden anfangs noch 15.000 Kilogramm pro Jahr produziert, stellt das Unternehmen mit seinen über 60 Mitarbeitern heutzutage dieselbe Menge in etwa einem Tag her.
Es ist ein Erfolg, der Neuburger wirtschaftlich gesehen zwar in die Taschen spielen mag, ihn jedoch gesamtgesellschaftlich kritisch stimmt: „1970 aß man zwei- bis dreimal die Woche Fleisch. Heute ist das ganz anders. Die Landwirtschaft wurde industrialisiert, wir Menschen essen sehr viel Fleisch – von den verantwortungslosen Haltungsbedingungen vieler Betriebe einmal abgesehen.“ Und es stimmt: Zwischen 1961 und 2011 stieg der Fleischkonsum allein in Deutschland von 64 Kilogramm pro Kopf auf 90 Kilogramm jährlich; weltweit waren es laut dem FAO Food Outlook 2019 der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen 338,9 Millionen Tonnen – ein Plus von 2,4 % gegenüber 2018.
Neuburger entschied sich daher, erneut einen Wandel anzustreben, und suchte nach Alternativen. Zusammen mit seinem Sohn Thomas etablierte er nach jahrelanger Forschung und mit einem europaweit patentrechtlich geschützten Verfahren 2016 die Marke Hermann mit den Produkten Schnitzel, Taler, Bratstreifen, Faschiertes, Rostbratwürstchen und Käsebratwurst aus Kräuterseitlingen (eine Pilzart) im Sortiment. Das Wachstum mit den fleischlosen Produkten betrug seither 100 % jährlich. „Ich setze meine ganze Kraft in dieses neue Projekt“, sagt Hermann Neuburger. Dennoch: Als obsolet ansehen wollen Vater und Sohn Neuburger den Fleischhersteller nicht: „Der Kunde wird immer hybrid bleiben – nur die Menge und Qualität des Fleischkonsums werden sich ändern“, so Thomas Neuburger. „Und auf zwei Füßen zu stehen ist besser als auf einem. Wo es genau hingeht, das zeigt uns der Markt.“
Bereits jetzt sind die Fleischalternativen flächendeckend in Supermärkten wie Billa, Merkur und Denn‘s in Österreich zu finden, in Deutschland und der Schweiz etwa im Bio-Lebensmittelmarkt Alnatura. Derzeit befinde man sich zudem in Gesprächen mit Edeka und Rewe für den süddeutschen Markt. Auch die Marktzahlen sprechen für sich: Laut der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Fleischatlas des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) betrug 2019 der Umsatz mit Fleischersatzprodukten in Deutschland 273 Millionen €; 2020 wurden im ersten Quartal bereits 20.000 Tonnen produziert, das sind um circa 40 % mehr als im gleichen Zeitraum 2019. Ein Bericht der indischen Marktforschungsplattform All The Research prognostiziert den weltweiten Marktwert für Fleisch auf Pflanzenbasis bis 2026 auf 19,9 Milliarden US-$.
Das Potenzial für Neuburgers neue Produkte, die über das eigens dafür gegründete Unternehmen Neuburger Fleischlos GmbH hergestellt und vertrieben werden, ist also groß. Doch ausruhen will man sich bei den Neuburgers nicht: „Das ist mir für die Zukunft noch nicht genug. Wir wollen klimapositiv werden“, so Thomas Neuburger. Und: „Recycling ist der zweite wichtige Punkt – da wollen wir die Kreislaufströme besser nutzen.“
Hermann Neuburger
... übernahm 1986 den Familienbetrieb seines Vaters und führte in der Folge eine Spezialisierung des Unternehmens zum Fleischhersteller Neuburger durch. Zusammen mit seinem Sohn Thomas Neuburger entwickelte er in jüngerer Vergangenheit fleischlose Produkte aus Kräuterseitlingen, die die beiden seit 2016 unter der Marke Hermann Fleischlos vertreiben.
Der Ursprung des Familienunternehmens liegt bereits über 100 Jahre zurück. Zuerst betätigten sich die Neuburgers mit einer Landwirtschaft in Ulrichsberg im Mühlviertel. 1919 gründete Hermann Neuburgers Großvater dann eine Fleischhauerei und ein Gasthaus. Dessen Sohn handelte schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg mit Vieh und absolvierte eine Wurster-Ausbildung an der für die damalige Zeit fortschrittlichen Fleischerfachschule in Augsburg, Deutschland. „Es war damals bemerkenswert, dass ein kleiner Metzger vom Lande sich das leistete“, so Hermann Neuburger. „Er kam voller Tatendrang zurück und hat dann Wurstwaren entwickelt, darunter den Neuburger.“ Die Produkte, vor allem der Neuburger, kamen in der Bevölkerung an – so gut, dass Landwirtschaft und Gasthaus aufgegeben wurden und man sich vollends auf die Fleischerei konzentrierte. Weitere Filialen in Aigen, Julbach und Klaffer folgten.
1986 übernahm Hermann Neuburger schließlich das Unternehmen. „Ich hatte Fleischer gelernt, war mir aber nicht sicher, ob ich den Betrieb übernehmen soll. Damals haben die ersten Supermärkte aufgemacht und Kaufleute begannen, Wurst zu verkaufen. Ich dachte, eine Metzgerei auf dem Lande hat keine gute Zukunft.“ Dennoch entschied er sich, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Denn ihm kam eine Idee: Er wollte aus dem beliebtesten Produkt, dem Neuburger, eine Marke schaffen. „Ich hatte zwar keine Ahnung, wie das geht, aber ich war davon überzeugt, dass das funktioniert.“ Also beendete er die Produktion der übrigen Wurstwaren und weitete die Neuburger-Produktion aus; 1995 war das Produkt schließlich in ganz Österreich erhältlich. Anschließend baute man ein neues Firmengebäude in Ulrichsberg. 2008 stieg man in den deutschen Markt ein – mittlerweile wird dort mehr als ein Drittel der Produktion vertrieben.
Dass Hermann Neuburger also ein Händchen für Marktentwicklungen besitzt und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit trifft, bewies er schon damals. Vor etwa zehn Jahren folgte dann die Idee zur neuen Produktlinie, den Fleischalternativen. Einmal mehr stieß Neuburger in unbekannte Gewässer vor und kam während seiner Recherchen zu dem Entschluss, dass er das Handwerk, aus alternativen Zutaten fleischähnliche Produkte herzustellen, in Europa nicht würde lernen können. Also flog er zusammen mit seinem Sohn nach Asien – Taiwan, China und Japan. In Taiwan untersuchte er die Herstellung von Seitan aus Weizeneiweiß. Weil ihn der Herstellungsprozess nicht zufriedenstellte, setzte er seine Reise in China fort; er besuchte dort Maschinenhersteller und Produzenten, war auf Märkten und in diversen vegetarischen Restaurants und Imbissen. „Wenn wir etwas gefunden hatten, das sich beim Essen fleischähnlich anfühlte, war das Produkt meistens aus Seitan“, so Hermann Neuburger. Eine weitere Reise nach Japan führte sie schließlich zu Meister Saito, der sie die traditionelle Herstellung von Seitan lehrte. Zurück in Österreich hatte man zwar kein fertiges Produkt, wohl aber drei Rohstoffgruppen, denen sich Thomas Neuburger mit einem zehnköpfigen Forschungsteam widmete: Seitan, Tofuhaut aus Sojamilch und Pilze. Fünf Jahre und 5.000 Versuche kostete es das Team, bis es ein Produkt nach seiner Vorstellung hergestellt hatte. „Allein drei Jahre haben wir uns mit der Konsistenz beschäftigt – denn beim Essen hat der Österreicher ganz klare Vorstellungen, was er erwartet, wenn er beispielsweise in eine Wurst oder in ein Schnitzel beißt“, so Thomas Neuburger. 2015 schloss man Seitan und Tofuhaut aus Sojamilch schließlich aus. „Beim Seitan war immer das Thema der Glutenunverträglichkeit, und Weizen hat einen eigenen Geschmack, der unseren Anforderungen nicht entsprochen hat. Bei Tofuhaut aus Sojamilch war es das Thema Wirtschaftlichkeit: Die Herstellung ist extrem zeitintensiv, das Produkt wäre nicht verkaufbar gewesen.“
Also entschied man sich für Pilze, kaufte diverse Sorten wie Champignons, Shiitake und Steinpilze. Einer überzeugte dann schließlich aufgrund seines festfasrigen Fleischs und des Umami-Geschmacks: der Kräuterseitling. „Für unser Ziel, die deutschsprachige Region zu versorgen, ist es wichtig, stets eine große Menge in sehr guter Qualität zur Verfügung zu haben“, so Thomas Neuburger. Das Problem: Im Bereich Pilzzucht spielt der Kräuterseitling eine zu geringe Rolle, um den Anforderungen der Neuburgers gerecht zu werden. Also entschied man, für die Herstellung eine eigene Pilzzucht aufzubauen. Dafür holte sich das Vater-Sohn-Gespann einen Experten, den Niederländer John de Gier, ins Boot.
Er lehrte sie ein Jahr lang das Handwerk, danach gingen Hermann und Thomas Neuburger eine Kooperation mit der Schweizer Pilzzucht Kernser Edelpilz GmbH rund um Sepp Häcki und seinem Sohn Patrick Häcki ein. „Ursprünglich kamen die beiden aus dem Schweinemastbereich und änderten vor 25 Jahren ihr Geschäftsmodell aufgrund einer Gesetzesänderung in der Schweiz. In der Pilzzucht ist nicht viel innoviert worden – Familie Häcki hat sie jedoch in den letzten Jahren technologisch zukunftsweisend entwickelt“, so Thomas Neuburger. Auf Basis der Schweizer Pilzzucht startete Neuburger Anfang dieses Jahres den eigenen Vollbetrieb. Konkret werden hierbei Holz, Getreidepellets und Wasser als Nährboden über 18 Stunden in einer Mischanlage gekocht und anschließend gekühlt, zusammen mit dem Pilzmycel in eine Art Beutel – Klimabeutel genannt – verpackt und dann vier Wochen lang in Regalen gelagert. Danach werden die Beutel geöffnet, die Pilze sprießen bei einer Raumtemperatur von 15 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 95 % innerhalb einer Woche bis zu sechs Zentimeter in die Höhe. Spätestens in der sechsten Woche sind sie erntereif und können zu den fleischlosen Produkten weiterverarbeitet werden. Für deren Herstellung benötigt das Unternehmen sonst nur noch Eier, Reis, Pflanzenöl, Salz und einige Gewürze.
Insgesamt werden bei der Herstellung der Hermann-Produkte pro Kilogramm 16 Liter Wasser verbraucht und ein Kilogramm CO2 produziert. Zum Vergleich: Bei einem Kilo Rindfleisch sind es 15.000 Liter beziehungsweise 13 Kilogramm CO2. Doch damit nicht genug: Seit 2019 ist die Neuburger Fleischlos GmbH ein klimaneutrales Unternehmen – jetzt soll es klimapositiv werden. „Wenn jemand eine Hermann-Packung kauft, soll damit das Klima besser werden. Dazu haben wir uns bereits einige Gedanken gemacht und wollen das in den nächsten Jahren noch intensivieren“, so Thomas Neuburger.
Zudem: „Wir nehmen das Restsubstrat von der Herstellung der Pilze und wollen daraus Produkte machen, etwa Bekleidung. Derzeit forschen wir gerade mit der Johannes Kepler Universität in Linz daran, dafür Citosan (Bestandteil des Substrats, Anm.) weiterzuverarbeiten. Das zweite Thema ist, dass wir ein energieneutrales Unternehmen werden und eine Biogasanlage am Standort realisieren wollen. Das alles fällt unter den Begriff ‚Hermann-Kreislauf‘.“ Sein Vater ist sich sicher: „Wir sind davon überzeugt, dass wir damit Antworten auf die wichtigen Fragen der Zukunft liefern können.“
Text: Andrea Gläsemann
Fotos: Neuburger Fleischlos GmbH
Dieses Advertorial erschien in unserer Februar-Ausgabe 2021 „Health & Wealth“.