Erwachsen werden

Seinem „Garagenimage“ entwachsen, will Kreisel Electric nun vom lokalen Batteriehersteller zum globalen Anbieter von Elektrifizierungslösungen werden.

Dass auf seiner Visitenkarte „CEO“ steht, scheint Johann Kreisel wenig zu interessieren. Denn als wir die Werkstatt im Hauptquartier von Kreisel Electric in Rainbach im Mühlkreis betreten, rückt sich der ­Unternehmer gerade einen passenden Tisch zurecht und macht sich arbeitsbereit; vor ihm: ein Stift und ein Stapel Papiere. Der gelernte Elektroniker ist in seinem Element, beginnt zu zeichnen, zu schneiden, zu werkeln. Johann Kreisel scheint trotz allem, was in den letzten Jahren passiert ist, ein leidenschaft­licher Tüftler geblieben zu sein.

Ohne diese Leidenschaft, die Johann Kreisel mit seinen Brüdern Markus (39) und Philipp (28) teilt, wäre Kreisel Electric nicht das, was es heute ist. Seinen Anfang nahm alles 2012, als die drei Brüder ein Problem lösen wollten, an dem sich selbst große Autohersteller die Zähne ausbissen. Der Vater der drei Brüder kaufte sich damals ein Elektroauto, die Brüder wollten etwas Ähnliches ­besitzen. Markus bestellte sich einen Tesla – Elon Musks Marke hatte großen Anteil am Imagewandel von Elektroautos –, ­stornierte die Bestellung jedoch ­wieder, denn die Brüder wollten die re­gionale Wertschöpfung stärken. Da es hier nichts Passendes gab, fingen die drei an, selbst zu schrauben.

Nach Feierabend bastelten sie an einem Audi A2, der elektrifiziert werden sollte. Und im Zuge dieser Arbeiten nutzte das Trio etwas, das bis ­dahin nur bei Tesla probiert worden war: Rundzellen. Diese speichern mehr Energie als die üblicherweise ver­wendeten Flachzellen, sind aber ­deutlich schwerer zu verbauen. ­Während der US-Elektroauto­hersteller Tesla seine Batterieverbindungen ­jedoch schweißt, nutzt Kreisel Lasertechnologie zum Verbinden der ­Batterien, was zu höheren nutzbaren Energiekapazitäten führt.

Zu guter Letzt setzen die ­Kreisels eine Flüssigkeit ein, die die Temperatur­regulierung der Zellen ­verbessert und die Reichweite der ­Batterien auch an heißen Sommer- oder kalten Winter­tagen hoch hält.

Nicht nur Tesla und Kreisel arbeiten an der Elektrifizierung der Mobilität und – weiter gefasst – jener der gesamten Gesellschaft. Denn das von allen Staaten der Erde (ab 2020 mit Ausnahme der USA, Anm.) anerkannte Pariser Klima­abkommen legt fest, den globalen Temperaturanstieg (gegenüber vorindustriellen Werten) auf „deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen“ – um dieses Ziel zu erreichen, wird eine massive Reduktion der CO2-Ausstöße benötigt. Und diese stammen zu einem signifikanten Teil aus den Abgasen, die von Verbrennungsmotoren produziert werden.

Weltweit gibt es laut Schätzungen des renommierten ­Branchenmagazins Ward’s Auto aktuell rund 1,2 Milliarden Autos. Diese Zahl soll sich bis 2040 auf zwei Milliarden Autos erhöhen. Im Vergleich dazu gingen Schätzungen zuletzt von rund drei Millionen Elek­troautos (inklusive Hybriden) weltweit aus – das ergibt einen Anteil von 0,25 Prozent. Von diesen drei Millionen werden 95 Prozent in nur zehn Ländern verkauft (China, USA, Japan, Kanada, Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Schweden).

Doch Länder wie Großbritannien, Norwegen, Frankreich oder Indien haben bereits ein Ablaufdatum für den Verkauf bzw. die Herstellung von Autos mit Verbrennungsmotoren gesetzt. Je nach Land sollen Verbote für Diesel- und Benzinmotoren zwischen 2025 und 2040 greifen. Auch Johann Kreisel sieht eine bevorstehende Richtungsentscheidung: „Die Staaten der Welt müssen sich heute fragen, ob sie weiterhin in fossile Brennstoffe investieren oder erneuerbare Projekte in Kombination mit Batterien aufbauen wollen.“ Laut Bloomberg werden bis 2040 54 Prozent aller Neuzulassungen sowie ein Drittel der globalen Auto­flotte elektrisch sein. Und die großen Hersteller ziehen mit: So will der Volkswagen-Konzern bis zum Jahr 2025 27 elektrische Modelle anbieten, beim US-­Hersteller GM (General Motors) sollen es 20 E-Modelle sein. Daimler will in den nächsten drei Jahren überhaupt kein Modell mehr ohne Option auf einen Elektroantrieb anbieten. Sollten all diese Pläne umgesetzt werden, könnten im Jahr 2025 bereits rund 25 Millionen Elektroautos pro Jahr verkauft werden.

Dreimal Kreisel
Die Talente der drei Kreisel-Brüder ergänzen sich ziemlich perfekt:
Der 41-jährige
Johann (li.) kümmert sich als gelernter Elektroniker um Produktion und Elektrotechnik. Kaufmann Markus (39, re.) ist der Mann für Vertrieb und Marketing; der Jüngste im Bunde, Philipp (28), verantwortet als Maschinenbauer Produktentwicklung und Forschung. 2017 wurden die drei zu den „Oberösterreichern des Jahres“ gekürt.

Und dafür, in diesem Elektroboom möglicherweise eine tragende Rolle zu spielen, schafft Kreisel gerade im Norden Oberösterreichs die Basis. Kreisel hat nicht nur die Mobilität im Auge – vielmehr sprechen die Brüder stets von der „Elektrifizierung der Gesellschaft“. Laut Philipp Kreisel sind die eigenen Batterien nämlich leichter, leistungs­fähiger (zu Beginn bot der eGolf von VW im Original 24,2 kWh und wurde kürzlich auf 35,8 kWh aufgestockt; die Kreisel-Variante speichert 55,7 kWh) und robuster als jene der Konkurrenz. Doch noch nie entstand lediglich aus einer innovativen Technologie auch ein hoch erfolgreiches Unternehmen am Weltmarkt. Dazu braucht es mehr als nur geschickte Hände – eine Tat­sache, der sich auch die Kreisel-Brüder erst bewusst werden mussten.

Es scheint, als hätten die drei Brüder ihre Ausbildungen genau so gewählt, um später einmal ein solches Unternehmen zu leiten. Als gelernter Kaufmann – er absolvierte eine Handelsschule – ist Markus Kreisel für Vertrieb und Marketing zuständig. Johann, der Elektroniker, kümmert sich indes um Produktion und Elektrotechnik. Und der jüngste Bruder, Philipp, trägt als Maschinenbauer wiederum die Verantwortung in Sachen Produktentwicklung und Forschung. Zu dritt sind die Oberösterreicher heute für 115 Mitarbeiter verantwortlich und erwirtschaften einen Umsatz, der zuletzt bei geschätzten 45 Millionen € lag. Kreisel selbst gibt keine konkreten Zahlen bekannt, einzig, dass „der Fokus im Geschäftsjahr 2017/18 auf Produktentwicklung und -validierung sowie dem Aufbau von Ressourcen lag, der Betriebserfolg zum Vorjahr dennoch um 40 Prozent gesteigert werden konnte.“

Im Gespräch beschleicht ­einen das Gefühl, dass die jugendliche Leichtigkeit der Brüder teilweise der ­Vergangenheit angehört. Nicht, dass nicht auch heute noch experimentiert würde. Doch die Zeit, als die Kreisels aus reiner Leidenschaft einen Porsche 911 Carrera S zu einem E-Auto umbauten, weil sie allen zeigen wollten, was sie können, ist passé. Denn was Kreisel kann, weiß inzwischen jeder relevante Akteur der Branche. Vielmehr gilt es, das eigene Wissen und die Produkte weiterzuent­wickeln und in ein trag­fähiges, zukunftsorientiertes Geschäftsmodell zu gießen. Sprich: Es wird Zeit, ein Stückchen erwachsen zu werden. Markus Kreisel: „Für uns ist die große Aufgabe der kommenden Jahre, unseren Businessplan auch tatsächlich umzusetzen.“ Bis das geschieht, hat Kreisel noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Dabei zeigen sich drei größere Themen: einerseits eine grundlegende Transformation hin zu einem skalierbaren, diversifizierten Geschäftsmodell. Zweitens: die Meisterung der anstehenden Internationalisierung. Und drittens – und mit den ersten beiden Punkten engverbunden: ein nachhaltiger Kulturwandel.

Erstens: das Geschäftsmodell. Das neue, skalierbare Geschäftsmodell soll eines sein, mit dessen Hilfe Kreisel sein Know-how monetarisieren kann, ohne im großen Stil eigene Produktionskapazitäten aufbauen zu müssen. Denn das Unternehmen will auf Basis eines Lizenzmodells Partner­unternehmen die eigene Batterie­technologie zur Verfügung stellen. Die Partner sollen so externe Produktionen aufbauen und damit von Kreisels Innovationsvorsprung profitieren. Kreisel selbst muss wiederum nicht in großen Mengen Autos, Heimspeicher (erzeugte Energie wird ­gespeichert und bei Bedarf verbraucht) etc. produzieren – Win-win.

Denn die Oberösterreicher sind sich bewusst, dass sie im Kampf um die Masse nicht mithalten können. André Felker, der als studierter Betriebswirt, ehemaliger Leiter des strategischen Marketings bei Siemens Österreich und zuletzt Geschäftsführer der Agenturgruppe Serviceplan in Österreich den Kreisel-Vorstand komplettiert und sich als Chief Marketing Officer um das globale Business Development kümmert, dazu: „Wir wollen keine Massenproduktion aufbauen. Die Frage ist: Wollen wir ­produzieren oder innovieren? Und da haben wir einen klaren Fokus auf Innovation, auf Technologie- und Themenführerschaft.“

Themenführerschaft hin oder her – aktuell ist das Unternehmen auch vier Jahre nach seiner Gründung noch immer am stärksten in ­jenem Tätigkeitsgebiet aktiv, das das Unternehmen überhaupt erst bekannt machte: der Elektrifizierung von Fahrzeugen (bzw. generell mobilen Anwendungen, etwa auch Booten). So entstammt ein Großteil des Umsatzes weiterhin Engineering-Dienstleistungen sowie der mit Partnern umgesetzten Produktion von Kleinserien. Unter den wenigen, die genannt werden ­dürfen, finden sich etwa der niederländische Zulieferriese VDL, mit dem eine Serie voll­elektrischer Busse umgesetzt wurde, und ein Projekt mit der Evex Fahrzeugbau GmbH, bei dem die Sportwagen­modelle Porsche 910 ­sowie Evex 910e in Kleinserie zu Stromern gemacht wurden.

Doch das soll nicht so bleiben: „Wir stecken aktuell viel Zeit in solche Entwicklungsarbeit“, sagt Philipp Kreisel. „Im Wirtschaftsjahr 2019/20 werden wir über Partner bis zu 2.000 Batterien für mobile Anwendungen produzieren.“ Gespräche mit großen Herstellern führe man seit Längerem, über Namen dürfe das Unternehmen jedoch nicht sprechen. Ein großer Tier-1-Lieferant befinde sich jedenfalls unter den Partnern. Dass Partner mit der Kreisel-Technologie tatsächlich schon extern produzieren, ist aktuell jedoch nicht der Fall.

Neben Pkws elektrifiziert ­Kreisel aber auch Busse, Boote und Flugzeuge. Auch wurde gemeinsam mit dem ebenfalls in Oberösterreich ­beheimateten ­Feuerwehrausrüster Rosenbauer ein elektrisches Feuerwehrauto hergestellt. Doch Kreisel will sich nicht auf die Automobilbranche beschränken. Neben der Skalierung geht es auch um ­die Diversifizierung der Geschäfts­felder. ­Johann Kreisel: „Wir sprechen stets von Elektrifizierung, davon ist Mobi­lität jedoch nur ein Teilbereich. Wir wollen in Energie-Ökosystemen denken und diese – gemeinsam mit Partnern – aufbauen.“

Dabei soll die Rundzelle der Batterie mit ihren modularen Eigenschaften stets die Ausgangsbasis für Projekte aller Art sein. Neben Mobilität sind stationäre Speicherlösungen ein großes Thema, auch die Errichtung von Schnell­ladestationen ist für ­Kreisel denkbar (allein am eigenen Unternehmenssitz sind 60 Ladepunkte ­vorhanden). Doch auch vor der Konzeption und Umsetzung gesamter Energie-­Ökosysteme für Städte und Regionen schreckt man – mit den richtigen Partnern – nicht zurück.

Trotz aller Pläne stößt Kreisel aber jetzt schon an Grenzen. Markus Kreisel: „Wir sind bis Februar 2019 mit Aufträgen ausgebucht.“ Um die Lieferzeit für Aufträge von derzeit rund sechs Monaten auf ein bis zwei Monate zu reduzieren – so schnell produziert die Konkurrenz in Asien –, braucht es also zusätzliche Kapazitäten. Die können personeller Natur sein, wobei da ausgegebene Ziele nicht immer erreicht wurden: Bereits für Mitte 2018 wurden vom Unternehmen 150 Mitarbeiter als Zielgröße angegeben, aktuell steht man bei „nur“ 115 Mit­arbeitern. Bis Jahresende soll das Ziel von 150 Mitarbeitern nun erreicht werden. Doch nicht immer geht es um neue Mitarbeiter: Kreisel will vor allem auch auf die Optimierung von Prozessen sowie den optimalen Einsatz von Ressourcen fokussieren.

Wachstum ist aber stets auch eine Finanzierungsfrage. Die Frage, ob zusätzliche Kapazitäten auch über Fremdkapital finanziert werden könnten – ob etwa ein Börsengang absehbar sei –, wird ausweichend beantwortet: Das könne eine Option sein, zeitlich will Markus Kreisel das jedoch nicht eingrenzen. Dass sich die angestrebten Größenordnungen aus dem laufenden Cashflow finanzieren lassen, scheint zumindest mittelfristig unrealistisch. Auch der ­Aufbau und das Managen von Prozessen sei für das Unternehmen heraus­fordernd, sagt Felker. Dabei würde es an Wachstumsmöglichkeiten nicht mangeln. Phi­lipp Kreisel: „Wir stehen aktuell bei zwei Prozent Marktsättigung, 98 Prozent liegen noch vor uns. Der Markt ist so groß, dass auch vier Prozent Markt­anteil ein riesiger Erfolg für uns wären.“

Wenn es um Wachstum geht, ist China meist nicht weit. Alleine 2017 brachte das Land 770.000 neu zugelassene Elektroautos auf den Markt – 14 Mal so viele wie Deutschland. Bis 2020 will Peking fünf Millionen reine Elektroautos am Markt sehen. Zahlen, die natürlich auch bei Markus Kreisel Anklang finden: „Asien ist ein riesiges Thema für uns.“ Nicht viel anders dürfte der Trend bei anderen elek­trischen Lösungen, etwa stationären Speichern, aussehen. Da der Standort in Rainbach punkto Kapazitäten auf rund 170 Mitarbeiter beschränkt ist – mit optional 50 zusätzlichen Plätzen, falls ein Neubau gebaut wird –, ist klar, dass Kreisel anderswo wachsen muss. Philipp Kreisel: „Es wird andere Standorte geben. Unser Fokus liegt auf Entwicklung, Engineering und der Unterstützung unserer Partner. Aber auch reine Vertriebsstandorte sind denkbar.“

Bezüglich der Frage, wo man sich genau niederlassen will, gibt sich das Unternehmen zugeknöpft. Man müsse sich ansehen, wo die Partner seien, und könne sich beispielsweise in deren Nähe ansiedeln. Blind umherirren würde man aber nicht, sagt André Felker: „Wir müssen dem Geschäft nachgehen, das passiert aber nicht zufällig. Wir müssen uns fragen, welche Aufträge in welchen Regionen uns bei unserer Vision weiterbringen.“

Dass Asien derzeit prioritär vor den USA steht, kommt angesichts der allgemeinen Marktentwicklung nicht überraschend. Im speziellen Fall von Kreisel ist es aber doch unerwartet. Im vergangenen Jahr sollte die Expansion in den USA vorangetrieben werden, Schlüsselfigur des Vorhabens war der Neffe von „Kreisel-Fan“ Arnold Schwarzenegger, ­Patrick Knapp-Schwarzenegger. Mit seinem Unternehmen Clean Machine Inc. hält Knapp-Schwarzenegger – gemeinsam mit weiteren Partnern – 15 Prozent der Kreisel-Anteile. Im Gegenzug sollte das breite Netzwerk des prominenten Rechtsanwalts genutzt werden, um in den USA Fuß zu fassen. Doch aktuell dürfte Knapp-Schwarzenegger stiller Aktionär sein, die USA stünden erst „2019 oder 2020 auf der To-do-Liste“, so Markus Kreisel. „Es ist richtig, dass unsere Markteinschätzung betreffend USA vorigen Spätsommer deutlich optimistischer war. Intensive Beobachtungen des US-Marktes und der politischen Rahmenbedingungen haben uns dazu veranlasst, von einem First-Mover-Approach zu einem Second-Mover-Approach zu wechseln. Das bedeutet, dass der US-Markt vorübergehend eine etwas nachgelagerte Priorität erhält und wir unsere Kräfte in boomenderen Märkten konzentrieren.“ Sprich: Die USA unter Präsident Donald Trump sind kein Hoffnungsmarkt für Vertreter der Transformation zu sauberer Energie.

Doch wie leicht tut sich ein Unternehmen aus Rainbach im Mühlkreis, dessen Mitarbeiter zum allergrößten Teil aus dieser eher ländlichen ­Region kommen, dabei, eine starke globale Präsenz aufzubauen? Klar, über starke Partner. Doch es braucht wohl mehr als das, und zwar einen Kulturwandel.

Bei der Eröffnung des neuen Firmengebäudes in Rainbach 2017 sagte Markus Kreisel: „Wir verlassen das Garagen­image und starten die Inter­nationalisierung dank unserer herausragenden Technologie. Ziel ist es, Kreisel als Marktführer zu etablieren.“ Der erste Schritt ist gelungen, denn Kreisel ist heute ein ­seriöses, wachsendes Unternehmen, kein Haufen von Tüftlern. Hinter dem nächsten Schritt müssen aber alle Mitarbeiter stehen. So soll das Personal zwar lokal bleiben, doch das Unternehmen hat einen Fokus auf junge Mitarbeiter, so ­Markus Kreisel. Diese hätten andere Ideen, würden unbeschwerter denken. Hinzu kommt, dass Statusdenken den Kreisel-­Brüdern fremd zu sein scheint und sie zu wissen scheinen, dass eine erfolgreiche Internationalisierung auch Hilfe von außen brauchen könnte. Johann Kreisel: „Es kann durchaus der Zeitpunkt kommen, an dem wir sagen, dass wir das alleine nicht mehr schaffen; dass es also einen CEO braucht, der die nötige Erfahrung für ein Wachstum dieser Art hat. Keiner von uns dreien (den Brüdern, Anm.) muss zwingend CEO sein.“

Doch der grundlegende ­Wandel liegt, so man Kreisel glauben darf, nicht ausschließlich in den eigenen Händen. Das zeigt auch der Wunsch, den das Unternehmen an die Politik formuliert. ­Felker: „Es geht um ein anderes Bewusstsein. Ein ­Verbrennungsmotor hat 2.500 Teile, ein Elektromotor nur 250. Die Wertschöpfung verändert sich nachhaltig, Branchen werden transformiert. Ganz Europa ist gefordert, den Leuten zu vermitteln, was da auf sie zukommt – und zu erklären, dass das eine riesige Chance für uns alle ist.“

In gewisser Weise steht der ­größere Umbruch auch sinnbildlich für das ­Unternehmen selbst. Kann Kreisel seine Erfolgsgeschichte weiterschreiben und die Elektrifizierung der Gesellschaft federführend mitgestalten? Schaffen es drei aus ­einem kleinen Ort in Oberösterreich stammende Brüder, einen international agierenden Konzern aufzubauen? Oder bleibt es dabei, dass Kreisel mit dem Umrüsten von Fahrzeugen zwar Impact erzielt, dieser aber kleiner ist als vielleicht erwünscht? Viele Fragezeichen – wünschenswert wäre ein Gelingen jedenfalls.

Dieser Artikel ist in unserer Sommer-Ausgabe 2018 „Stadt – Land – Berg“ erschienen.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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