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Christian Jägers Karriere begann mit dem Schulabbruch, heute macht der Tiroler mit seiner Unternehmensgruppe 200 Millionen € Umsatz. Doch Jäger will mehr – und denkt, nun das richtige Produkt dafür gefunden zu haben.
Christian Jäger denkt kurz nach, als wir ihn fragen, was Unternehmertum für ihn eigentlich bedeutet. Er grinst. „Dahinter verbirgt sich Vielfalt. Man handelt in einer Tragweite, von der auch andere betroffen sind. Und, wie der Name schon sagt, man unternimmt etwas.“ Dass er in den letzten 30 Jahren nichts unternommen hätte, kann man Christian Jäger wahrlich nicht vorwerfen. Denn der Tiroler hat sich mit Fleiß, Geschick und dem nötigen Glück ein Unternehmensimperium in Österreich und Deutschland aufgebaut. Dabei vereint die Unternehmensgruppe Jäger mehr als 20 Unternehmen, die Tätigkeitsbereiche reichen vom Verlagsservice über Immobiliengeschäfte, Unternehmensbeteiligungen (Risikokapital) und Fitnessgeräte hin zum Management von Sportlern, insbesondere Boxern.
Rund 200 Millionen € generiert Jägers Unternehmensverbund insgesamt pro Jahr, auch die Person Christian Jäger muss sich um Geld wohl keine Sorgen mehr machen. Doch Geld ist für Jäger schon lange kein Antrieb mehr. Denn als wir den Unternehmer in der Beletage des Park Hyatt Vienna treffen – Jäger wohnt bei seinen Wien-Aufenthalten stets in seinem Lieblingshotel –, erzählt er, dass ihn vielmehr motiviert, etwas Bleibendes aufzubauen. „Ich will etwas schaffen, das man kennt – das wäre für mich der totale Hammer.“
Damit meint Jäger ein weltbekanntes Produkt und nennt als Beispiel Didi Mateschitz, der mit Red Bull eine globale Marke aufgebaut hat. Und Jäger denkt, die dafür richtige Technologie bereits gefunden zu haben: EasyMotionSkin (EMS). Dahinter verbirgt sich ein kabelloser, auf Elektrostimulation basierender Anzug, den Sportler beim Fitnesstraining tragen. Dadurch würden sowohl der Kalorienverbrauch als auch die Effizienz von Einheiten um ein Vielfaches erhöht, Jäger bezeichnet den Anzug als „das kleinste Fitnesscenter der Welt“. Die Menschen könnten den EMS-Anzug jederzeit und überall anprobieren – was dem zunehmend beschäftigten Lebensstil erfolgreicher Menschen entgegenkomme. Obwohl sich die aktuellen Jahresumsätze noch in einem überschaubaren Rahmen bewegen – Jäger spricht von rund fünf Millionen € –, ist der Unternehmer guter Dinge, dass die Technologie seinen Traum nach etwas Bleibendem erfüllen kann. Hat er recht?
Christian Jäger
... brach die Schule in Tirol ab, holte die Matura jedoch nach. Seine Karriere startete er mit dem Verkauf von Magazinabos in Ostdeutschland – und baute sich daraus eine Gruppe auf, die mehr als 20 Unternehmen verwaltet. Heute umfasst Jägers Portfolio Verlagsservices, Immobilien, Risikokapital, Sportlermanagement und Medtech-Projekte wie EasyMotionSkin.
Christian Jäger wächst in der Tiroler Gemeinde Seefeld auf. Er ist kein schlechter Schüler, in der letzten Klasse bekommt der junge Jäger jedoch Schwierigkeiten. Als er zu oft durchfällt, muss er die Schule verlassen – und steht ohne Ausbildung und Berufserfahrung da. Jäger reist ziellos im Ausland umher, bevor er nach Österreich zurückkehrt und in der Abendschule die Matura nachholt. „Ich habe alles nachgeholt, ich wollte kein Verlierer sein, der den Weg des geringsten Widerstands geht.“
Anschließend leiht sich Jäger Ende der 80er-Jahre 50.000 D-Mark von seinen Eltern – und geht nach Ostdeutschland, um dort sein unternehmerisches Glück zu suchen. Jäger sagt, er wollte nicht mehr aus Büchern, „sondern das Leben lernen“. Und da die Familie bereits seit zwei Generationen im Verlagsservice tätig war, hatte er seine Branche schnell gefunden. Der Entschluss, dann letztendlich Abos in Ostdeutschland zu verkaufen, war eher aus der Not geboren: „Mit einem schlechten Schulabschluss stehen einem nicht so gewaltig viele Türen offen. Was macht man also? Wer sich erfolgreiche Menschen ansieht, die aus einer ähnlichen Ausgangsposition gestartet sind, sieht, dass meistens nur der Vertrieb übrig bleibt – das Verkaufen. Und da ist es eigentlich egal, was man verkauft.“ Und tatsächlich haben prominente Beispiele, etwa Immobilienmilliardär René Benko oder auch Novomatic-Gründer Johann Graf, mit solchen Tätigkeiten begonnen. Das Glück ist auf Jägers Seite: Als 1989 die Mauer fällt, geht seine Strategie voll auf. Neben Abos verkauft Jäger alles Mögliche, organisiert etwa erste Transporte von westlichen Getränken wie Coca-Cola nach Ostdeutschland und fängt an, Immobilien zu kaufen – insbesondere in Leipzig. „Der Mauerfall war natürlich der Turbo. Man konnte sich gar nicht so schlecht anstellen, dass man dort kein Geld verdient hätte.“
Jäger ist umtriebig, startet die Hotelmarke „Leonardo“, die nach dem Verkauf an David Fattal auf 150 Hotels anwächst. Doch nicht alles läuft perfekt: Seine geschäftliche Tätigkeit im Bereich Lotterien läuft zwar gut an, Jäger bekommt sogar ein hoch dotiertes Kaufangebot, das er jedoch ablehnt. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Denn der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, der 2008 in Kraft tritt, verunmöglicht Jägers Geschäft durch ein staatliches Lotteriemonopol – die Sparte ist wertlos.
Konkurrenz ist kein Problem. Mir würde es Sorgen machen, wenn ich der Einzige am Markt wäre.
Jäger lernt dabei zwei Dinge. Erstens: „Nicht vergessen, im richtigen Moment Ja zu sagen.“ Und: Er will sich nicht in Branchen beschäftigen, deren Zukunft nicht in seiner Hand liegt. Jäger richtet sich mehr in Richtung Sport und Fitness aus, will „in den Menschen investieren, in seine Gesundheit, in sein Wohlbefinden“. Die Sparte im Unternehmen soll laut Jäger in nächster Zeit rund 100 Millionen € Umsatz einbringen. Die lange Lebensdauer – seit 1990 ist die Lebenserwartung in Deutschland um rund acht Jahre gestiegen – sowie der Trend hin zu einem bewussten Leben sollen ihn dabei unterstützen. Der erste Mensch, in den Jäger im großen Stil investiert, heißt Manuel Charr. Als „völlig Ahnungsloser“, so Jäger, beginnt der Tiroler, den syrischen Boxer zu managen. „Ich wusste nichts von der Branche. Aber ich habe gelernt, dass es immer einen Weg gibt. Die Frage ist nur, wie lange er dauert – und ob man ihn gehen kann.“ Jäger holt sich laut eigener Angabe Menschen ins Team, „die das Geschäft verstehen“, er selbst bleibt aber Charrs Manager.
Trotz einiger Kontroversen rund um Charrs Reisepass und einer positiven Dopingprobe ist die Partnerschaft erfolgreich. 2017 schnappt sich der Boxer unter Jägers Mithilfe den Schwergewichtsweltmeistertitel der World Boxing Association (WBA) und reiht sich damit unter Namen wie Muhammad Ali (zuletzt 1979), Mike Tyson (1987) oder Wladimir Klitschko (2011) ein. Mittlerweile managt Jäger auch die deutsche Boxerin Christina Hammer und mischt im aufstrebenden Geschäft der Mixed Martial Arts (MMA) mit. Dabei nutzt er sein Chalet in Seefeld, das er den Sportlern als Trainingszentrum zur Verfügung stellt. Zudem dienen die Sportler auch als Testimonials für sein „Lieblingsprojekt“ EMS-Anzug.
Jäger mag Abomodelle. Das sei eine langfristige Bindung zum Kunden, die stetig Umsätze generiere, so Jäger. Im Firmenverbund würden rund 850.000 Neuabos im Bereich der Zeitschriften generiert, so Jäger. „Das ist eine gewaltige Zahl.“ Diese Logik will er nun auch bei den EMS-Anzügen einführen. Denn eigentlich kostet der auf eingebauten Elektroden basierende Anzug, der die Körpermuskulatur mit niederfrequenten elektrischen Impulsen stimuliert, 3.000 €. Doch durch zugehörige Apps, die Jäger mit einer Neuakquisition – einem IT-Dienstleister – nun selbst entwickeln will, können die Kunden den Anzug um Leistungen erweitern. Diese Apps funktionieren dann natürlich in einem Abosystem, wodurch Jäger seine langfristige Bindung zum Kunden wieder knüpfen kann. Erfunden hat den EMS-Anzug Dirk Fritzsche, eigentlich Herzchirurg und Chefarzt am Sana-Herzzentrum in Cottbus. Fritzsche hatte mit EMS-Technologien experimentiert, jedoch die Schwächen erkannt. Er entwickelte, unterstützt vom deutschen Wissenschaftsministerium, ein kabelloses System, das mit trockenen Elektroden arbeitet, um Feuchtigkeit zu reduzieren.
Jäger erfuhr durch einen Bekannten von dem Projekt – und zögerte nicht lange. Nachdem er erst 25 % der Anteile übernahm, besitzt er mittlerweile das gesamte Unternehmen. Fritzsche ist weiterhin das „medizinische Hirn“ der Organisation. Der Plan: mithilfe von Testimonials – neben Jägers Athleten zählt etwa auch Sylvie Meis dazu – das Produkt global bekannt machen. Asien sei ein großer Markt dafür, so Jäger, aber auch die USA hätten viel Potenzial. Zudem lässt sich die Technologie auch anderweitig einsetzen. So ist Jäger mit einem weiteren Projekt beschäftigt, in dessen Rahmen mithilfe von EMS eine Hose entwickelt wurde, die Inkontinenz bekämpft. Die Technologie selbst ist patentiert, dennoch zeigt sich zunehmend Konkurrenz am Markt. Für Jäger sorgt das aber eher für Beruhigung: „Konkurrenz ist kein Problem. Mir würde es eher Sorgen machen, wenn ich der Einzige am Markt wäre.“
Er engagiert sich auch im Immobilienbereich, so bei der publity AG – und zieht in Kürze in den neuen Beirat des Assetmanagers von deutschen Büroimmobilien ein. Publity steigerte seine Assets under Management mittlerweile auf fünf Milliarden €, die Tochtergesellschaft publity Invest hält renditestarke Landmark-Objekte in Eigenbesitz, darunter die Karstadt-Zentrale in Essen oder die Sky-Deutschland-Zentrale in Unterföhring. Erst kürzlich wurde die publity Invest in die publity-Tochtergesellschaft PREOS Real Estate AG eingebracht, bei der Jäger wiederum Ankerinvestor ist.
Dennoch: Es ist die EasyMotionSkin-Gruppe, mit der sich Jäger endlich seinen Wunschtraum erfüllen kann. „Ich habe in meinem Leben viel geschaffen, aber es war alles immer begrenzt. Jetzt die Chance zu haben, etwas global auszurollen, ist einzigartig.“