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Frauen haben es in der Arbeitswelt in vielerlei Hinsicht schwerer als Männer – sie werden zum Beispiel öfter unterbrochen und ihren Ideen wird weniger Gewicht verliehen. Mit ihrer App Ada Growth möchte Kosima Kovar Frauen zeigen, wie sie das ändern können.
Österreichs Unternehmen werden nur selten von Frauen geführt. Zwar sind Frauen in doppelt so vielen österreichischen Vorständen vertreten wie noch 2018, doch in 70 % aller Vorstände sitzen immer noch ausschließlich Männer, wie die Boston Consulting Group in einer neuen Studie berichtet. Falls der Frauenzuwachs nicht Fahrt aufnimmt, werden Frauen und Männer demnach erst in 30 Jahren gleich stark vertreten sein. Dass Frauen einfach nicht in die Führungsebene wollen, ist laut einem Bericht der Beratungsagentur McKinsey nicht wahr. Vor allem junge Frauen beweisen Ehrgeiz: 90 % der unter 30-Jährigen wollen eine Beförderung und drei Viertel wollen in die Führungsebene.
Wenn mangelnde Ambitionen also nun nicht das Problem sind – was ist es dann? „Dadurch, dass die Führungsebene so stark von Männern dominiert wird, sind auch Kurse und Seminare zur Weiterbildung auf Männer zugeschnitten. Frauen wird oft vermittelt: Wenn du aufsteigen möchtest, musst du dich mehr wie ein Mann verhalten. Und genau das wollen wir nicht“, erklärt Kosima Kovar den „Male Bias“ in der Arbeitswelt. Kovar ist Gründerin und CEO der Ada Power Woman GmbH, eines Wiener Start-ups, das Frauen am Arbeitsmarkt stärken möchte.
Kovars Start-up stellt dafür Ada Growth, eine App, mit der „eine Mentorin in der Tasche jeder Frau Platz finden soll“, bereit. In kurzen Lernvideos wird den Nutzerinnen erklärt, wie sie mithilfe ihrer Stimmlage, Körperhaltung, Rhetorik und anderen Tipps ihre Sichtbarkeit im Unternehmen steigern können. Anschließend wird das Gelernte in kurzen Quiz-Elementen überprüft. Nutzerinnen können außerdem der App mitteilen, ob sie die erlernten Fähigkeiten im Arbeitsalltag tatsächlich umsetzen. Dieses Feedback ermöglicht einer KI, Empfehlungen für weitere Lernvideos nutzerinnenspezifisch zuzuschneiden.
Die KI, die dahintersteckt, unterscheidet eines von anderen vergleichbaren Systemen: Alle KIs werden mit Daten trainiert – und weil die Arbeitswelt vor allem auf Männer ausgerichtet ist, sind es auch die Daten, mit denen KIs gewöhnlich gefüttert werden. Bei Ada hingegen soll die KI einen „Female Bias“ statt des „Male Bias“ bekommen, der andere KIs plagt. Kovar erklärt: „Wir trainieren unsere KI nicht mit Daten aus dem Internet, sondern mit Inhalten unserer Expertinnen und Experten.“ Dadurch sollen Frauen lernen, ihre Stärken zu nutzen, anstatt Männer zu kopieren.
Kovar hat ihre Karriere eigentlich nicht im Micro-Learning-Bereich gestartet. 2017 beendete sie ihr Bachelorstudium in Kommunikationswirtschaft und hängte einen Master in Organic Business & Marketing an. Noch während ihres Masterstudiums gründete die Wienerin ihr erstes Unternehmen, Sgreening, eine Marketingagentur mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Durch ihre Arbeit bei Sgreening merkte Kovar, dass Frauen in Unternehmen oft nicht ihr Potenzial ausschöpfen können. „Es gibt meiner Ansicht nach drei Säulen, die ein erfolgreiches Unternehmen braucht: Es muss ökonomisch erfolgreich sein, ökologisch handeln und einen sozialen Benefit bringen“, so Kovar; und weiter: „Ökonomisch sind die meisten Unternehmen gut unterwegs. Ökologisch handeln viele noch nicht, aber das ändert sich langsam. Doch dabei wird oft die dritte Säule übersehen – und besonders das Thema Gender Equality.“
Sie holte Matthew Ziebarth als CTO an Bord, und gemeinsam gründeten sie im März 2021 Ada Power Woman; wenige Monate später wurde Ada Growth gelauncht. Den beiden war klar, dass sie ihre Mission – die Sichtbarkeit und den Erfolg von Frauen in der Wirtschaft zu fördern – nur erreichen können, indem sie ihr Business entsprechend groß aufziehen.
Ihre Zielgruppe sind deshalb nicht die Nutzerinnen direkt, sondern deren Arbeitgeber. Und anders als bei Workshops oder Seminaren können mit einer App Tausende Menschen zugleich erreicht werden. „Viele Unternehmen bieten zwar Mentoring für Frauen an, aber das kann in großen Organisationen nicht jeder Mitarbeiterin angeboten werden und hat nicht den Einfluss auf das Unternehmen, den wir erreichen wollen. Was es braucht, ist eine Durchdringung. Eine Mentorin für jede“, erklärt Kovar.
15 Konzerne nutzen Ada Growth und bezahlen einen Euro pro Arbeitstag und Nutzerin. Die Kunden, zu denen unter anderem EY Austria, Verbund, die Erste Group oder die Voestalpine zählen, haben, so Kovar, die Erfahrung gemacht, dass qualifizierte Frauen aus dem Unternehmen aussteigen, anstatt intern aufzusteigen. „Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, ihre Mitarbeiterinnen zu behalten“, sagt die 28-jährige Gründerin. „Mit Ada Growth unterstützen wir Unternehmen, ihre Mitarbeiterinnen individuell weiterzuentwickeln. Denn Angebote für Weiterbildung sind eine Form von Wertschätzung – und aus Studien geht hervor, dass Mitarbeiterinnen länger in einem Unternehmen bleiben, wenn sie wertgeschätzt werden.“
Nach einer ersten Pre-Seed-Finanzierungsrunde Anfang 2022 konnten Kovar und ihr Team diesen Sommer eine weitere Runde in Höhe von einer Mio. € abschließen – und sind bereits in Gesprächen für die nächste Runde. Anfang 2024 soll noch mal ein niedriger siebenstelliger Betrag ins Start-up fließen, so Kovar.
Wie das frische Kapital eingesetzt werden soll? „Wir wollen neue Märkte erschließen und einen stärkeren Fokus auf unsere KI legen“, sagt Kovar. Während die kurzen Lernvideos heute noch von Menschen produziert werden, soll dafür in Zukunft eine KI zum Einsatz kommen. „In Zukunft werden unsere Nutzerinnen mit einem Avatar kommunizieren, der die Inhalte unserer Expertinnen und Experten übermittelt und aussieht wie ein realer Mensch“, erklärt Kovar. So können neue Inhalte nicht nur schneller produziert, sondern auch leichter übersetzt werden. Seien die Inhalte einmal da, erklärt Kovar, trenne sie nur ein Klick von einer Übersetzung.
Eine Herausforderung ist dabei aber, dass die Arbeitskultur in jedem Land ein wenig anders sei, gibt Kovar zu. „Deshalb stellen wir uns gerade die Frage, wo unsere Reise international hingeht. Denn die kulturellen Unterschiede sind zwischen europäischen Ländern viel größer als in Übersee“, sagt sie. Bis jetzt ist Ada Growth nur auf Deutsch und im DACH-Raum verfügbar.
Obwohl sie in ihrem jungen Alter mittlerweile bereits zwei Firmen gegründet hat, wirkt es nicht so, als würde Kovar ihr restliches Leben mit Ada verbringen. „Ich habe Tausende Ideen – genau das ist das Problem“, sagt sie auf die Frage, ob schon das nächste Unternehmen geplant werde. „Jetzt liegt der Fokus auf jeden Fall bei Ada Growth. Aber ich werde nie keine Ideen haben.“
Kosima Kovar studierte Kommunikationswirtschaft und Marketing. 2018 gründete sie Sgreening, eine „soziale und grüne“ Marketingagentur. Zwei Jahre später startete sie gemeinsam mit Matthew Ziebarth die Ada Power Woman GmbH.
Foto: Martha Gattringer