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„Wir in Europa wollen ein Regelwerk, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Algorithmen dürfen keine Blackbox sein, und es muss klare Regeln geben für den Fall, dass etwas schiefgeht (...) Dazu gehört auch die Kontrolle über unsere persönlichen Daten, die wir heute viel zu selten haben.“
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen legte bei ihrer Rede zur Lage der Union 2020 den Finger in die Wunde. Für ein zukunftsfähiges digitales Europa brauchen wir beides: leistungsfähige künstliche Intelligenz und die Kontrolle über unsere persönlichen Daten. Dazu müssen wir aber mit zwei großen Mythen aus Politik und Wirtschaft aufräumen: „Wir müssen in Europa Abstriche beim Datenschutz machen, um technologisch wettbewerbsfähig zu sein“ und „Unternehmen müssen persönliche Daten sammeln, um ihren Service anzubieten“. Die Antwort auf beides lautet schlichtweg: Nein!
Datenschutz hat leider ein verstaubtes Image, und es hält sich hartnäckig der Glaube, dass er der Klotz am Bein ist, der uns vor bahnbrechenden technologischen Entwicklungen zurückhält. Das stimmt so nicht! Denn es gibt mittlerweile Ansätze, bei denen Datenschutz von Beginn an in die KI eingebaut wird, was sie leistungsfähig und sogar resilienter als herkömmliche Ansätze macht – wie das dezentrale Masked Federated Learning. Alle Daten bleiben bei den Nutzern, nur die trainierten verschlüsselten Modelle werden geteilt. Potenzielle Angreifer müssten sehr viele unterschiedliche Geräte gleichzeitig ins Visier nehmen – ein ziemlich unwahrscheinliches Szenario. Europa ist mit einem starken Forschungsfokus auf KI und Datenschutz sehr gut aufgestellt. Gleichzeitig müssen wir noch mehr in Forschung investieren und den Sprung von der Wissenschaft zur praktischen Umsetzung schaffen.
Leif-Nissen Lundbaek
... studierte Mathematik und Software Engineering in Berlin, Heidelberg sowie Oxford und erhielt seinen Ph.D. am Imperial College London. Er ist Mitgründer und CEO von Xayn.
Auch mit dem zweiten Mythos sollten wir endlich aufräumen: Unternehmen müssen keine persönlichen Daten für ihre Angebote sammeln – sie brauchen die Daten bislang für ihr Geschäftsmodell. Es muss bei vielen Unternehmen also auch ein Umdenken stattfinden: weg von der Datensammelwut und hin zu wirklich nachhaltigen Geschäftsmodellen.
Der globale Thinktank Carnegie Endowment for International Peace bringt es deshalb auf den Punkt: „The EU’s strong emphasis on
the more social, ethical and consumer-friendly direction of AI development is a major asset. But regulation alone cannot be the main strategy. For Europe’s AI ecosystem to thrive, Europeans need to find a way to protect their research base, encourage governments to be early adopters, foster Europe’s startup ecosystem (…) and develop AI technologies as well as leverage their use efficiently.“ Gerade weil die USA und China in der KI-Entwicklung und -Anwendung noch einen großen Vorsprung vor Europa haben, gilt jetzt: Ärmel hochkrempeln und anpacken!
Gastkommentar: Leif-Nissen Lundbaek
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.
Dieser Gastkommentar erschien in unserer Ausgabe 3–21 zum Thema „Künstliche Intelligenz“.